Judith Holofernes: „Die Träume anderer Leute“

Das Leben nach dem Erfolg

11:44 Minuten
Judith Holofernes auf der Bühne 2015, vor grünem Hintergrund.
In schwierigen Zeiten habe ihr ihre "Musikliebe" geholfen, sagt Judith Holofernes. © Getty Images / Hannes Magerstaedt
Moderation: Andreas Müller · 08.09.2022
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Mit ihrer Band "Wir sind Helden" und als Solokünstlerin feierte Judith Holofernes große Erfolge. In einem Buch beschreibt sie nun die Härten des Musikgeschäfts: Warum ihr Körper irgendwann streikte und wie sie versuchte, sich neu zu erfinden.
Popstars genießen Erfolg. Aber dieser Erfolg zehrt an der Substanz. Wenn dann noch Kinder dazukommen, ist es vor allem für Musikerinnen oft schwer, eine Balance zu finden. Davon kann auch Judith Holofernes ein Lied singen, die in den Nullerjahren mit ihrer seit 2012 auf Eis liegenden Band Wir sind Helden viele Erfolge feierte und zu dieser Zeit mit dem Schlagzeuger der Band auch zwei Kinder bekam. Fortan wurde das Tourleben mit Kindern an der Seite zur Belastung.
„Das war deutlich schwerer, als ich es mir vorgestellt hatte“, erinnert sich Holofernes heute. Sie habe ihre Kräfte überschätzt. „Ich habe gedacht und auch gewollt, dass ich das einfach alles so weitermachen kann. Und habe dann relativ gründlich zu spüren bekommen, wie sehr mich das strapaziert.“
Über diese Erfahrungen hat die in Berlin lebende Musikerin jetzt auch ein Buch geschrieben: "Die Träume anderer". Es ist aus dem Mut der Verzweiflung entstanden: "Ich habe einfach verzweifelt gesucht nach Leuten, die über diese Seiten des Erfolgs und das Danach schreiben, und habe keine gefunden. Und im Prinzip dachte ich dann, dann mache ich das eben."

Von der Musikindustrie emanzipiert

Das Buch setzt da an, wo es mit Wir sind Helden auseinandergeht und Holfernes‘ Körper nicht mehr mitmacht. Als sie dann anfängt, solo zu arbeiten, bekommt sie nach dem Geldsegen aus der Zeit mit Wir sind Helden die Schattenseiten der Musikindustrie zu spüren.
Als die Belastung zu schwer wurde, sei ihr erstmal bewusst geworden, dass sie mit einem Konzern zusammengearbeitet hatte, der zu Unilever gehört und im Hauptgeschäft Waschmittel verkauft, sagt Holofernes: Musik sei da „nur ein ungeliebter Seitenarm“. Und: „Dass man dementsprechend auch ein Produkt ist, das als Produkt zu funktionieren hat.“
Holofernes‘ letztes Album, „Ich bin das Chaos“, ist 2017 auf einem eigenen Label erschienen.

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Seit einiger Zeit arbeitet sie daher nun mit der Plattform Patreon zusammen und finanziert sich über Crowdfunding. Dort hat sie sich eine "entzückende Community" aufgebaut, "die meinen Quatsch mit mir zusammen macht“, so die Musikerin. „Manchmal tut es fast ein bisschen weh, weil es so schön ist. Dass ich denke: Warum habe ich mir das nicht früher erlaubt?“

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Eine Hirnhautentzündung im Jahr 2017 blieb nicht folgenlos, erzählt sie weiter. „Ich bin deutlich weniger belastbar. Das ist mir aber auch ein Schutz. Denn ich möchte ja auch nicht mehr so belastbar sein.“

Bücher machen – aber nicht nur

Jetzt wolle sie sich erst einmal weiter in der Verlagswelt bewegen. Sie habe erfahren, „dass in der Buchbranche die Mühlen sehr viel langsamer mahlen“, erklärt die Sängerin.
„Von Musikern wird immer erwartet, dass sie sich im Prinzip 80 Prozent ihrer Zeit selbst darstellen und vermarkten. Und bei Autorinnen, da geht man, glaube ich, eher ein bisschen davon aus, dass sie auch ab und zu mal die Schnauze halten müssen.“
Mit der Musik habe sie aber nicht abgeschlossen. Die eine oder andere musikalische Idee habe sie noch in petto. Mit Blick auf ihre Zeit als Musikerin sei "ein kleiner Liebeskummer zurückgeblieben“. Aber davon erholt sie sich auch, glaubt sie.
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