Jugendtheatergruppe „Wir sind hier“

Vorbilder für die neue Generation

05:59 Minuten
Fünf junge Mitglieder der Theatergruppe stehen mit erhobenen Armen jubelnd auf der Bühne.
Das Theaterstück der Jugendgruppe "Wir sind hier" wurde für das "Theatertreffen der Jugend" ausgewählt. © Wir sind hier / Jana Kießer
Von Paul Kother |
Audio herunterladen
Ein Stück der Jugendtheatergruppe „Wir sind hier“ feierte in der Berliner Volksbühne Premiere. Es geht darin um die Erfahrungen junger Romnja und Roma. Es wird beim "Theatertreffen der Jugend" Ende Mai noch einmal gezeigt.
Die Diskriminierung von Sinti und Roma gehört zu den vernachlässigten Themen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Darauf hinweisen soll jedes Jahr auch der Welt-Roma-Tag am 8. April. In Berlin wird er als "RomaDay" mit einer mehrtägigen Veranstaltungsreihe bis zum 1. Mai begangen, in deren Rahmen es auch Theatervorstellungen gibt. So war im Grünen Salon der Volksbühne ein Stück der Jugendtheatergruppe „Wir sind hier“ zu sehen, ein besonderes Projekt mit jungen Menschen aus Berlin und Kiew. Es wurde gerade erst zum "Theatertreffen der Jugend" eingeladen.

Überwinden der Schüchternheit

"Ich war sehr, sehr schüchtern", sagt die 16-jährige Elisa Estera Paraschiv. Das Selbstbewusstsein sei bei null gewesen, als sie vor zwei Jahren mit dem Theaterspielen begann. "Bei der ersten Aufführung war das eine Katastrophe. Ich war auf der Bühne und hab so leise geredet." Die Zehntklässlerin sitzt im Büro von "Roma Trial", einem Berliner Verein, der sich für kulturelle Bildungsarbeit und Aufklärung über Antiziganismus einsetzt und ihr geholfen hat.
Ihr neues Selbstbewusstsein führt Elisa auf die kleine Jugendtheatergruppe „Wir sind hier“ zurück, die sich 2020 mit Unterstützung des Vereins gegründet hat. Regelmäßig, immer am Wochenende, trafen sich fünf junge Romnja und Roma und erarbeiteten ein Stück. Sie schrieben eigene Texte, entschieden über die Inhalte und erarbeiteten selbstständig Choreografien. Unterstützt wurden sie dabei vom Theaterpädagogen Christoph Leuch. Er hatte eine besondere Art des Theatermachens vorgeschlagen.

Orientierung am "Forumtheater"

Beim „Forumtheater“, einer Form des „Theaters der Unterdrückten“, das in den 1960er-Jahren in Südamerika entwickelt wurde, geht es darum, die Grenzen zwischen Schauspielern und Publikum zu sprengen und dieses zur konkreten Aktion aufzurufen: Ein Forumtheaterstück endet immer mit einer mittleren Katastrophe, mit einem Zustand, wo man sagt: So kann es nicht weitergehen, beinhaltet immer auch Lösungsvorschläge der Schauspielenden selbst und endet mit der Frage, was hättet ihr in der Situation getan?

Blick in die Geschichte

Das versuchen auch die Jugendlichen der Theatergruppe „Wir sind hier“. Eindrücklich erzählen sie vom Genozid an den Sinti und Roma während der NS-Zeit, vom schwierigen und oft ausweglosen Kampf um Gleichberechtigung, von andauernder rassistischer Diskriminierung und jüngsten Gewaltverbrechen wie den Morden in Hanau. Das Stück endet im Streit: Die Jugendlichen können sich nicht einigen, was der beste Weg ist, um die Situation der Romnja und Roma zu verbessern.

Wut rauslassen

Elisa erklärt, das Theatermachen sei für sie und die anderen Jugendlichen auch eine Möglichkeit, um politisch handlungsfähig zu bleiben: "Wir können einfach mal die Wut rauslassen und das den Leuten zeigen", sagt sie. "Mir persönlich ist es wichtig, dem Publikum ein Bild zu geben, was überhaupt passiert, was eigentlich abgeht." Ihr Ziel sei es auch, mehr Jugendliche einzuladen, damit sie zusähen. "Damit wir die Vorbilder sind, für die neue Generation."

Ab Ende Mai gastiert die Gruppe mit dem Stück "Wir sind hier" noch einmal bei dem "Theatertreffen der Jugend" in Berlin.

Mehr zum Thema