Eva Lezzi/Anna Adam: Beni und die Bat Mizwa
Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2015
ISBN 978-3-95565-108-4, 14,90 Euro
Der Weg zur religiösen Mündigkeit
Eva Lezzi stellt den dritten Teil einer jüdischen Kinderbuchserie vor, an der die Autorin mit der Illustratorin Anna Adam seit vier Jahren arbeitet. Das dritte Buch, "Beni und die Bat Mizwa", handelt von der Zeremonie, mit der ein jüdisches Kind seine religiöse Mündigkeit feiert.
Früher Abend in Berlin-Mitte, interkulturelles Familienzentrum. Draußen rauscht der Verkehr auf der Wilhelm-Straße vorbei, drinnen präsentieren die Autorin Eva Lezzi und die Künstlerin Anna Adam ihre neueste Gemeinschaftsproduktion: Das Kinderbuch "Beni und die Bat Mitzwa." Sie sitzen vor einem riesengroßen rosa-gelb-farbigen Plakat: Mazal Tov! steht in grünen Graffiti-Lettern darauf. Das Plakat, erklärt Verlegerin Nora Pester, ist das stark vergrößerte Cover des Buchs. Aber nicht nur.
Nora Pester: "Dass wir dieses Buchcover auch zum Deckblatt unseres aktuellen Katalogs gemacht haben, ist eben auch ein Statement: Jüdisches Leben hier und heute in Deutschland, beziehungsweise im deutschsprachigen Raum ist eben bunt und vielseitig und lebendig."
Wer weiß schon genau Bescheid über Bedeutung und Ablauf einer Bar Mitzwa oder eben Bat Mitzwa? Durch das Ritual erlangt der dreizehnjährige Junge beziehungsweise das zwölfjährige Mädchen die religiöse Mündigkeit – vergleichbar etwa einer protestantischen Konfirmation. Aus der Perspektive ihres kleinen Bruders Beni erzählt Eva Lezzi von den Vorbereitungen auf Tabeas Bat Mitzwa, vom Gottesdienst in der Synagoge und schließlich von dem Familienfest mit den verrückten Verwandten.
"Tabea trägt ihren neuen Tallit um die Schultern. Den Tallit haben Anne und Sue aus New York für sie mitgebracht. Er ist hauptsächlich weiß, wie die der anderen in der Synagoge, aber er hat bunte Streifen und ist wunderschön... Der Gottesdienst dauert ewig. Beni sucht in seiner zweisprachigen Bibel die Torastelle, die die Kantorin gerade auf Hebräisch lejnt, um sie in Deutsch mitzulesen. Papa will ihm die richtige Textpassage zeigen, aber auch er hat Mühe, sich zurechtzufinden, und schielt in Mamas Buch. Endlich findet Papa die Bibelstelle, und Beni liest. 'Sowie die Wolke sich von dem Zelte erhob, dann erst brachen die Kinder Israels auf, und an der Stelle, an der die Wolke sich niederließ, dort lagerten die Kinder Israels'."
Die Beni-Trilogie ist jetzt abgeschlossen
Eva Lezzi und Anna Adam, beide überzeugte Feministinnen, wissen, dass sie Anhänger des orthodoxen Judentums herausfordern, wenn sie ausgerechnet von einer Bat Mitzwa erzählen:
"Also sie hat nicht ein Ersatzritual, wo sie Kerzen zünden darf am Freitagabend, sondern sie wird aufgerufen zur Tora, sie lejnt und sie darf als junge Frau aufgerufen werden und eben an der Tora sein. Das ist neu im Judentum und das ist erst recht nicht bis dato bilderbuchkonform."
"Lejnen" bedeutet, einen Text psalmodierend vorzugtragen, ein Ritual, das im orthodoxen Judentum ausschließlich Männern vorbehalten ist.
Lezzi: "Insofern ist ein Bilderbuch auch dazu da, einerseits etwas zu vermitteln, zu unterrichten, gewissermaßen aber auch etwas Neues mitzuinszenieren, mit ins Leben zu rufen, mit möglich zu machen... was die Finanzierung nicht leichter gemacht hat."
Wer eine emanzipierte Vorstellung vom Judentum formuliere, habe es oft schwer, mit künstlerischen Projekten von jüdischen Stellen gefördert zu werden, klagen Künstlerin Adam und Autorin Lezzi, aber auch Kantorin Jalda Rebling.
"Was erwarten die Stellen?"
Rebling: "Dass der Junge zur Tora aufgerufen wird und nicht das Mädchen, dass nicht fotografiert wird am Schabbat."
Adam: "Am besten ist vielleicht auch, dass beide Elternteile jüdisch sind..."
Aber das entspreche nun oftmals nicht jüdischer Lebensrealität in Deutschland, sagt Kantorin Rebling.
Rebling: "Es ist erstmalig eine Bücherreihe, von einem jüdischen Kind, das mitten in der Stadt Berlin lebt und sich halt nicht nur in jüdischen Kreisen bewegt, sondern wie der größte Teil der jüdischen Kinder sich irgendwie integriert mit den anderen bewegt. Und das fehlt dringend auf dem deutschen Büchermarkt, und insofern finde ich das Buch auch enorm wichtig."
Trotzdem sei die Beni-Trilogie nun abgeschlossen, sagt Eva Lezzi und grinst vielversprechend: Sie arbeitet gerade an einem Jugendroman, in dem die Freundschaft eines jüdischen mit einem muslimischen Mädchen auf eine schwere Probe gestellt wird.