Jüdische Soldaten wollten keine Rache
Der Historiker Daniel Schmiedke ist bei der Recherche zur Ausstellung "Sieger, Befreier, Besatzer" fast verzweifelt. Er wollte herausfinden, wie viele Juden aus Deutschland geflohen und dann als Soldaten der Siegermächte zurückgekehrt sind. Im Alliiertenmuseum skizziert er nun 14 Schicksale.
"Die Ausstellung handelt von deutschen Juden, die gezwungen waren aus Deutschland zu fliehen in der Zeit der Nationalsozialisten und die geflohen sind, nach Amerika, nach Frankreich nach England oder auch nach Palästina, und die sich dann in ihrem jeweiligen Aufenthaltsland entschieden haben als Soldat zurück zu kehren und als alliierter Soldat gegen Nazi-Deutschland zu kämpfen."
Erklärt der Historiker Daniel Schmiedke, der die jetzt im Berliner Alliiertenmuseum gezeigte Ausstellung "Sieger, Befreier, Besatzer", konzipiert und entwickelt hat. Am Beispiel von 14 Biographien deutscher und österreichischer Juden skizziert die Ausstellung eine Facette der Kriegsgeschichte, die bislang weitgehend unerforscht geblieben ist. Dabei waren die Zahlen derjenigen, die zuerst flohen, um dann als Soldaten zurück zu kehren, alles andere als gering:
"Eindeutige wissenschaftliche Zahlen gibt es dazu noch nicht. Wir sprechen hier von etwa 300.000 geflohenen deutschsprachigen Juden von denen ungefähr 30.000 bloß als Soldaten zurückkehrten."
Und selbst diese Zahl von 30.000 geflohenen Juden, die dann in alliierten Armeen dienten, sei vermutlich noch viel zu niedrig angesetzt, glaubt Daniel Schmiedke:
"Also in Anbetracht dessen dass wir noch gar nicht die Rote Armee mit aufgeführt haben und die Flüchtlinge die in die Sowjetunion geflohen sind halte ich die Zahl immer noch für gering. Also ich glaube das waren noch mehr."
Damit widerlegt die Ausstellung sehr konkret das in den letzten Jahrzehnten immer wieder vorgebrachte Klischee, dass die Juden sich weitgehend ohne Widerstand von den Nazis zur Schlachtbank hätten führen lassen, betont der Historiker:
"Wir wissen ja nicht einmal, wie viele von den deutschen Juden als Partisanen kämpfen irgendwo, die nirgendwo registriert sind. Es ist einfach ein Irrtum zu behaupten, dass sich die Juden wie die Lämmer zu den Schlachtbanken haben führen lassen. Das stimmt so nicht. Es gab Widerstand, es gab organisierten Widerstand und es gab eben auch deutsche Juden, die als alliierte Soldaten gegen Nazideutschland kämpften."
Trotzdem zeigte sich bei den Recherchen für die Ausstellung, dass es sehr schwierig war, Zeitzeugen zu finden. Denn in den Armeearchiven findet man dazu so gut wie nichts:
"Die Armee registriert ja nicht, ach das ist ein deutscher Flüchtling, der dann und dann nach Amerika gekommen ist, der ist jüdischen Glaubens und jetzt schicken wir ihn zurück als Soldat. Sie registrieren ihn als Amerikaner jüdischen Glaubens. Punkt. So finden sie aus Deutschland nie heraus, wer ist denn jetzt ein deutscher Flüchtling."
Durch Zufall stieß Daniel Schmiedke dann auf die Bachelor-Arbeit des amerikanischen Studenten Joshua Franklin, der darüber geschrieben hatte und etliche der Kriegsveteranen kannte. Franklin, der heute in der Nähe von New York als Rabbiner arbeitet, brachte den deutschen Historiker dann auch mit Steven Karras zusammen, der sich jahrelang mit dem Thema beschäftigt hatte:
"Ich arbeitete für eine Internet Firma, von denen ich auch ein paar Aktien hatte, die ich dann irgendwann verkauft. Jeder andere hätte das Geld sicher gespart, aber ich gab’s aus. Alles Geld ging dafür drauf, diese alten Jungs überall in den USA zu interviewen."
Über mehrere Jahre reiste Karras durch die USA und interviewte weit über hundert deutsch-jüdische US-Veteranen. Daraus entstand der Dokumentarfilm "About Face":
"About Face ist ein Militärbegriff wenn man sich umdreht. Aber es bedeutet auch das Gesicht wahren, die Ehre behalten. Aber eben auch der Militärbegriff dass man sich umdreht und zurück kommt und genau das machten sie, sie kamen zurück nach Deutschland."
Wegen ihrer Kenntnisse der deutschen Mentalität und Sprache, waren viele der jüdischen Flüchtlinge in den alliierten Armeen besonders wichtig. Oft waren sie in Propagandaeinheiten direkt an der Front eingesetzt, erklärt Daniel Schmiedke:
"Man stellt sich mit einem Lautsprecherwagen hin in 50 bis 100 Metern Entfernung von den nächsten deutschen Soldaten und vermittelt seine Botschaft, denn am Anfang gab es nur so schwache Lautsprecher. Später hat man aufgerüstet und konnte aus weiteren Distanzen senden."
