Ende der Flitterwochen als US-Trainer
Als Jürgen Klinsmann vor fünf Jahren Trainer der US-Nationalmannschaft wurde, wollte er den Fußballern zum internationalen Durchbruch verhelfen. Nach zwischenzeitlicher Euphorie sind die "Klinsi, Klinsi!"-Rufe verhallt: Ihm droht der Rauswurf.
Im Juli 2011 wurde Jürgen Klinsmann Trainer der US-Fußball -Nationalmannschaft. Er kam mit dem Versprechen, US-Fußball endgültig zum Durchbruch im internationalen Wettbewerb zu führen. Mit Siegesserien, unerschöpflichen Optimismus und einer beachtliche Vorstellung des Teams bei der WM 2014 untermauerte der deutsche Fußballer seinen guten Ruf. Doch nach einer Reihe enttäuschender Vorstellungen sind die "Klinsi, Klinsi, Klinsi!"-Rufe verstummt. Fans und Experten fordern: Schmeißt den Trainer raus! Kerstin Zilm berichtet.
Hoch über dem ausverkauften Stadion in Columbus, Ohio zog am letzten Dienstag ein Flugzeug ein Banner durch den blauen Himmel. "FIRE KLINSMANN" stand in großen Buchstaben darauf. "Feuert Klinsmann!" Es gibt auch eine gleichnamige Facebook-Seite und viele Tweets unter dem Hashtag.
Unten spielte unterdessen die US-Fußballnationalmannschaft gegen Guatemala ums Überleben in der WM-Qualifikation - und um die Zukunft des deutschen Trainers. Nur ein überzeugender Sieg konnte beides retten. Vier Tage zuvor hatte sich die Mannschaft in Guatemala mit einer Null zu Zwei Niederlage blamiert.
"Nicht mal Amateurniveau!"
Schon vorher hatte es nach einer Serie von Niederlagen Kritik an Klinsmann gegeben. Jetzt brach ein Sturm der Entrüstung aus.
Ex-US-Nationalspieler Jimmy Conrad wetterte auf seinem YouTube Kanal KickTV:
"Unser Team hat keine Identität und keinen Stil. Der Trainer macht widersprüchliche Ansagen, platziert Spieler auf ungewohnten Positionen und stellt sie nach dem Spiel vor der Presse bloß. Er verändert permanent die Aufstellung und übernimmt nie die Verantwortung für irgendwas."
Kommentator Craig Burley tobte auf dem Sportsender ESPN:
"Das war ein heilloses Durcheinander! Nicht mal Amateurniveau! Sollte die USA in der Qualifikation nicht weiter kommen, muss der Kopf des Trainers rollen sonst macht sich die USA zum Gespött!"
Seit 1990 waren die USA bei jeder Fußball-Weltmeisterschaft vertreten. Angesichts des drohenden Debakels - dem ersten Ausscheiden in der Qualifikationsrunde seit mehr als 25 Jahren - sagte auch der erfolgreichste US-Spieler aller Zeiten, Landon Donavan: noch eine Niederlage und Klinsmann muss gehen.
"Wenn ich zu entscheiden hätte, würde er gefeuert. Wer in einer WM-Qualifikation Guatemala in einem Heimspiel nicht schlagen kann, sollte nicht Trainer sein. Ganz einfach."
Seit der Weltmeisterschaft 2014 hat Klinsmann eine schwache Bilanz vorzuweisen: Im Goldcup mit dem vierten Platz das schlechteste Ergebnis seit 15 Jahren, Niederlagen gegen Erzrivale Mexiko und schwache Gegner wie Jamaika und Panama.
Seit 2011 hat er das US-Team auseinandergenommen und neu aufgebaut, weltweit - vor allem in Deutschland - junge Spieler angeworben, etablierte Spieler auf ungewohnten Positionen eingesetzt und viel experimentiert. Was bis heute fehlt sind eine Kernmannschaft, klare Ansagen, wer welche Position spielt und durch die ständig wechselnde Zusammensetzung der Mannschaft auch die Chemie zwischen Spielern.
Keine Experimente, souveräner Sieg
Bei der Begegnung gegen Guatemala in Columbus experimentierte Klinsmann nicht sondern stellte Veteranen der Nationalmannschaft auf ihre Stammpositionen. Das Team siegte überlegen Vier zu Null. Sichtlich erleichtert lobte Klinsmann vor der Presse die Spieler:
Sie hätten nach Analysen und Korrekturen klar gezeigt: das US-Team ist in Top-Form und wieder Herr der Lage.
Die nächsten Tests kommen im Juni mit Spielen gegen Kolumbien, Paraguay und Costa Rica in der Copa America und danach im Herbst mit der nächsten WM-Qualifikationsrunde.
Sunil Gulati, Präsident des US-Fußballverbandes, beantwortet Fragen nach Klinsmanns Zukunft unterdessen ausweichend: Er erwarte, dass sich die Mannschaft für die WM 2018 qualifiziere und Klinsmann Trainer bleibe. Doch feste Zusagen seien unrealistisch.
Die Los Angeles Times fasst treffend zusammen:
"Der einzige Grund, warum Klinsmann noch im Amt ist, ist die von ihm oft beklagte Apathie der USA gegenüber Fußball. In fast jedem anderen Land wäre er schon längst gefeuert."