Käsekrieger
In Frankreich sprach man vom Käsekrieg, genauer gesagt vom Camembert-Krieg, der seit über einem Jahr zwischen einigen Familienbetrieben und der Öffentlichkeit auf der einen und zwei Molkereikonzernen (Lactalis und Isigny-Sainte-Mère) auf der anderen Seite tobt. Jetzt ist er entschieden - zumindest in der ersten Runde, zugunsten der Kleinunternehmer.
Um was wurde da so erbittert gekämpft? Die einen sagen um Marktanteile, die anderen um das kulturelle Erbe der Menschheit. Zwei große französische Molkereien wollten die Qualitätsstandards für Camembert ändern lassen – aber weiterhin das Gütesiegel AOC (Appellation d’Origine Controlée) tragen. Dagegen liefen die noch verbliebenen fünf Kleinbetriebe Sturm, deren wirtschaftliche Existenz dadurch bedroht wäre. Früher gab es unzählige Camembertproduzenten in der Normandie, die allermeisten haben bereits aufgegeben.
Was war das Problem? Echter Camembert aus der Normandie muss aus Rohmilch hergestellt werden. Die Großen, die bisher achtzig Prozent des Rohmilch-Camemberts hergestellt hatten, wollten lieber eine vorerhitzte oder anderweitig entkeimte Milch. Mit Rohmilch gibt es zunächst einmal ein technisches Problem: Da die Milch unterschiedliche Keimfloren haben, ist der Herstellungs- und Reifungsprozess kaum automatisierbar. Man kann zwar mit der nötigen Pflege beliebig viel produzieren, hat dabei aber hohe Kosten.
Dann gibt’s aber auch einen hygienischen Aspekt: Rohmilch kann durchaus gesundheitsgefährdende Keime enthalten. Schließlich können auch Rinder krank sein – außerdem ist Milch ein idealer Nährboden für Erreger aller Art. Das heißt nicht, dass Rohmilch deshalb gesundheitsschädlich wäre – nur das Risiko ist hier halt größer. Wenn davon eine Großmolkerei betroffen ist, dann ist die Zahl der Opfer ungleich höher, als bei einem Familienbetrieb. Der Ruf ist ruiniert und Schadersatzklagen sind unvermeidlich. Deshalb geht kein Manager dieses Risiko freiwillig ein.
Wie groß ist es denn? Ein kleiner Camembert-Produzent hat einmal gesagt, dass Autofahren riskanter ist. Das kommt ziemlich gut hin. Für einen Gesunden sind auch ein paar Keime kein Problem, aber es gab durchaus schon Zwischenfälle, insbesondere mit Schwangeren oder alten Menschen. Aber das ist Sache des Kunden, welches Risiko er eingehen möchte, solange er es weiß. Sonst müsste man gleichermaßen das Autofahren verbieten.
Aber es wird doch bei uns überall Rohmilchkäse angeboten? Ja – aber unsere "Rohmilch" ist häufig etwas anderes, als der Kunde glaubt. Bei uns wird die Milch thermisiert. Das ist etwas schonender als das Pasteurisieren und lässt sich analytisch nicht von echtem Rohmilchkäse unterscheiden. Oder die Milch wird baktofugiert oder mikrofiltriert. Baktofugen sind Hochleistungszentrifugen, die sich so schnell drehen, dass sie aus der erwärmten Milch Bakterien und sogar Pilzsporen abschleudern. Das Verfahren ist besonders wichtig bei Verwendung von Silagemilch. Auf diesem Wege lässt sich in Deutschland aus jeder Milch ein Rohmilchkäse erzeugen.
Was unterscheidet echten normannischen Camembert von unserer Supermarktware? Ein echter Camembert AOC darf beispielsweise nicht aus Milchpulver hergestellt sein. Da nimmt man etwas Pulver, viel Wasser und eine Prise Calciumchlorid und schon lässt sich die Mixtur verkäsen. Zum Dicklegen der Milch wird ausschließlich echtes Lab, das ist ein Gemisch aus Enzymen und wird zum Dicklegen der Milch bei der Käseherstellung verwendet. Bei uns wird mikrobiell erzeugtes Lab genommen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Franzosen tatsächlich nur Kälberlab einsetzen. Er muss mindestens 21 Tage reifen – davon 16 Tage am Ort der Produktion. Laut der Schlussbestimmung ist es erlaubt, den Käse zu zerteilen, um ihn zu essen.