Viele dieser Soldaten hatten ihre ganzen Familien, die in Deutschland geblieben waren, im Holocaust verloren. Trotzdem kamen sie nicht zurück um Rache zu nehmen, sondern um Deutschland zu befreien, so das Resumé von Steven Karras:
"Man denkt, dass man eine große Rachegeschichte zu hören bekommt. Aber darum ging es nicht. Es ging darum, zu überleben und darum nicht mehr Opfer zu sein."
Erklärt der Historiker Daniel Schmiedke, der die jetzt im Berliner Alliiertenmuseum gezeigte Ausstellung "Sieger, Befreier, Besatzer", konzipiert und entwickelt hat. Am Beispiel von 14 Biographien deutscher und österreichischer Juden skizziert die Ausstellung eine Facette der Kriegsgeschichte, die bislang weitgehend unerforscht geblieben ist. Dabei waren die Zahlen derjenigen, die zuerst flohen, um dann als Soldaten zurück zu kehren, alles andere als gering:
"Eindeutige wissenschaftliche Zahlen gibt es dazu noch nicht. Wir sprechen hier von etwa 300.000 geflohenen deutschsprachigen Juden von denen ungefähr 30.000 bloß als Soldaten zurückkehrten."
Und selbst diese Zahl von 30.000 geflohenen Juden, die dann in alliierten Armeen dienten, sei vermutlich noch viel zu niedrig angesetzt, glaubt Daniel Schmiedke:
"Also in Anbetracht dessen dass wir noch gar nicht die Rote Armee mit aufgeführt haben und die Flüchtlinge die in die Sowjetunion geflohen sind halte ich die Zahl immer noch für gering. Also ich glaube das waren noch mehr."
Damit widerlegt die Ausstellung sehr konkret das in den letzten Jahrzehnten immer wieder vorgebrachte Klischee, dass die Juden sich weitgehend ohne Widerstand von den Nazis zur Schlachtbank hätten führen lassen, betont der Historiker:
"Wir wissen ja nicht einmal, wie viele von den deutschen Juden als Partisanen kämpfen irgendwo, die nirgendwo registriert sind. Es ist einfach ein Irrtum zu behaupten, dass sich die Juden wie die Lämmer zu den Schlachtbanken haben führen lassen. Das stimmt so nicht. Es gab Widerstand, es gab organisierten Widerstand und es gab eben auch deutsche Juden, die als alliierte Soldaten gegen Nazideutschland kämpften."
Trotzdem zeigte sich bei den Recherchen für die Ausstellung, dass es sehr schwierig war, Zeitzeugen zu finden. Denn in den Armeearchiven findet man dazu so gut wie nichts:
"Die Armee registriert ja nicht, ach das ist ein deutscher Flüchtling, der dann und dann nach Amerika gekommen ist, der ist jüdischen Glaubens und jetzt schicken wir ihn zurück als Soldat. Sie registrieren ihn als Amerikaner jüdischen Glaubens. Punkt. So finden sie aus Deutschland nie heraus, wer ist denn jetzt ein deutscher Flüchtling."
Durch Zufall stieß Daniel Schmiedke dann auf die Bachelor-Arbeit des amerikanischen Studenten Joshua Franklin, der darüber geschrieben hatte und etliche der Kriegsveteranen kannte. Franklin, der heute in der Nähe von New York als Rabbiner arbeitet, brachte den deutschen Historiker dann auch mit Steven Karras zusammen, der sich jahrelang mit dem Thema beschäftigt hatte:
"Ich arbeitete für eine Internet Firma, von denen ich auch ein paar Aktien hatte, die ich dann irgendwann verkauft. Jeder andere hätte das Geld sicher gespart, aber ich gab’s aus. Alles Geld ging dafür drauf, diese alten Jungs überall in den USA zu interviewen."
Über mehrere Jahre reiste Karras durch die USA und interviewte weit über hundert deutsch-jüdische US-Veteranen. Daraus entstand der Dokumentarfilm "About Face":
"About Face ist ein Militärbegriff wenn man sich umdreht. Aber es bedeutet auch das Gesicht wahren, die Ehre behalten. Aber eben auch der Militärbegriff dass man sich umdreht und zurück kommt und genau das machten sie, sie kamen zurück nach Deutschland."
Wegen ihrer Kenntnisse der deutschen Mentalität und Sprache, waren viele der jüdischen Flüchtlinge in den alliierten Armeen besonders wichtig. Oft waren sie in Propagandaeinheiten direkt an der Front eingesetzt, erklärt Daniel Schmiedke:
"Man stellt sich mit einem Lautsprecherwagen hin in 50 bis 100 Metern Entfernung von den nächsten deutschen Soldaten und vermittelt seine Botschaft, denn am Anfang gab es nur so schwache Lautsprecher. Später hat man aufgerüstet und konnte aus weiteren Distanzen senden."
Viele dieser Soldaten hatten ihre ganzen Familien, die in Deutschland geblieben waren, im Holocaust verloren. Trotzdem kamen sie nicht zurück um Rache zu nehmen, sondern um Deutschland zu befreien, so das Resumé von Steven Karras:
"Man denkt, dass man eine große Rachegeschichte zu hören bekommt. Aber darum ging es nicht. Es ging darum, zu überleben und darum nicht mehr Opfer zu sein."