"Jude" klingt wie "Happy Birthday"
Der Stand-up Comedien Oliver Polak ist gerade mit seinem Programm "Jud süß-sauer" in Deutschland auf Tour. Er kommt aus Papenburg im Emsland, ist Jude und provoziert sein Publikum gern mit Witzen über den Holocaust.
Marcus Pindur: Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat einen neuen Präsidenten: Dieter Graumann heißt er. Er gehört zu der Generation Juden, die den Holocaust nicht mehr persönlich miterlebt haben, wurde 1950 in Israel geboren, kam ein Jahr später nach Deutschland, studierte hier, lebt hier. Graumann gilt als ein politischer Kopf mit Vorliebe für klare Worte, und das hat er gemeinsam mit dem Kabarettisten Oliver Polak. Den begrüße ich jetzt am Telefon. Guten Morgen, Herr Polak.
Oliver Polak: Einen wunderschönen guten Morgen. Hallo!
Pindur: Dieter Graumann gilt als Freund deutlicher Worte, heißt es über ihn. Das teilt er ja mit Ihnen. Haben Sie ihn schon mal kennen gelernt?
Polak: Nein, ehrlich gesagt überhaupt nicht. Ich habe nur seinen Namen ein-, zweimal gehört und hat auch ehrlich gesagt weiter keine große Bedeutung für mich, Dieter Graumann.
Pindur: Würden Sie ihn denn mal gerne kennen lernen?
Polak: Wenn er mal in meine Show kommt und zahlt und sich das angucken möchte, dann darf er natürlich sehr gerne vorbeikommen. Und wenn er danach noch ein Buch signiert haben möchte – in meinem Buch gibt es ja auch ein Kapitel über den Zentralrat der Juden -, dann signiere ich ihm das natürlich auch sehr gerne.
Pindur: Wie kommt denn der Zentralrat der Juden in Ihrem Buch weg?
Polak: Ach, das war einfach so: Ich kenne den ja auch schon lange quasi. Also ich bin ja nicht seit gestern Jude. Es ist ja nicht so, dass ich gestern aufgewacht bin und gemerkt habe, oh, Mensch, da unten ist es aber kalt, ach Mensch, du bist ja jüdisch, sondern ich bin es ja schon mein Leben lang. Und dann irgendwie ist es ja immer wieder so, dass man hört, der Zentralrat der Juden. Und ich fühlte mich nicht immer unbedingt davon widergespiegelt, was die gesagt haben, finde die natürlich sehr wichtig als Institution vom Grundgedanken her, und da habe ich dann ein satirisches Kapitel über diese Vögel geschrieben. Das gibt es in meinem Buch und es trägt den Titel "Der Zentralrat der Juden und so weiter ...".
Pindur: Und so weiter. – Damit sich die Hörer mal einen Eindruck machen können von Ihrem Programm, diejenigen, die Sie noch nicht gesehen haben, spielen wir jetzt mal kurz etwas ein.
Einspielung Oliver Polak
Pindur: Also das ein Ausschnitt aus Ihrem Programm. Sie sind ein dezidiert jüdischer Kabarettist oder Comedian, wie auch immer man das nennen will. Sie greifen also das Jüdisch-Sein in Deutschland auf. Welches Feedback haben Sie denn von Juden wie Nicht-Juden über Ihre Programme?
Polak: Ganz kurz nur: Ich würde mich selber nicht als jüdischen Kabarettisten beschreiben. Das machen Journalisten ganz gerne. Ich bin Stand-up Comedian, ich habe meine Biographie als Basis für mein Comedy-Programm genommen, und mein Name ist halt Oliver Polak. Ich bin Jude, ich komme aus Papenburg im Emsland und daraus sind die Geschichten resultiert, aber ich würde mich selber nicht als jüdischer Komiker bezeichnen.
Aber das Feedback ist eigentlich ganz gut. Ich bin ja gerade die nächsten zwei Wochen in Deutschland auf Tour und schon seit zwei Wochen mit meiner Show "Jud süß-sauer" auf Tour und das Publikum ist gemischt. Es gibt 14-Jährige, es gibt 25-Jährige, es gibt 40-Jährige, es gibt 80-Jährige, es kommen Moslems, es kommen Christen, es kommen Juden, auch ein paar Scientologen vielleicht, die sagen das dann ja nie. Aber es ist alles durch die Bank weg gemischt und es macht Spaß und die Leute haben, glaube ich, auch Spaß.
