Der schnellsprechende Störenfried
Dieter Hildebrandt galt als einer der einflussreichsten Kabarettisten in Deutschland: Er gründete 1956 die Münchner Lach- und Schießgesellschaft, die seither zu einer Institution des deutschen politischen Kabaretts aufstieg.
Der Kabarettist Dieter Hildebrandt ist tot. Er starb in der Nacht zu Mittwoch in einem Münchner Krankenhaus im Alter von 86 Jahren. Erst am Dienstag war bekanntgeworden, dass Hildebrandt an Krebs erkrankt war. Er lag nach Angaben seines engen Freundes Dieter Hanitzsch auf der Palliativstation. Hildebrandt prägte das politische Kabarett in Deutschland über Jahrzehnte.
Er sei im Kreis seiner Familie gestorben, teilten seine Frau Renate und wenig später auch die Münchner Lach- und Schießgesellschaft mit, deren Mitbegründer Hildebrandt war. "Bis zum Schluss hatte er Pläne, hatte gekämpft und wollte sich im Dezember auf der Bühne der Münchner Lach- und Schießgesellschaft von seinem Publikum verabschieden. Er hätte uns noch so viel zu sagen gehabt. Wir trauern mit seiner Familie um einen wunderbaren Menschen, lieben Freund, Förderer und eine moralische Instanz", schrieb die Gesellschaft auf ihrer Internetseite.
Hildebrandt war einer der bekanntesten Kabarettisten der Bundesrepublik, war bis 2003 jahrelang das Gesicht der ARD-Sendung "Scheibenwischer". Auch für Helmut Dietls Kult-Serie "Kir Royal" stand Hildebrandt als Fotograf "Herbie" an der Seite von "Baby Schimmerlos" (Franz-Xaver Kroetz) vor der Kamera.
Für die Kino-Fortsetzung "Zettl" übernahm er die Rolle noch einmal. Bis 1980 liefen Hildebrandts "Notizen aus der Provinz" im ZDF, nach einer im Wahljahr erzwungenen Sendepause wechselte er zum Sender Freies Berlin.
Durch Schauspielergenossenschaftsprüfung gefallen
Hildebrandt wurde im schlesischen Bunzlau geboren und begann nach dem Zweiten Weltkrieg ein Studium in München, wo er seither lebte. Er entdeckte zunächst die Liebe zur Schauspielerei, doch bei der sogenannten Schauspielergenossenschaftsprüfung fiel er durch. Zusammen mit Sammy Drechsel gründete er nach seinen Intermezzi als Platzanweiser und als Mitglied in einem Studentenkabarett 1956 die Münchner Lach- und Schießgesellschaft.
Die Diagnose Prostatakrebs hatte er nach Informationen der Münchner Zeitung "tz" erst im Sommer bekommen. Er sagte daraufhin alle Auftritte ab. Nachdem sich sein Zustand vor wenigen Wochen gebessert hatte, durfte er zunächst nach Hause. Dann habe es aber einen schweren Rückschlag gegeben und er sei erneut in die Klinik gekommen.
Zuletzt hatte Hildebrandt sich den neuen Medien geeöffnet und mit dem Web-Format "Stoersender.tv" das politische Kabarett neu erfunden. Auf der Webseite schreiben seine Kollegen zum Abschied: "Spiel, Satz und Sieg für Hildebrandt. Was für ein Leben! Danke, lieber Dieter, für alles."
Der Bayerische Rundfunk veröffentlichte ein Zitat von Hildebrandt zur ARD-Themenwoche "Glück": "Glück ist vergänglich. So schnell vergänglich, dass man im Glück schon ein Bedauern spürt - man hat es gehabt, man kann es nicht wiederholen."
Programmhinweis: Hören Sie zum Tode von Dieter Hildebrandt auch ein Gespräch mit Werner Schneyder. Er war ein langjähriger Wegbegleiter Hildebrandts.
Quelle: dpa/mcz