"Ein wenig wie ein Gefängnis"
Seit zwei Jahren hält sich Wikileaks-Gründer Assange in der Londoner Botschaft Ecuadors auf - aus Furcht vor einer Auslieferung in die USA. Er schreibt an einem Buch.
Es ist ruhig geworden um Julian Assange. Nur noch selten versammeln sich Anhänger vor dem Viktorianischen Backsteingebäude in Kensington. Ihr Idol hat sich inzwischen einen grauen Vollbart zugelegt - das einst strohblonde Haar des 42-Jährigen ist schon länger weißgrau.
Es ist eine schwierige Umgebung, aber andere befinden sich in noch schwierigerer Lage, sagt er gegenüber der BBC.
"Natürlich würde ich diese Botschaft verlassen, es ist schon ein wenig wie ein Gefängnis, auch wenn die Leute hier toll sind. Aber wohin sollte ich gehen?"
Julian Assange sitzt seit zwei Jahren in einem Hinterzimmer in der Londoner Botschaft Ecuadors - in einer Hochparterrewohnung gleich hinter dem Luxuskaufhaus Harrods. Nachdem er, ohne dass je Anklage erhoben worden wäre, seit Dezember 2010 mit elektronischer Fußfessel unter Hausarrest gestanden und sein Auslieferungsverfahren auch in der dritten Instanz verloren hatte, flüchtete der gebürtige Australier am 19. Juni 2012 hierher. Seitdem wagt er nicht, das selbst gewählte Exil zu verlassen. Denn vor dem Gebäude schieben Bobbys rund um die Uhr Wache - ein Einsatz, der den Steuerzahler bislang weit mehr als sieben Millionen Euro gekostet hat. Scotland Yard ist angewiesen, Assange festzunehmen und an Schweden auszuliefern.
Vorwurf: sexuelle Nötigung und Vergewaltigung
"Sobald er schwedischen Boden berührt, wird er verhaftet und in Isolations-U-Haft genommen und kann vier Tage lang nur mit mir und meinem Co-Verteidiger reden,"
sagt Rechtsanwalt Per Samuelson, der Assange in Schweden gegen den Vorwurf sexueller Nötigung und Vergewaltigung verteidigt. Assange weist diese Beschuldigungen zurück und spricht von einer Verschwörung, die dazu diene, ihm und der Enthüllungsplattform Wikileaks zu schaden. Er fürchtet, dass er von Schweden an die USA ausgeliefert werden soll, damit ihm dort wegen der Veröffentlichung der geheimen US-Irakkriegsprotokolle der Prozess gemacht werden kann. Eine Furcht, die Rick Falkvinge von der schwedischen Piratenpartei für berechtigt hält.
"Schweden war offen gesagt immer das Schoßhündchen der USA und das ist nichts, worauf wir besonders stolz sind. Wenn die amerikanischen Behörden sagen: spring, fragt die schwedische Regierung: wie hoch?"
Angst vor einer Auslieferung
Nachdem der Wikileaks-Informant Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt worden ist und nach den Enthüllungen Edward Snowdens über das Ausmaß der Überwachung erscheinen manche Behauptungen Julian Assanges nicht länger als paranoide Übertreibung.
Nicht nur seine Fans, sondern auch Parlamentarier fragen sich, warum die schwedischen Strafverfolger nicht längst von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, Assange per Video oder in der Botschaft persönlich zu befragen; auch eine unmissverständliche Nichtauslieferungsgarantie Schwedens wäre ein Weg aus der Sackgasse oder gar die Versicherung der US-Behörden, Assange nicht anzuklagen.
Solange davon keine Rede ist, arbeitet Julian Assange weiter von seinem Hinterzimmer aus, liest, twittert, schreibt, hält sich mit Boxen fit, nimmt per Video an Debatten teil und sendet Botschaften in alle Welt:
"Der Westen wird zu einem Ort, wo die Besten und Klügsten, die die Regierungen zur Verantwortung ziehen, im Asyl oder Exil in anderen Ländern enden. Das haben wir früher in lateinamerikanischen Diktaturen gesehen und in der Sowjetunion und es wird Zeit, dass es aufhört."
Jennifer Robinson, seine britische Rechtsberaterin, sagt:
"Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der so gut mit einer solchen Menge Stress fertig wird. Er kümmert sich noch immer sehr um die Arbeit von Wikileaks. Er mag in der Botschaft gefangen sein, aber das stoppt ihn nicht."
Im Herbst will Julian Assange ein neues Buch veröffentlichen, das auf Gesprächen mit dem Google-Manager Eric Schmidt beruht.