Pindur: "Jud süß-sauer", Sie haben das eben genannt, heißt Ihr derzeitiges Programm. Sie reißen da ständig auch Witze, in denen der Holocaust vorkommt. Was sagen eigentlich Ihre Eltern dazu? Sind die der Ansicht, ihr Sohn hat einen respektablen Beruf?
Polak: Das weiß ich nicht, aber sie haben sich, glaube ich, nicht gewundert, dass ich das heute mache, was ich mache, weil ich schon immer so ein Fabel für Zirkus und so weiter hatte. Aber es war nur so: Als mein Buch vor zwei Jahren erschienen ist, "Ich darf das, ich bin Jude", war es so, dass meine Mutter nur sagte, weil sie gerade im Urlaub war zu dem Zeitpunkt, sie hofft, wenn sie aus dem Urlaub wiederkommt, dass der Kinderschutzbund nicht vor der Tür steht und fragt, was haben sie mit dem armen Jungen gemacht.
Aber meine Eltern reden noch mit mir, ich rede noch mit meinen Eltern und wie gesagt, das Buch ist jetzt zwei Jahre her, ich habe jetzt gerade diese CD "Jud süß-sauer", die ich bewerbe, und deswegen bin ich jetzt zwei Wochen in Deutschland unterwegs. Ich würde mich auch freuen, wenn die Hörer, die jetzt gerade am Start sind, vorbeikommen in den nächsten zwei Wochen.
Pindur: Selbstredend. – Sie selber sind also kein besonders bewusster Jude. Da haben Sie ja eben Wert drauf gelegt, sich da auch ein bisschen von zu distanzieren.
Polak: Nein, nein, das ist nur im Moment. Das sehen Sie falsch. Ich bin schon ein bewusster Jude, aber ich nenne mich nicht jüdischer Komiker. Ich bin Komiker und ich mache nichts anderes wie ein Atze Schröder, der sagt ja auch nicht, ich bin ein Ruhrpott-Komiker.
Pindur: Okay! Dann sage ich einfach mal, Sie nehmen das Milieu, aus dem Sie kommen, auf und machen da einen Lebensunterhalt draus. Machen Ihnen das andere Juden schon mal zum Vorwurf, nach dem Motto, dein Jüdisch-Sein ist ja für dich nur eine Masche, mit der du Kabarett machen kannst?
Polak: Das ist mir jetzt noch nie so begegnet. Das kann bestimmt so sein, dass das jemand sagt. Ich meine, die Leute sagen ja ganz gerne mal so Sachen. Aber mir ist das jetzt persönlich noch nie passiert.
Pindur: Haben Sie denn schon mal erlebt, dass das Publikum geschockt war von Ihren Witzen und das nicht komisch fand?
Polak: Na ja, es ist schon so, dass man das manchmal merkt, wenn man zum Beispiel im Quatsch Comedy Club, wo ich ja sehr oft in Hamburg auf der Reeperbahn auftrete, oder im Friedrichstadtpalast Berlin in der Liveshow. Da sind dann mehrere Comedians in so einem Mix und wenn einer einen nicht kennt und man kommt auf die Bühne, erzählt, man kommt aus Papenburg im Emsland und so weiter und so fort, und dann plötzlich erwähnt man, dass man Jude ist, dann ist dieses Wort halt im Raum.
Es ist nach wie vor oft so, das merke ich, das Wort Jude ist halt immer noch sehr oft auch irritiert und auch negativ behaftet in Deutschland, dass dann schon so ein bisschen Irritation im Raum liegt, was ich aber natürlich auch in meiner Show aufgreife.
Es gibt in meiner Show das Judenspiel, was mehrere Ebenen hat, wo ich Prominente nenne und das Publikum raten muss, ob sie jüdisch oder nicht jüdisch sind. Und wenn sie glauben, die Person ist jüdisch, dann rufen sie alle "Jude", wenn sie glauben, sie ist nicht jüdisch, dann rufen sie "Normal", wobei es wichtig ist bei dem Spiel, dass die Leute das Wort "Jude" nicht so aussprechen wie sie es kennen, sondern eher so positiv wie "Happy Birthday", damit das dann gleich auch schöner klingt und man merkt, dass es gar kein Schimpfwort ist.
Pindur: Also das auch in Ihrem Programm?
Polak: Ja, in meiner Show, jetzt gerade auch bei der Sony als CD am Freitag erschienen ist.
