Sie macht Hasskommentare zu Liebeslyrik
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Die Kabarettistin und Autorin Sarah Bosetti ist die diesjährige Preisträgerin des "Salzburger Stiers". Die Gala lief jedoch anders ab als in den Vorjahren.
Es war die vielleicht ungewöhnlichste Preisverleihung in der fast 40-jährigen Geschichte des Salzburger Stiers.
Der Musikkabarettist Martin Zingsheim, Moderator des Abends und selbst Stierpreisträger 2016, eröffnete den internationalen Radio-Kabarettpreis im leeren Kammermusiksaal des diesjährigen Gastgebers Deutschlandfunk. Die ursprünglich vor Publikum geplante Veranstaltung musste aufgrund der Maßnahmen gegen Corona ohne Zuschauerinnen und Zuschauer auskommen.
Auch die deutsche Preisträgerin Sarah Bosetti, der Sieger aus Österreich, Florian Scheuba, und Renato Kaiser aus der Schweiz waren lediglich zugeschaltet – aus Studios in Zürich, Berlin und Wien.
Der Preis als ein Form von Wertschätzung
Auf eine standesgemäße Feier mussten die drei trotz allem nicht verzichten. In einer über zweistündigen Radiogala, die von allen beteiligten Radioanstalten noch ausgestrahlt wird, stellte Martin Zingsheim die Preisträgerinnen und Preisträger in Interviews vor, präsentierte Ausschnitte aus deren Programmen und hielt Laudationen. Für Sarah Bosetti sogar in Form eines extra komponierten Liedes.
Die Autorin und Kabarettistin bedauerte zwar, dass das ursprünglich geplante dreitägige Kabarettfest durch Corona nicht stattfinden konnte, über den Preis, den schon renommierte Künstler wie Hanns Dieter Hüsch und Dieter Hildebrandt bekamen, freute sie sich trotz allem sehr:
"Ich finde das großartig, den Preis zu kriegen, weil er ja auch eine Form von Wertschätzung ist. Und ich finde das toll, meine Arbeit so zu machen, und zwar nicht als Bewerbung auf einen Preis, sondern sie eben einfach zu machen und dann kommen Menschen an und sagen, wir finden das so gut, dass wir Dir da einen Preis dafür geben wollen und dann eben auch noch so einen renommierten Preis wie den Salzburger Stier, das ist großartig."
"Christian Drosten ist ein cooler Typ"
Ausgezeichnet wurde Sarah Bosetti von der Fachjury des Salzburger Stiers für ihre ebenso inhaltlich relevanten wie stilistisch originellen Texte. So verwandelte sie zu Beispiel Hasskommentare aus dem Internet in Liebeslyrik und für ihre aktuellen Kolumnen, aus denen sie in der Radio-Gala auch Ausschnitte präsentierte. Zum Beispiel aus ihrer Post an Christian Drosten:
"Lieber Herr Drosten, ich schreibe Ihnen, um Machtmissbrauch vorzuschlagen. Nein, nicht vorzuwerfen, vorzuschlagen. Ich bin dafür. Unsere Gesellschaft scheint sich auf nichts einigen zu können, außer darauf: Christian Drosten ist ein cooler Typ. Die Politik hört auf Sie, halb Twitter macht Ihnen Heiratsanträge und Leute zahlen für Ihren Podcast beim NDR gerne ihre Rundfunkgebühren. Sie haben ein kleines bisschen Weltherrschaft. Machen Sie was draus."
Die Preisverleihung des internationalen Radiokabarettpreises, aufgezeichnet im Kammermusiksaal des Deutschlandfunks in Köln, können Sie hier in voller Länge hören.