Die Soziologin Jutta Allmendinger, geboren 1956 in Mannheim, leitet seit 2007 das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Zuvor war sie Direktorin des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. In ihrer Forschung befasst sich Allmendinger vor allem mit der Frage, wie die Lebensverläufe der Menschen durch Institutionen, etwa der Bildung, des Arbeitsmarktes, aber auch des Wohlfahrtsstaates, geprägt werden.
"Erwerbsarbeit ist ein gesellschaftliches Gut"
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Wie werden wir in der Arbeitswelt 4.0 arbeiten? Hoffentlich mit mehr Bildung für alle, sagt die Soziologin Jutta Allmendinger. Denn Bildungsarmut verbaue noch immer vielen Deutschen Chancen auf eine Zweit- oder Drittkarriere im mittleren Alter.
Heute ist deutscher Arbeitgebertag. Wirtschaftsbosse sitzen zusammen, um über die Zukunft der Arbeit zu reden. Unser Studiogast, die Soziologin Jutta Allmendinger, hat sich ihr ganzes Wissenschaftlerinnenleben lang mit der Frage beschäftigt, wie die Lebensverläufe der Menschen durch Institutionen - der Bildung, des Arbeitsmarktes, aber auch des Wohlfahrtsstaates - geprägt werden. Ihr Schlüsselwort für die Zukunft der Arbeit lautet: Bildung. Und in diesem Zusammenhang: die Bekämpfung von Bildungsarmut.
Noch immer gelten etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung als bildungsarm und damit als zu schlecht qualifiziert, um beruflich flexibel auf neue Entwicklungen des Arbeitsmarktes reagieren zu können. Neben dem Kampf gegen diese Bildungsarmut gelte es, "endlich auch etwas für eine zweite und dritte Bildung zu tun. Also, für die Öffnung der Schulen – um wieder reinzukommen – und für die Öffnung der Hochschulen."
Deutschland hat viel aufzuholen
Aus Allmendingers Sicht hat Deutschland hier noch großen Nachholbedarf. Für solche Angebote für Berufstätige gebe es in Deutschland nicht einmal einen feststehenden Begriff. "Wir müssen zu dem kommen, was andere Länder uns schon lange vormachen: Wir müssen die Ausbildungsstätten auch für Menschen öffnen, die 40, die 45 sind, um tatsächlich einen neuen Job, ein neues Tätigkeitsspektrum zu erlernen."
Als Hochschullehrerin an verschiedenen Universitäten sei ihre Erfahrung über Jahrzehnte stets die gleiche gewesen: Ihre Studierenden seien entweder ganz jung oder schon im Rentenalter – Studierwillige im mittleren Alter aber gebe es kaum. Und genau diese Lücke – dieses Problem – müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam angehen.
Die Firma als wichtiger Ort der Begegnung
Weitere wichtige Themen im Zusammenhang mit Erwerbsarbeit seien die Arbeitsbelastung und die Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben. Als Arbeitnehmer komme man sehr wohl gegen eine scheinbar endlose Ausdehnung der Arbeitszeit an, auch wenn man im Home Office arbeite. Dazu gebe es klare Regelungen in den Tarifverträgen, die etwa Zeiten der Erreichbarkeit festlegen.
Jutta Allmendinger hält eine ausgewogene Mischung aus Heimarbeit und Präsenzphasen für wünschenswert. Präsenzpflichten seien wichtig, "weil damit natürlich auch ein Ort der Begegnung geschaffen wird." Denn die Gesellschaft breche immer weiter auseinander. "Und wenn man die Leute fragt: Wo trifft man überhaupt noch fremde Menschen? Dann ist das die Erwerbsarbeit. Und das ist nicht nur ein individuelles, sondern ein massiv gesellschaftliches Gut."
(mkn)
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