Pindur: Damit hat der Kabarettist Oliver Polak jetzt genug Werbung gemacht für sein Programm, "Jud süß-sauer" heißt es.
Mehr zum Thema:
Sendung "Aus der jüdischen Welt" vom 2.10. 2009: Wohl berechneter Tabubruch (DKultur)
Sendung "Profil" vom 4.12. 2008: Ich darf das, ich bin Jude (DKultur)
Oliver Polak: Einen wunderschönen guten Morgen. Hallo!
Pindur: Dieter Graumann gilt als Freund deutlicher Worte, heißt es über ihn. Das teilt er ja mit Ihnen. Haben Sie ihn schon mal kennen gelernt?
Polak: Nein, ehrlich gesagt überhaupt nicht. Ich habe nur seinen Namen ein-, zweimal gehört und hat auch ehrlich gesagt weiter keine große Bedeutung für mich, Dieter Graumann.
Pindur: Würden Sie ihn denn mal gerne kennen lernen?
Polak: Wenn er mal in meine Show kommt und zahlt und sich das angucken möchte, dann darf er natürlich sehr gerne vorbeikommen. Und wenn er danach noch ein Buch signiert haben möchte – in meinem Buch gibt es ja auch ein Kapitel über den Zentralrat der Juden -, dann signiere ich ihm das natürlich auch sehr gerne.
Pindur: Wie kommt denn der Zentralrat der Juden in Ihrem Buch weg?
Polak: Ach, das war einfach so: Ich kenne den ja auch schon lange quasi. Also ich bin ja nicht seit gestern Jude. Es ist ja nicht so, dass ich gestern aufgewacht bin und gemerkt habe, oh, Mensch, da unten ist es aber kalt, ach Mensch, du bist ja jüdisch, sondern ich bin es ja schon mein Leben lang. Und dann irgendwie ist es ja immer wieder so, dass man hört, der Zentralrat der Juden. Und ich fühlte mich nicht immer unbedingt davon widergespiegelt, was die gesagt haben, finde die natürlich sehr wichtig als Institution vom Grundgedanken her, und da habe ich dann ein satirisches Kapitel über diese Vögel geschrieben. Das gibt es in meinem Buch und es trägt den Titel "Der Zentralrat der Juden und so weiter ...".
Pindur: Und so weiter. – Damit sich die Hörer mal einen Eindruck machen können von Ihrem Programm, diejenigen, die Sie noch nicht gesehen haben, spielen wir jetzt mal kurz etwas ein.
Einspielung Oliver Polak
Pindur: Also das ein Ausschnitt aus Ihrem Programm. Sie sind ein dezidiert jüdischer Kabarettist oder Comedian, wie auch immer man das nennen will. Sie greifen also das Jüdisch-Sein in Deutschland auf. Welches Feedback haben Sie denn von Juden wie Nicht-Juden über Ihre Programme?
Polak: Ganz kurz nur: Ich würde mich selber nicht als jüdischen Kabarettisten beschreiben. Das machen Journalisten ganz gerne. Ich bin Stand-up Comedian, ich habe meine Biographie als Basis für mein Comedy-Programm genommen, und mein Name ist halt Oliver Polak. Ich bin Jude, ich komme aus Papenburg im Emsland und daraus sind die Geschichten resultiert, aber ich würde mich selber nicht als jüdischer Komiker bezeichnen.
Aber das Feedback ist eigentlich ganz gut. Ich bin ja gerade die nächsten zwei Wochen in Deutschland auf Tour und schon seit zwei Wochen mit meiner Show "Jud süß-sauer" auf Tour und das Publikum ist gemischt. Es gibt 14-Jährige, es gibt 25-Jährige, es gibt 40-Jährige, es gibt 80-Jährige, es kommen Moslems, es kommen Christen, es kommen Juden, auch ein paar Scientologen vielleicht, die sagen das dann ja nie. Aber es ist alles durch die Bank weg gemischt und es macht Spaß und die Leute haben, glaube ich, auch Spaß.
Pindur: "Jud süß-sauer", Sie haben das eben genannt, heißt Ihr derzeitiges Programm. Sie reißen da ständig auch Witze, in denen der Holocaust vorkommt. Was sagen eigentlich Ihre Eltern dazu? Sind die der Ansicht, ihr Sohn hat einen respektablen Beruf?
