Besorgt über Rechtsextreme und Homophobie
19:48 Minuten
Die Kabarettistin Idil Baydar alias Jilet Ayse genießt den Sommer in Kreuzberg und macht sich dennoch Sorgen: zum Beispiel über die schleppende Aufklärung von Rechtsradikalismus bei der Polizei und über Homophobie in Europa.
Die Kreuzbergerin und "Gettolektuelle" Jilet Ayse hat gerade Urlaub. Ihre Schöpferin, die Kabarettistin und Comedienne Idil Baydar, aber ist auf ihrem sommerlichen Balkon ansprechbar. Deshalb bildet das Gespräch mit ihr den Auftakt zu einer lockeren Serie von Sommerinterviews mit gern gesehenen und gehörten "Kompressor"-Gästen.
Optimistischer Blick Richtung Herbst
Die letzten ruhigen Monate habe sie aber genutzt, um neue Projekt zu verfolgen, berichtet sie: ihr Buch und ein neues Showprogramm, zum Beispiel. Ihr Blick Richtung Herbst sei "optimistisch – aber eine kleine Restangst bleibt".
Auch während der Sommerferien kreisen Baydars Gedanken um Themen, die ihr auf der Seele liegen. Etwa die mit "NSU 2.0" unterzeichneten Drohbriefe mit Morddrohungen, die seit 2018 an 32 verschiedene Adressaten und 60 Institutionen in Deutschland und Österreich verschickt wurden.
Aufklärung der "NSU 2.0"-Drohbriefe ist schleppend
Baydar ist verärgert und enttäuscht, dass die Aufklärung so schleppend vorangeht. "Was ich mir wünsche, ist keine Schändung und Scham und Schuld, sondern ich wünsche mir Aufklärung. Und eventuell bin ich auch sehr naiv, wenn ich mir denke: Da gibt es auch Polizisten, die sagen, hey, wir wollen eine vernünftige Polizei haben. Und wir möchten nicht, dass diese Leute unser Aushängeschild werden."
Gewalt gegen die LGBT-Community
All diese Vorkommnisse – Anschläge und versuchte Anschläge, Nazi-Chats – und die Tatsache, dass vieles weiterhin im Dunkel liege, weckten bei ihr das Gefühl: "Es ist so, als ob man mit Betäubten zu tun hat, die einfach nicht in der Lage sind, richtig zu reagieren."
Ein weiteres Thema, das die Kabarettistin beschäftigt, sind europaweite Diskriminierungen und Gewalttaten gegen die LGBT-Community. Die Nachricht, ein junger Schwuler in Spanien sei Opfer eines Hassverbrechens und Mordes geworden, schockiere sie und mache sie sehr traurig. Es sei beschämend, dass so etwas in Europa heute noch passiere.
Regenbogen im Firmenlogo
Sie begrüßt, dass Unternehmen während der Fußball-EM – als Reaktion auf eine neue LGBT-feindliche Gesetzeslage in Ungarn und homophobes Verhalten von ungarischen Fußballfans – demonstrativ die Regenbogenfarben in ihr Logo aufgenommen hätten.
Entscheidend sei allerdings, wie nachhaltig solche Bekenntnisse seien – oder ob die Unternehmen diese nur als kurzfristiges Fahrwasser nutzten.
(mkn)