Was machen eigentlich die Amis, wenn die französischen Rohmilchkäse essen wollen? Dort ist Rohmilchkäse weitgehend verboten. Wenn ein Landwirt beim Verkauf von Rohmilchkäse erwischt wird, kann ihm sogar seine ganze Farm abgenommen werden. Molkereien werden rigoros kontrolliert. Rohmilchkäse darf nur dann in den Handel gelangen, wenn er mindestens 60 Tage bei einem Grad Celsius gelagert wurde. Dann wird der so sauer, dass die Bazillen alle eingehen. Allerdings bekommt der Kunde in den Ballungszentren, insbesondere dort wo viele Franzosen oder Italiener leben, recht schnell die verbotenen Produkte. Teilweise sogar "legal", weil die verantwortlichen Zöllner bei der Importkontrolle einen Rohmilchkäse nicht von einem Käse aus pasteurisierter Milch unterscheiden können.
Was war das Problem? Echter Camembert aus der Normandie muss aus Rohmilch hergestellt werden. Die Großen, die bisher achtzig Prozent des Rohmilch-Camemberts hergestellt hatten, wollten lieber eine vorerhitzte oder anderweitig entkeimte Milch. Mit Rohmilch gibt es zunächst einmal ein technisches Problem: Da die Milch unterschiedliche Keimfloren haben, ist der Herstellungs- und Reifungsprozess kaum automatisierbar. Man kann zwar mit der nötigen Pflege beliebig viel produzieren, hat dabei aber hohe Kosten.
Dann gibt’s aber auch einen hygienischen Aspekt: Rohmilch kann durchaus gesundheitsgefährdende Keime enthalten. Schließlich können auch Rinder krank sein – außerdem ist Milch ein idealer Nährboden für Erreger aller Art. Das heißt nicht, dass Rohmilch deshalb gesundheitsschädlich wäre – nur das Risiko ist hier halt größer. Wenn davon eine Großmolkerei betroffen ist, dann ist die Zahl der Opfer ungleich höher, als bei einem Familienbetrieb. Der Ruf ist ruiniert und Schadersatzklagen sind unvermeidlich. Deshalb geht kein Manager dieses Risiko freiwillig ein.
Wie groß ist es denn? Ein kleiner Camembert-Produzent hat einmal gesagt, dass Autofahren riskanter ist. Das kommt ziemlich gut hin. Für einen Gesunden sind auch ein paar Keime kein Problem, aber es gab durchaus schon Zwischenfälle, insbesondere mit Schwangeren oder alten Menschen. Aber das ist Sache des Kunden, welches Risiko er eingehen möchte, solange er es weiß. Sonst müsste man gleichermaßen das Autofahren verbieten.
Aber es wird doch bei uns überall Rohmilchkäse angeboten? Ja – aber unsere "Rohmilch" ist häufig etwas anderes, als der Kunde glaubt. Bei uns wird die Milch thermisiert. Das ist etwas schonender als das Pasteurisieren und lässt sich analytisch nicht von echtem Rohmilchkäse unterscheiden. Oder die Milch wird baktofugiert oder mikrofiltriert. Baktofugen sind Hochleistungszentrifugen, die sich so schnell drehen, dass sie aus der erwärmten Milch Bakterien und sogar Pilzsporen abschleudern. Das Verfahren ist besonders wichtig bei Verwendung von Silagemilch. Auf diesem Wege lässt sich in Deutschland aus jeder Milch ein Rohmilchkäse erzeugen.
Was unterscheidet echten normannischen Camembert von unserer Supermarktware? Ein echter Camembert AOC darf beispielsweise nicht aus Milchpulver hergestellt sein. Da nimmt man etwas Pulver, viel Wasser und eine Prise Calciumchlorid und schon lässt sich die Mixtur verkäsen. Zum Dicklegen der Milch wird ausschließlich echtes Lab, das ist ein Gemisch aus Enzymen und wird zum Dicklegen der Milch bei der Käseherstellung verwendet. Bei uns wird mikrobiell erzeugtes Lab genommen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Franzosen tatsächlich nur Kälberlab einsetzen. Er muss mindestens 21 Tage reifen – davon 16 Tage am Ort der Produktion. Laut der Schlussbestimmung ist es erlaubt, den Käse zu zerteilen, um ihn zu essen.
Was machen eigentlich die Amis, wenn die französischen Rohmilchkäse essen wollen? Dort ist Rohmilchkäse weitgehend verboten. Wenn ein Landwirt beim Verkauf von Rohmilchkäse erwischt wird, kann ihm sogar seine ganze Farm abgenommen werden. Molkereien werden rigoros kontrolliert. Rohmilchkäse darf nur dann in den Handel gelangen, wenn er mindestens 60 Tage bei einem Grad Celsius gelagert wurde. Dann wird der so sauer, dass die Bazillen alle eingehen. Allerdings bekommt der Kunde in den Ballungszentren, insbesondere dort wo viele Franzosen oder Italiener leben, recht schnell die verbotenen Produkte. Teilweise sogar "legal", weil die verantwortlichen Zöllner bei der Importkontrolle einen Rohmilchkäse nicht von einem Käse aus pasteurisierter Milch unterscheiden können.