Polak: Das weiß ich nicht, aber sie haben sich, glaube ich, nicht gewundert, dass ich das heute mache, was ich mache, weil ich schon immer so ein Fabel für Zirkus und so weiter hatte. Aber es war nur so: Als mein Buch vor zwei Jahren erschienen ist, "Ich darf das, ich bin Jude", war es so, dass meine Mutter nur sagte, weil sie gerade im Urlaub war zu dem Zeitpunkt, sie hofft, wenn sie aus dem Urlaub wiederkommt, dass der Kinderschutzbund nicht vor der Tür steht und fragt, was haben sie mit dem armen Jungen gemacht.
Aber meine Eltern reden noch mit mir, ich rede noch mit meinen Eltern und wie gesagt, das Buch ist jetzt zwei Jahre her, ich habe jetzt gerade diese CD "Jud süß-sauer", die ich bewerbe, und deswegen bin ich jetzt zwei Wochen in Deutschland unterwegs. Ich würde mich auch freuen, wenn die Hörer, die jetzt gerade am Start sind, vorbeikommen in den nächsten zwei Wochen.
Pindur: Selbstredend. – Sie selber sind also kein besonders bewusster Jude. Da haben Sie ja eben Wert drauf gelegt, sich da auch ein bisschen von zu distanzieren.
Polak: Nein, nein, das ist nur im Moment. Das sehen Sie falsch. Ich bin schon ein bewusster Jude, aber ich nenne mich nicht jüdischer Komiker. Ich bin Komiker und ich mache nichts anderes wie ein Atze Schröder, der sagt ja auch nicht, ich bin ein Ruhrpott-Komiker.
Pindur: Okay! Dann sage ich einfach mal, Sie nehmen das Milieu, aus dem Sie kommen, auf und machen da einen Lebensunterhalt draus. Machen Ihnen das andere Juden schon mal zum Vorwurf, nach dem Motto, dein Jüdisch-Sein ist ja für dich nur eine Masche, mit der du Kabarett machen kannst?
Polak: Das ist mir jetzt noch nie so begegnet. Das kann bestimmt so sein, dass das jemand sagt. Ich meine, die Leute sagen ja ganz gerne mal so Sachen. Aber mir ist das jetzt persönlich noch nie passiert.
Pindur: Haben Sie denn schon mal erlebt, dass das Publikum geschockt war von Ihren Witzen und das nicht komisch fand?
Polak: Na ja, es ist schon so, dass man das manchmal merkt, wenn man zum Beispiel im Quatsch Comedy Club, wo ich ja sehr oft in Hamburg auf der Reeperbahn auftrete, oder im Friedrichstadtpalast Berlin in der Liveshow. Da sind dann mehrere Comedians in so einem Mix und wenn einer einen nicht kennt und man kommt auf die Bühne, erzählt, man kommt aus Papenburg im Emsland und so weiter und so fort, und dann plötzlich erwähnt man, dass man Jude ist, dann ist dieses Wort halt im Raum.
Es ist nach wie vor oft so, das merke ich, das Wort Jude ist halt immer noch sehr oft auch irritiert und auch negativ behaftet in Deutschland, dass dann schon so ein bisschen Irritation im Raum liegt, was ich aber natürlich auch in meiner Show aufgreife.
Es gibt in meiner Show das Judenspiel, was mehrere Ebenen hat, wo ich Prominente nenne und das Publikum raten muss, ob sie jüdisch oder nicht jüdisch sind. Und wenn sie glauben, die Person ist jüdisch, dann rufen sie alle "Jude", wenn sie glauben, sie ist nicht jüdisch, dann rufen sie "Normal", wobei es wichtig ist bei dem Spiel, dass die Leute das Wort "Jude" nicht so aussprechen wie sie es kennen, sondern eher so positiv wie "Happy Birthday", damit das dann gleich auch schöner klingt und man merkt, dass es gar kein Schimpfwort ist.
Pindur: Also das auch in Ihrem Programm?
Polak: Ja, in meiner Show, jetzt gerade auch bei der Sony als CD am Freitag erschienen ist.
Pindur: Damit hat der Kabarettist Oliver Polak jetzt genug Werbung gemacht für sein Programm, "Jud süß-sauer" heißt es.
Sendung "Aus der jüdischen Welt" vom 2.10. 2009: Wohl berechneter Tabubruch (DKultur)
Sendung "Profil" vom 4.12. 2008: Ich darf das, ich bin Jude (DKultur)