Kämpfer gegen das Abstrakte
Karl Hofer (1878-1955) orientierte sich in seiner Malerei zunächst an den klassischen Formen, näherte sich in den 1920er Jahren dem Expressionismus an. Sein Spätwerk ist von einer düsteren Thematik durchzogen. Im Kunstverein Talstraße in Halle sind nun erstmals seit 30 Jahren wieder Ölgemälde sowie druckgrafische Arbeiten Hofers zu sehen.
Es hat lange gedauert, ehe das Werk Karl Hofers wieder entdeckt wurde. Dass es heute überhaupt in seiner überragenden Bedeutung gewürdigt wird, ist dem Ende des Kalten Krieges zu verdanken. Zu Zeiten des Ost-West-Konflikts, der auch und gerade auf dem symbolischen Feld der Kunst ausgetragen wurde, konnte es Hofers strenge und überaus vielschichtige Malerei keiner Seite recht machen, weder der konservativen noch der fortschrittlichen. Sein Werk war, wie der Mensch Karl Hofer, völlig eigenständig und hielt sich von jeder Mode fern. Erst gegen Ende der achtziger Jahre setzte sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass Hofers Werk sich jeder allzu engen Einordnung widersetzt, dass es weder eindeutig gegenständlich noch abstrakt ist.
"Wir zeigen Hofer hier in Halle natürlich auch, weil er ein Maler war, der sich in keine Ecke und keine Richtung hat drängen lassen, eben auch wie sein Schüler Ernst Wilhelm Nay. Er hat sich keiner Gruppe untergeordnet. Und er hat sich eben auch keinem Regime untergeordnet. Er ließ sich dem Sozialistischen Realismus nicht zuordnen, weil er dann doch zu abstrakt wieder für den Osten war – und durch diese Debatte, die dann entstanden ist, dieser Grohmann-Streit, ließ er sich auch nicht wirklich von den Abstrakten vereinnahmen. Also er hat sich niemandem unterworfen und ist durch diese Thematik, sich als Künstler zwischen die Ideologien zu stellen, heutzutage immer noch ganz genau so interessant und spannend."
Sagt Christin Müller-Wenzel, die Kuratorin der Hallenser Ausstellung zum Werk Karl Hofers.
Der öffentliche, über Zeitungen ausgetragene Streit Karl Hofers mit Will Grohmann, seinerzeit einem der bekanntesten Kunstkritiker und kampfeslustiger Verfechter der abstrakten Kunst, fand im Jahr 1955 statt, dem Todesjahr Hofers. Dieser Streit zog damals weite Kreise – denn der Kampf Figuration versus Abstraktion beherrschte damals die gesamte westliche Kunstszene und führte nicht zuletzt auch zur Distanzierung seines einstigen Schülers Ernst Wilhelm Nay von Hofer – aber gerade aus heutiger Sicht ist er signifikant.
Grohmann ereiferte sich damals über die "geradezu rätselhafte Hasspsychose" Hofers gegenüber der "Kunst der Gegenwart", während Hofer seinerseits die Abstrakten als "Sekte" und die Unterscheidung einer gegenständlichen und ungegenständlichen Kunst als absurd bezeichnete. Mit diesem letzten Satz war Hofer seiner Zeit offenkundig weit voraus.
"Er wurde nicht verkannt, denn er ist bis zum Ende ja auch weiterhin Professor an der Akademie der Künste geblieben. Man hat ihn durchaus geschätzt, er hat sehr viele Preise gewonnen, er ist ja international bekannt gewesen. Dieser Streit hat ihm dennoch seelisch sehr zugesetzt, aber geschadet hat es ihm vielleicht doch auch ein bisschen, indem man ihn dann ein wenig vergessen hat."
Nach über 30 Jahren ist nun das Werk Karl Hofers wieder in einer Einzelausstellung in Halle zu sehen. So unscheinbar der Anlass – in seiner historischen Bedeutung kann er doch nicht hoch genug eingeschätzt werden. Karl Hofer und Halle, Karl Hofer und der einst sozialistische Osten – das ist eine Beziehung, in der viele Versäumnisse des letzten Jahrhunderts symbolisch abgearbeitet werden können.
Der gebürtige Karlsruher, der in Westberlin lehrte und im Tessin lebte, hatte in Ostdeutschland viele Anhänger, gerade weil seine kraftvoll-karge, reduziert-dunkle Malerei, die mitunter entfernt an Max Beckmann erinnert, nie realistisch, schon gar nicht sozialistisch, aber eben auch nie ganz abstrakt war. Wie Beckmann hatte Hofer in der Nazizeit zu den entarteten Künstlern gezählt, wie Willi Baumeister hatte er diese Zeit in der inneren Emigration überdauert. In Halle fand er eine große Nachfrage.
"Es gab in Halle hier die Galerie Henning, die von 1947 bis 61 eigentlich die großen Expressionisten und auch damals zeitgenössischen Künstler wie Braque, Picasso, dann auch Pechstein und Schmidt-Rottluff und eben Hofer hier in Halle gezeigt hat, und Hofer gab es allein in fünf Ausstellungen hier in der Galerie zu sehen, und das war natürlich für die jungen Künstler hier an der Akademie ein Eindruck."
Die Galerie Henning wurde jedoch 1961 wegen politischer Unbotmäßigkeit geschlossen, Hofer als "parteilich ungefestigter" Künstler in der DDR offiziell geschmäht. Die Ausstellung von 1979, die Hofers Werk ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod nach Halle zurückholte, blieb eine Ausnahme.
