Denkmalbauer für die Menschen im Pott
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Authentisch über den Ruhrpott erzählen, das ist ein Markenzeichen von Frank Goosen. In seinem neuen Buch hat der Bochumer Kabarettist und Autor sich nach Berlin gewagt und dabei entdeckt: Die Menschen dort und in seiner Heimat eint der Galgenhumor.
"Ich sag immer: Die Tatsache, dass ich aus Bochum nie dauerhaft rausgekommen bin, verrät mehr über mich als über die Stadt", sagt der Kabarettist und Autor Frank Goosen. Er sei der Gegend, in der er aufgewachsen ist, immer verhaftet geblieben. Vielleicht habe auch eine gewisse Angst eine Rolle gespielt. Er sei nicht der Typ, der das Risiko suche.
Endlich literarisch den 9. November 1989 erleben
Auch in seiner künstlerischen Arbeit spielt seine Herkunft eine wichtige Rolle. Ob die Hauptfiguren in seinen Büchern Mücke, Pommes oder Spüli heißen, Goosen hat den Menschen im Ruhrgebiet ein Denkmal gesetzt. Zwölf Bücher sind von dem umtriebigen Autor bisher erschienen, darunter "Liegen lernen" und "Radio Heimat", die beide verfilmt wurden. Daneben hat der Kabarettist unzählige Bühnenauftritte absolviert.
In seinem jüngsten Roman "Kein Wunder" erzählt der 53-Jährige eine Ost-West-Liebesgeschichte zwischen Bochum und Berlin kurz vor dem Mauerfall aus der Sicht dreier junger Männer aus dem Ruhrpott. Für ihn war die Arbeit an dem Buch auch eine Möglichkeit, nach 30 Jahren - zumindest literarisch - den 9. November 1989 zu erleben: "Den habe ich damals nämlich im wahrsten Sinne des Wortes mehr oder weniger verpennt."
Berlin hat dem Pott "ein bisschen das Wasser abgegraben"
Es sei ja immer schwierig mit kontrafaktischen Überlegungen, sagt Frank Goosen im Deutschlandfunk Kultur. Aber ganz von der Hand zu weisen findet der Autor die Überlegung nicht, dass die Entwicklung im Ruhrgebiet eine andere gewesen wäre ohne den Fall der Mauer.
"In den 80er-Jahren hat sich ja im Ruhrgebiet unheimlich viel verändert, es ist viel aufgebrochen. Das alte Ruhrgebiet ist immer mehr dahingegangen, so habe ich das erlebt." Und gerade als das Ruhrgebiet dabei war "so ein bisschen cool zu werden", kam der Mauerfall.
"Berlin, das ohnehin schon eine Anziehungskraft auf Künstler hatte, auf Intellektuelle, auf Leute, die sich einfach vor der Bundeswehr verstecken wollten, das wurde dann noch spannender und hat dem Ruhrgebiet noch ein bisschen das Wasser abgegraben."
Galgenhumor als verbindendes Element
Aber Berlin und Bochum – liegen dazwischen nicht ohnehin Welten, nicht nur die über 500 Kilometer, die beide Städte voneinander trennt? Im Gegenteil, findet Frank Goosen. Er hat sogar einige Parallelen gefunden.
"Beide Regionen stehen in dem Ruf – und nicht ganz zu Unrecht – nicht vordergründig freundlich zu sein. In beiden kann man ganz gut auch ruppig vorankommen. Die Leute sind einigermaßen ehrlich, wobei es über Berlin manchmal heißt, die seien hinterrücks dann ein bisschen hinterhältig. Das kann einem im Ruhrgebiet aber auch passieren. Aber der Galgenhumor, mit dem man das Leben nimmt, ist in beiden Gegenden sehr weit verbreitet."
Viel Galgenhumor braucht Frank Goosen wohl auch, wenn es um seine Liebe zum Fußball geht. Er ist Anhänger vom VfL Bochum, da muss man leiden können. Sieben Jahre saß er sogar im Aufsichtsrat beim VfL. Eher um kluge und kreative Gedanken geht es in der Deutschen Akademie für Fußballkultur. Hier ist Goosen Mitglied und wählt mit einer Jury jährlich den besten Fußballspruch des Jahres.