Julia Franck: "Blaues Licht – Fragmente einer erhofften Begegnung"
Walther König Verlag, Köln 2017
92 Seiten, 7,80 Euro
Die Herzdame des Blauen Reiters
Eine kurze Begegnung in Berlin im Jahre 1912 – da funkte es zwischen Franz Marc und Else Lasker-Schüler. Aus diesem Stoff hat Julia Franck eine Geschichte gemacht. Besonders gereizt habe sie die "Befruchtung zweier Künstler aus so unterschiedlichen Bereichen", sagt die Autorin.
"Der Blaue Reiter präsentiert Eurer Hoheit sein blaues Pferd", so schrieb der Maler Franz Marc einst an die Dichterin Else Lasker-Schüler. Für sie malte und gestaltete Marc Postkarten, sie wiederum schickte ihm poetische Texte – zwischen beiden gab einen intensiven Austausch.
Die Schriftstellerin Julia Franck, bekannt geworden durch ihren Roman "Die Mittagsfrau", hat eine Geschichte über die beiden Künstler geschrieben und sie zugleich in unsere Zeit geholt: "Blaues Licht – Fragmente einer erhofften Begegnung". Der Text ist in Zusammenhang mit der Berliner und Münchner Ausstellung "Vermisst" entstanden, in der sich zeitgenössische Künstler mit Marcs verschollenem Gemälde "Der Turm der blauen Pferde" beschäftigen.
Erst ein Neujahrsgruß als Aquarell, dann ein Gemälde
Frank sprach im Deutschlandfunk Kultur über ihre Faszination an diesem Künstleraustausch unter erotischen Vorzeichen. Ihr sei früh klar geworden, dass dieses Bild einer zur damaligen Zeit von Marc umworbenen Frau gewidmet war – nämlich Else Lasker-Schüler. Sie lernten sich 1912 in Berlin kennen:
"Die erste Skizze zu diesem später entstehenden Gemälde malte er ihr als Aquarell auf einer Postkarte als Neujahrsgruß, wenige Wochen, nachdem sie den ersten Kontakt aufgenommen haben und sich das erste Mal für wenige Stunden in Berlin begegnet sind. Und diese sonderbare und nicht allzu häufige Befruchtung zweier Künstler aus so unterschiedlichen Bereichen, die war mir Anlass, einen Text zu schreiben, der zwar im Heute spielt, aber viele Elemente aus der damaligen Zeit mit aufnimmt: vor allem auch das Expressionistische, das Experimentelle, das Ausloten von Welt, von Ästhetik jenseits der tradierten Kunsthandwerke in der Malerei und in der Literatur."
"Die erste Skizze zu diesem später entstehenden Gemälde malte er ihr als Aquarell auf einer Postkarte als Neujahrsgruß, wenige Wochen, nachdem sie den ersten Kontakt aufgenommen haben und sich das erste Mal für wenige Stunden in Berlin begegnet sind. Und diese sonderbare und nicht allzu häufige Befruchtung zweier Künstler aus so unterschiedlichen Bereichen, die war mir Anlass, einen Text zu schreiben, der zwar im Heute spielt, aber viele Elemente aus der damaligen Zeit mit aufnimmt: vor allem auch das Expressionistische, das Experimentelle, das Ausloten von Welt, von Ästhetik jenseits der tradierten Kunsthandwerke in der Malerei und in der Literatur."
"Für mich ist Kunst auch immer Gegenwart"
Am Stilmittel des Hereinholens von Geschichte in die Gegenwart beschreibt Frank auch ihren eigenen künstlerischen Anspruch an literarisches Arbeiten:
"Für mich ist Kunst auch immer Gegenwart. Und beide Künstler waren solche, die den Augenblick, die Gegenwart gesucht haben. Und das Gegenwärtige ist für mich ganz entscheidend, um überhaupt zu so etwas wie einer gegenseitigen Befruchtung zu kommen. Da spielen natürlich Projektion, Vision und auch falsche Bilder eine ganz wichtige Rolle. Auch falsche Vorstellungen voneinander, auch Missverständnisse. Für mich ist Lasker-Schüler eine sehr zeitgenössische Figur, wenn ich mir ansehe, wie sie damals gearbeitet und auch gelebt hat."
"Für mich ist Kunst auch immer Gegenwart. Und beide Künstler waren solche, die den Augenblick, die Gegenwart gesucht haben. Und das Gegenwärtige ist für mich ganz entscheidend, um überhaupt zu so etwas wie einer gegenseitigen Befruchtung zu kommen. Da spielen natürlich Projektion, Vision und auch falsche Bilder eine ganz wichtige Rolle. Auch falsche Vorstellungen voneinander, auch Missverständnisse. Für mich ist Lasker-Schüler eine sehr zeitgenössische Figur, wenn ich mir ansehe, wie sie damals gearbeitet und auch gelebt hat."