Hofers Rückkehr in die Stadt steht heute unter einem anderen Stern. Sie lag in der Luft: In diesem Jahr der großen Bilanzausstellungen wie "Kunst und Kalter Krieg" in Berlin reiht sie sich ein in die Überarbeitung einer Kunstgeschichte, die sich bis heute noch nicht von den ideologischen Wertungen des Kalten Krieges ganz befreit hat. Das Werk des westdeutschen Malers Karl Hofer steht damit symbolisch auch für eine grundsätzliche Neubewertung der ostdeutschen Malerei der letzten sechzig Jahre.
"Wir zeigen Hofer hier in Halle natürlich auch, weil er ein Maler war, der sich in keine Ecke und keine Richtung hat drängen lassen, eben auch wie sein Schüler Ernst Wilhelm Nay. Er hat sich keiner Gruppe untergeordnet. Und er hat sich eben auch keinem Regime untergeordnet. Er ließ sich dem Sozialistischen Realismus nicht zuordnen, weil er dann doch zu abstrakt wieder für den Osten war – und durch diese Debatte, die dann entstanden ist, dieser Grohmann-Streit, ließ er sich auch nicht wirklich von den Abstrakten vereinnahmen. Also er hat sich niemandem unterworfen und ist durch diese Thematik, sich als Künstler zwischen die Ideologien zu stellen, heutzutage immer noch ganz genau so interessant und spannend."
Sagt Christin Müller-Wenzel, die Kuratorin der Hallenser Ausstellung zum Werk Karl Hofers.
Der öffentliche, über Zeitungen ausgetragene Streit Karl Hofers mit Will Grohmann, seinerzeit einem der bekanntesten Kunstkritiker und kampfeslustiger Verfechter der abstrakten Kunst, fand im Jahr 1955 statt, dem Todesjahr Hofers. Dieser Streit zog damals weite Kreise – denn der Kampf Figuration versus Abstraktion beherrschte damals die gesamte westliche Kunstszene und führte nicht zuletzt auch zur Distanzierung seines einstigen Schülers Ernst Wilhelm Nay von Hofer – aber gerade aus heutiger Sicht ist er signifikant.
Grohmann ereiferte sich damals über die "geradezu rätselhafte Hasspsychose" Hofers gegenüber der "Kunst der Gegenwart", während Hofer seinerseits die Abstrakten als "Sekte" und die Unterscheidung einer gegenständlichen und ungegenständlichen Kunst als absurd bezeichnete. Mit diesem letzten Satz war Hofer seiner Zeit offenkundig weit voraus.
"Er wurde nicht verkannt, denn er ist bis zum Ende ja auch weiterhin Professor an der Akademie der Künste geblieben. Man hat ihn durchaus geschätzt, er hat sehr viele Preise gewonnen, er ist ja international bekannt gewesen. Dieser Streit hat ihm dennoch seelisch sehr zugesetzt, aber geschadet hat es ihm vielleicht doch auch ein bisschen, indem man ihn dann ein wenig vergessen hat."
Nach über 30 Jahren ist nun das Werk Karl Hofers wieder in einer Einzelausstellung in Halle zu sehen. So unscheinbar der Anlass – in seiner historischen Bedeutung kann er doch nicht hoch genug eingeschätzt werden. Karl Hofer und Halle, Karl Hofer und der einst sozialistische Osten – das ist eine Beziehung, in der viele Versäumnisse des letzten Jahrhunderts symbolisch abgearbeitet werden können.
Der gebürtige Karlsruher, der in Westberlin lehrte und im Tessin lebte, hatte in Ostdeutschland viele Anhänger, gerade weil seine kraftvoll-karge, reduziert-dunkle Malerei, die mitunter entfernt an Max Beckmann erinnert, nie realistisch, schon gar nicht sozialistisch, aber eben auch nie ganz abstrakt war. Wie Beckmann hatte Hofer in der Nazizeit zu den entarteten Künstlern gezählt, wie Willi Baumeister hatte er diese Zeit in der inneren Emigration überdauert. In Halle fand er eine große Nachfrage.
"Es gab in Halle hier die Galerie Henning, die von 1947 bis 61 eigentlich die großen Expressionisten und auch damals zeitgenössischen Künstler wie Braque, Picasso, dann auch Pechstein und Schmidt-Rottluff und eben Hofer hier in Halle gezeigt hat, und Hofer gab es allein in fünf Ausstellungen hier in der Galerie zu sehen, und das war natürlich für die jungen Künstler hier an der Akademie ein Eindruck."
Die Galerie Henning wurde jedoch 1961 wegen politischer Unbotmäßigkeit geschlossen, Hofer als "parteilich ungefestigter" Künstler in der DDR offiziell geschmäht. Die Ausstellung von 1979, die Hofers Werk ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod nach Halle zurückholte, blieb eine Ausnahme.
Hofers Rückkehr in die Stadt steht heute unter einem anderen Stern. Sie lag in der Luft: In diesem Jahr der großen Bilanzausstellungen wie "Kunst und Kalter Krieg" in Berlin reiht sie sich ein in die Überarbeitung einer Kunstgeschichte, die sich bis heute noch nicht von den ideologischen Wertungen des Kalten Krieges ganz befreit hat. Das Werk des westdeutschen Malers Karl Hofer steht damit symbolisch auch für eine grundsätzliche Neubewertung der ostdeutschen Malerei der letzten sechzig Jahre.