Auftritt abgesagt - aus Sorge vor Protesten
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Die Kabarettistin Lisa Eckhart wird für angeblich antisemitische Klischees in ihrem Programm kritisiert. Das Hamburger Harbour Front Literaturfestival hat sie ausgeladen – aber nicht, um ihr den Mund zu verbieten, sagt Festivalleiter Nikolaus Hansen.
Eigentlich sollte die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart im Rahmen des Harbour Front Literaturfestivals in Hamburg zu einem Wettbewerb um den besten Debütroman antreten. Nun ist sie aber ausgeladen worden. Der Grund sind Sicherheitsbedenken des Betreibers des "Nochtspeichers" im links-alternativen Viertel St. Pauli. Dort sollten die Lesungen stattfinden.
Lisa Eckhart wird von Kritikern vorgeworfen, rassistische und antisemitische Klischees zu bedienen. Stein des Anstoßes ist ein Kabarettprogramm, das im WDR lief.
Der "Nochtspeicher" habe deshalb konkrete Drohungen vom Schwarzen Block erhalten und habe nun "Angst vor rabiater Gewalt", berichtet Nikolaus Hansen, einer der Leiter des Literaturfestivals. In St. Pauli sei der Schwarze Block sehr präsent, er könne unter Umständen dem "Nochtspeicher" das Leben schwer machen. Die Betreiber verzichteten bewusst auf Polizeischutz, um nicht zu provozieren.
Unverhältnismäßige Aufmerksamkeit
Zudem haben Autoren sich im Vorfeld des Festivals geweigert, zusammen mit Lisa Eckhart im "Debütantensalon" aufzutreten. Hansen sagt, er und seine Kollegen hätten Lisa Eckhart vor diesem Hintergrund gebeten, von sich aus auf eine Teilnahme zu verzichten. "Wir haben gesagt: Bitte, verzichte, sonst können wir keinen ‚Debütantensalon‘ abhalten. Denn wir können nicht wegen einer Autorin den ganzen Wettbewerb in eine andere Location verlegen. Das kriegt dann eine so unverhältnismäßige Aufmerksamkeit, dass ein fairer Wettbewerb nicht möglich wäre."
Das Ganze sei eine hochkomplexe Gemengelage. Hansen betonte, es gehe nicht darum, "Frau Eckhart den öffentlichen Raum zu verweigern" oder ihr gar "den Mund zu verbieten". Sie trete vor dem Festival andernorts in Hamburg auf, um ihr Buch vorzustellen: "Aber es ist völlig inakzeptabel, dass die Gewaltandrohung uns dazu zwingt, eine Veranstaltung abzusagen."
(mkn)
Außerdem sprachen wir mit dem Verleger Herbert Ohrlinger, der am 17. August Lisa Eckharts Roman "Omama" im Wiener Zsolnay Verlag veröffentlicht. Er verstehe zwar "bis zu einem gewissen Grad die schwierige Situation, in die die Veranstalter aufgrund der Bedrohung gebracht worden sind". Allerdings sei auch schon bei Bekanntgabe der Shortlist bekannt gewesen, dass Eckhart "eine polarisierende Künstlerin" sei, zumal ihr Roman nach den Aufregungen im Mai 2020 um Eckharts Person nominiert worden sei. Dass Lisa Eckhart angefragt wurde, von sich aus auf eine Nomininerung zu verzichten, hält Ohrlinger für befremdlich: Dies bedeute "nichts anderes, als dass man vor einer Minderheit, die Gewalt androht, in die Knie geht. Das widerspricht eigentlich jedem Konzept einer freien kulturellen Ausübung."
Hören Sie hier das Gespräch in voller Länge:
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