Julia Franck über die Literaturnobelpreisträgerin

Annie Ernaux als Vorbild im Umgang mit Scham

05:50 Minuten
Schriftstellerin Julia Franck sitzt an einem Tisch mit einem aufgeschlagenen
Das Älterwerden mache es leichter über Scham zu schreiben, sagt die Schriftstellerin Julia Franck. © picture alliance / dpa / Monika Skolimowska
Moderation: Eckhard Roelcke |
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Wie Schriftstellerin Annie Ernaux hat Julia Franck viele persönliche Erfahrungen, auch schambehaftete, in ihre Literatur einfließen lassen. Ernauxs Art zu schreiben habe sie ermutigt, in ihren Texten mehr von sich zu zeigen.
Schon bevor sie Literatur von der französischen Schriftstellerin Annie Ernaux gekannt habe, habe sie Details ihrer Familiengeschichte in ihre Romane eingeflochten, sagt Julia Franck. Wie Ernaux – die nun mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde – schreibt Franck autofiktionale Bücher, etwa „Lagerfeuer“ oder zuletzt „Welten auseinander“ über ihre Kindheit als DDR-Flüchtling.

Politisches und zugleich poetisches Schreiben

Das Schreiben von Annie Ernaux habe sie beeinflusst, sagt Franck, die 2007 für ihren Roman „Die Mittagsfrau“ den Deutschen Buchpreis bekommen hat.
Ernaux habe sie mit ihrem sehr politischen und gleichzeitig poetischen Schreiben ungeheuer fasziniert, sei „eine Klasse für sich“. Wie streng und schonungslos Ernaux über Abgründiges wie Scham, Trauer oder die eigene Hässlichkeit schreibe, „das fand ich sehr befreiend“, sagt Franck. Dies habe sie auch ermutigt, weiter den Weg „in das eigene Bergwerk der Autofiktion“ zu suchen.

Älterwerden verringert die Scham

Als sie 2003 in „Lagerfeuer“ erstmalig über ihre Erfahrung im Flüchtlingslager schrieb, habe sie noch keine Figur gewählt, „die mir genau eins zu eins entspricht“. Damals habe noch die Scham, selbst ein Flüchtlingskind „aus dem Osten“ zu sein, zwischen den Figuren und ihr gestanden. Doch hier sei es im Laufe der Jahre zu einer Veränderung gekommen.
„Da kommt mir das Altern sehr entgegen", erklärt Julia Franck und fügt hinzu: "Ich gehöre zu den Menschen, die unglaublich gern älter werden, weil es mir einen anderen Umgang mit der Scham ermöglicht.“

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