Lamya Kaddor: Zum Töten bereit. Warum deutsche Jugendliche in den Dschihad ziehen
Piper Verlag, München
256 Seiten, € 14,99
"Verschämt wie kleine Jungs"
Hunderte junge Deutsche sind nach Syrien gereist, um sich den Kämpfern des Islamischen Staats anzuschließen. Vor allem aus Perspektivlosigkeit, sagt die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, denn in Deutschland fehle ihnen Akzeptanz und Orientierung.
Über 550 junge Deutsche sind bereits in den Dschihad nach Syrien gezogen. Auch fünf Schüler der Islamwissenschaftlerin und Religionslehrerin Lamya Kaddor waren dabei. Nun hat sie ein Buch geschrieben: "Zum Töten bereit". Darin untersucht sie, was in Deutschland aufgewachsene Jugendliche in den Glaubenskrieg treibt.
In Fall ihrer Schüler sei es die Perspektivlosigkeit gewesen, sagt Kaddor im Deutschlandradio Kultur.
"Das Verloren-Sein in dieser Umgebung, sich nicht angenommen fühlen - sich auch nicht richtig einbringen können."
Ursache dafür seien vermutlich die Vorbehalte der Menschen gegenüber dem vermeintlich Fremden. Bis zu einem gewissen Grad müssten diese Jugendlichen daher als "Opfer unserer Gesellschaft, unserer Politik, unserer Bildungspolitik" angesehen werden. Diese habe versäumt, den jungen Menschen Akzeptanz und Orientierung zu geben.
Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland habe sie mit einigen der Schüler über deren Erfahrungen im Dschihad sprechen können, so die Religionslehrerin. Sie hätten schnell gemerkt, dass die Situation in Syrien nicht so sei, wie man sie ihnen erklärt habe und dort nicht Gut gegen Böse kämpfe.
"Sie merkten alle relativ rasch 'Oh, das ist doch nichts für uns, wir wollen doch lieber zurück'."
Anfangs hätten sie gar nicht mit ihrer ehemaligen Lehrerin darüber sprechen wollen, erzählt Kaddor. "Die waren sehr peinlich berührt" und "fast schon verschämt wie kleine Jungs".