Kai Diekmann

"Als Medienmarken müssen wir uns neu erfinden"

Blick auf vier Zeitungsautomaten.
Das traditionelle Zeitungsgeschäft hat sich grundlegend verändert. Schon heute hat Facebook für viele Medienhäuserie die Funktion des digitalen Kiosks übernommen. © picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd
Kai Diekmann im Gespräch mit André Hatting |
Die Zukunft des Journalismus bereitet dem Herausgeber der Bild-Gruppe, Kai Diekmann, wenig Sorgen. Völlig offen sei allerdings die Frage, ob es gelingt, neue funktionierende Geschäftsmodelle für die digitale Medienwelt zu entwickeln.
"Als Medienmarken müssen wir uns neu erfinden", sagte der Herausgeber der Bild-Gruppe, Kai Diekmann, im Deutschlandradio Kultur. "Die schlechte Nachricht ist, dass die Printbäume nicht mehr in den Himmel wachsen, ganz im Gegenteil. Die gute Nachricht ist, wir sind keine Papierhändler, sondern unser Kerngeschäft ist Journalismus." Dabei gehe es vor allem um Inhalte und deshalb sei es zweitrangig auf welchen Oberflächen diese Inhalte vertrieben würden. Die Möglichkeiten von Papier seien auch in vieler Hinsicht begrenzt, wenn man Geschichten erzählen wolle. "Ich bin im Platz begrenzt, ich bin im Erscheinungsrhythmus begrenzt, ich bin in meinen Ausdrucksmöglichkeiten begrenzt." Es gebe keinen Ton und keine Bewegtbilder.

Höchste Reichweite der Geschichte

"Da bieten die digitalen Plattformen, die es heute gibt, uns eine hervorragende Infrastruktur an, unsere Geschichten ganz anders zu erzählen." Dank der neuen Möglichkeiten würden heute mehr Menschen und neue Zielgruppen erreicht, sagte Diekmann. "Unabhängig von der Auflage hat die Marke Bild heute über alle Kanäle, also wenn ich unsere mobilen Anwendungen, wenn ich Desk Top, wenn ich Facebook dazu rechne, haben wir heute die höchste Reichweite unserer Geschichte. Wir erreichen im Monat über alle Plattformen 38 Millionen Menschen."

Funktionierende Geschäftsmodelle fehlen

Die große Herausforderung sei es, mit funktionierenden Geschäftsmodelle gegen die Medienkonzerne Google und Facebook bestehen zu können und Journalismus weiter zu finanzieren, sagte Diekmann. "Die Geschäftsmodelle, wie sie auf Print immer hervorragend funktioniert haben, Zeitungen zu verkaufen oder die Reichweiten von Zeitungen an Werbekunden zu verkaufen, dieses Geschäft funktioniert in der digitalen Welt eben nicht, weil es dort die großen Konzerne sind, allen voran Google und Facebook, die sich diesen digitalen Werbekuchen fast vollständig holen."

Problem mit digitalem Werbekuchen

Im Jahr 2016 seien von jedem Dollar für digitale Werbung mehr als 85 Prozent alleine an Google und Facebook gegangen. In einem großen Medienmarkt wie in den USA könne das noch funktionieren, nicht aber in Deutschland, sagte der Bild-Chef. "Wenn wir das auf unsere begrenzten Sprachräume übertragen, dann bekommen hier die Publisher ein wirkliches Problem." Es fehle bisher an den richtigen Geschäftsmodellen, um den Journalismus auf die Dauer auch in der digitalen Welt finanzieren zu können.
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