Am Mississippi bleibt es ruhig
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In vielen Bundesstaaten der USA sind in den vergangenen Jahren Juden angegriffen worden. Nicht so in Mississippi. Es herrscht eine entspannte Beziehung zu den nicht-jüdischen Mitmenschen. Dennoch beobachtet man die Situation hier genau.
Schier endlose Sandstrände. Man könnte stundenlang an der Küste des Golfs von Mexiko im US-Bundestaat Mississippi entlangfahren. Hier im Süden der USA scheint das Leben leicht zu sein unter den Palmen und unter der Sonne.
Doch so ist es nicht wirklich. Generell gilt der Bundesstaat Mississippi als "Lost State", als ärmster aller US-Staaten. Dabei besaß früher der Agraradel riesige Baumwollplantagen, etwa wie die von Stanton Hall. In dem im Jahr 1850 gebauten Haus des Baumwoll-Maklers Frederick Stanton werden heute Führungen gemacht. Sein Reichtum kam von der Baumwolle. Er makelte den Ertrag von sechs Baumwollplantagen, das machte ihn reich.
Auf Sicherheit zu achten ist auch hier wichtig
Auch wenn Baumwolle noch heute ausgeführt wird, der Bundesstaat ist knapp bei Kasse. Das könnte auch - wie anderswo – ein Nährboden sein für rassistische und antisemitische Ideen. Doch noch sind die Verhältnisse für die jüdische Community hier in Gulfport-Biloxi ideal, sagt der erst 39-jährige Ryan Goldin, Präsident der "Congregation Beth Israel". Der drahtig wirkende und freundliche Mann mit den akkurat gekämmten Haaren lächelt entspannt. Dennoch aber achte man genau auf die eigene Sicherheit, sagt er.
"Wir haben auch Security-Leute in unserer örtlichen Synagoge. Im Mai kam auch ein Polizist des Golfport-Police-Departments zu uns und sprach über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, die aber sehr teuer sind. Dennoch sichern wir uns natürlich mit verschiedenen Maßnahmen ab, ohne das weiter bekannt zu machen."
Doch wie ist es? Gehen die Juden am Mississippi mit ihrer Kippa durch die Städte?
"Ich bin nicht sehr religiös. Also ich trage die Kippa nicht. Aber zu bestimmten Anlässen trage ich sie natürlich, auch außerhalb der Synagoge. Ich habe keine Probleme damit. Und unsere jüdische Gemeinde, die Congregation umfasst 30 Familien. Zusätzlich gibt es noch einen örtlichen Zweig der Chabad-Gemeinde, das sind vielleicht zwölf Familien."
Antisemitische Übergriffe lassen niemanden kalt
Wie ist das jüdische Leben hier an der Golfküste?
"Ich kenne nur unser Leben hier. Ich bin hier in Gulfport geboren, ich gehöre der dritten Generation der Beth Israel Congregation an, und meine elf- und zwölfjährigen Kinder sind die vierte Generation, und ich liebe es, hier zu sein. Es ist eine kleine, recht fest zusammenstehende Gemeinde, und ich gehe gern zum Gottesdienst Freitagnacht. Nicht nur um dort zu helfen, sondern auch bei anderen Veranstaltungen dem Ganzen zu dienen."
Natürlich lassen die antisemitischen Ereignisse und Übergriffe auf Jüdinnen und Juden in der Welt niemanden hier kalt, sagt Ryan Goldin. Man beobachte mit Sorge das Wiedererstarken rechtsnationalen Gedankengutes.
"Überall in unserer Gemeinde weiß man, was in der Welt geschieht. Wir sind ja nicht fern von der gegenwärtigen Technologie. Wir nutzen Google, oder sehen alles im TV."
Auch die christlichen Nachbarn kommen zum Jom Haschoah
Natürlich, sagt Ryan Goldin, stehe man auch im guten Kontakt mit anderen, christlichen Gemeinden.
"Die anderen wollen wissen, was jüdisches Leben ist, sie wollen lernen, was jüdische Religion bedeutet, und sie wollen auch wissen, was 'Jom Haschoah' ist, eines unserer wichtigsten Feste im Mai, die Erinnerung an den Holocaust. Dann ist unsere Halle voll mit Leuten, die sowohl dazu gehören, als auch mit Pastoren etwa von anderen Kirchen, die sagen: 'Hey, wir haben hier eine Gruppe von Leuten, die etwas über andere Religionen wissen wollen. Dürfen sie euren Gottesdienst Freitagabend besuchen?'"
Und wenn man mal einen kleinen Blick in die Zukunft wagt - nur zehn Jahre -, wie wird es hier, an der wunderbaren Golfküste für die jüdische Community weitergehen? Wird das jüdische Leben sich verändern?
"Ich denke, es bleibt so, wie es gerade ist. Es werden immer mehr Touristen hier an die Mississippi Golfküste kommen, das bestimmt, und es werden viele Juden dabei sein, sicherlich, die sich für jüdisches Leben hier an der Golfküste interessieren."