Ärztin wegen Werbung für Abtreibung verurteilt
Eine hessische Ärztin ist wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verurteilt worden. Die Juristin Ulrike Lembke vom Deutschen Juristinnenbund hält den entsprechenden Paragrafen für verfassungswidrig.
Ein Schwangerschaftsabbruch ist unter bestimmten Bedingungen rechtmäßig. Ein Hinweis, dass man einen solchen vornimmt, aber verboten: Eine Rechtslage, "die schwer nachzuvollziehen ist", sagt Ulrike Lembke, Juristin an der Fernuniversität Hagen.
Ärztinnen werden kriminalisiert
Doch genau so sieht es deutsches Recht bisher vor: Der Paragraf 219a verbietet Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch. Er bestehe schon lange, seit den 30er-Jahren, habe aber eine Art "Schattendasein geführt", ohne dass man sich "darüber Gedanken gemacht habe, was man hier eigentlich tut", sagt Lembke. "Nämlich dass man Ärztinnen und Ärzte für eine ganz bestimmte medizinische Dienstleistung, die nur Frauen brauchen, in einer spezifischen Weise kriminalisiert."
Die Sorge, eine Aufhebung des Werbeverbots könne zu einer Kommerzialisierung und Normalisierung von Abtreibungen führen, könne sie nicht nachvollziehen. Dieses Argument sei "sehr weit von der Realität weg". Denn internationale Studien würden zeigen: Ein Verbot des Schwangerschaftsabbruchs senkte nicht etwa die Zahl der Abtreibungen, "sondern macht diese illegal und gefährlicher. Und da ist es mir allemal lieber, Frauen wissen, wo sie zu einer guten Ärztin, einem guten Arzt gehen und machen das dort."
Hinweis auf entsprechende Dienste schon strafbar
In dem aktuellen Fall, der vor dem Amtsgericht Gießen, verhandelt wurde, musste sich eine Allgemeinmedizinerin verantworten, weil sie auf ihrer Internetseite eine Datei bereitgestellt hatte, in der allgemeine Informationen über Abtreibungen mit dem Hinweis auf entsprechende Dienste in ihrer Praxis verbunden wurden.
Dies wird nach Auslegung des Paragraf 219a bereits als Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch gewertet. Das Gericht erklärte die Ärztin für schuldig und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro.
Der Fall hat mittlerweile auch für politische Reaktionen gesorgt. Die SPD-Bundestagsfraktion forderte eine schnelle Streichung des Paragrafen, die FDP-Bundestagsfraktion sprach sich für eine Änderung aus.
(lk)