Juli Zehs "Unterleuten" in Weimar

"Eine Art Dorf-Western"

Zwei Windräder drehen sich unweit von Einfamilienhäusern in einem Dorf in Brandenburg.
Um einen Dorfstreit um Windenergieanlagendreht sich der Roman "Unterleuten" der Schriftstellerin Juli Zeh, der jetzt in Weimar im Nationaltheater auf die Bühne kommt. © Deustches Nationaltheater Weimar / Luca Abbiento
Jenke Nordalm im Gespräch mit Janis El-Bira |
In ihrem Roman "Unterleuten" verwandelt die Autorin Juli Zeh ein ländliches Dorfidyll in Brandenburg in eine menschengemachte Hölle. Für die Bühnenfassung am Deutschen Nationaltheater Weimar habe sie daraus "eine Art Dorf-Western" gemacht, hat uns Regisseurin Jenke Nordalm verraten.
In ihrem hochgelobten Roman "Unterleuten" widmet sich die Schriftstellerin Juli Zeh dem Dorfleben in Brandenburg: Die Gemeinschaft zerbricht, als ein Windparkbetreiber am Ortsrand seine Anlagen aufstellen und dafür Land kaufen möchte. Längst begraben geglaubte Konflikte brechen wieder auf und es kracht gewaltig zwischen alten und neuen Dörflern, Wende-Gewinnern und -Verlierern, Ossis und Wessis. Durchaus mit tödlichem Ausgang.
Am Deutschen Nationaltheater in Weimar kommt dieses Panorama der Intrigen ebenfalls unter dem Titel "Unterleuten" nun erstmals auf die Bühne. Das Dorf Unterleuten passe bestens nach Thüringen, sagte die Regisseurin Jenke Nordalm im Deutschlandfunk Kultur.
"Dieser Stoff passt glaube ich überall hin, vor allem in die neuen Bundesländer, weil es sehr viele Konflikte gibt, die Juli Zeh da schürt: Das eine ist auf jeden Fall ein Konflikt zwischen Stadt und Land, über Staat und Gemeinwesen, zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen. (…) Und es passt natürlich zu Weimar und Thüringen, weil auch gerade in Thüringen die Windkraftdebatte noch lange nicht abgeschlossen ist."
Juli Zeh, deutsche Juristin und Schriftstellerin.
Juli Zeh, deutsche Juristin und Schriftstellerin lebt selbst in einem Dorf in Brandenburg. © picture alliance / dpa / Erwin Elsner

Ost-West Konflikt auf dem Dorf

Fasziniert hat Nordalm vor allem, wie unterschiedlich die Zugezogenen aus dem Westen und die Alt-Dörfler in dem Roman ihre Interessen wahrnehmen. Das sei auch ein Ost-West-Thema, weil es sehr stark darum gehe, wie man mit staatlichen Entscheidungen umgehe.
"Das ist sehr spannend im Roman, dass gerade die Zugezogenen, das heißt, die die explizit aus dem Westen zugezogen sind, und vor Stadt und der Welt geflohen sind, um ihre Ruhe und ihre Idylle zu genießen – dass die diejenigen sind, die sofort sagen: Man muss eine Unterschriftenaktion einleiten, das ist ein demokratischer Prozess, wir haben ein Mitspracherecht, wir brauchen eine Bürgerbewegung."
Die Alteingesessenen verhielten sich anders: "Das wird doch eh da oben entschieden", sei die verbreitete Haltung. "(Da) gibt es eine definitive Politikverdrossenheit."

Eine Art Dorf-Western

Bei der Bühnenfassung des rund 640 Seiten starken, detailverliebten Romans hat Nordalm die Krimi-Anleihen der Handlung in den Vordergrund gestellt: "Wir haben uns entschieden zu sagen: Es ist eine Art Dorf-Western", sagte die Regisseurin. Es gebe in dem Buch zwar Dialogmaterial, aber das sei im Verhältnis zu dem beschreibenden Material weniger.
"Das macht’s dann aber auch leichter zu sagen: Wir extrahieren das, was an dialogischem Material da ist, nutzen diese ganzen tollen Beschreibungen der Situationen und versuchen das einfach dreidimensional in den Theaterraum zu übertragen."

Juli Zeh: Unterleuten
Luchterhand Literaturverlag, München 2016, 12 Euro

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