Die einst mächtigste Frau des Abendlandes
Eigentlich war sie nicht als Heiratskandidatin für den deutschen Kaiser Otto II. vorgesehen. Doch Theophanu überzeugte mit ihrem Verstand und ihrer Attraktivität. Nach dem Tod ihres Mannes sicherte sie die Macht für sich und ihren Sohn. Vor 1025 Jahren starb sie.
"Doch jetzt muss ich vom Ende der Kaiserin sprechen und die ihm vorausgehenden Zeichen nennen. Im Jahre 990 der Fleischwerdung des Herrn trat am 21. Oktober um die 5. Tagesstunde eine Sonnenfinsternis ein."
Für den Chronisten Thietmar von Merseburg war eine seltene Planetenkonstellation der angemessene Vorbote für den Tod der mächtigsten Frau des Abendlandes: Kaiserin Theophanu. Sie starb in Nimwegen am 15. Juni 991. Dass sie erst in ihren 30ern war, wunderte damals niemanden, der Tod kam in jedem Alter. Woran sie starb, ist nicht überliefert, ein Lungenleiden vielleicht. Diese Vermutung hat etwas für sich, wenn man bedenkt, dass Theophanu, einst aus dem sonnigen Konstantinopel gekommen, ihr Leben winters wie sommers auf strapaziösen Reisen zugebracht hatte.
Theophanu überraschte mit Verstand und Attraktivität
Sie war ein Teenager, als sie im Frühjahr 972 Otto, dem Sohn des deutschen Kaisers Otto I., als Braut zugeführt wurde. Der Moment der Übergabe war etwas peinlich, denn erst jetzt stellte sich heraus, dass sie gar nicht die bestellte Kaisertochter aus Byzanz war, sondern nur eine Nichte des Kaisers Johannes Tsimiskes, eines Mörders und Thronräubers noch dazu. Der Historiker Helmut Fußbroich stellt sich die Ankunftszene vor:
"Erzbischof Gero kommt mit einem jungen Mädchen an, das keiner kannte. Man wollte die Prinzessin Anna haben, aber dieses Mädchen hieß nun mal Theophanu."
Otto I. hatte diese Heirat lange betrieben, um Ruhe in die Beziehungen zu Byzanz zu bringen. Seit dem Zerfall der Großmacht Rom in ein Ost- und ein Westrom konkurrierten zwei Reiche um das antike Erbe: Im hoch entwickelten Byzanz, vom römischen Kaiser Konstantin zum Regierungssitz Konstantinopel prächtig ausgebaut, und im sich formierenden deutschen Reichsgebiet mit Anbindung ans päpstliche Rom saßen zwei christlich-römische Kaiser. Mit einer byzantinischen Prinzessin wollte der Sachse Otto die Legitimität seines Kaisertums stärken. Und nun war ein Mädchen von dubioser Abkunft gekommen. Aber:
"Offenbar scheint Otto I. doch an diesem Mädchen etwas bemerkt zu haben, was ihn dann doch veranlasste, sich für dieses Mädchen einzusetzen."
Denn Theophanu überraschte alle mit ihrem klaren Verstand und ihrer außerordentlichen Attraktivität:
"Sie war ein ganz cleveres Mädchen, und durch die Erziehung, die sie genossen hat, war sie den adligen Damen hier jedenfalls haushoch überlegen."
Erst recht beeindruckten die reichen Gastgeschenke, die sie aus ihrer kunstsinnigen Heimat mitbrachte. So wurde Theophanu nach ihrer Ankunft in Rom planmäßig mit Kaiser Ottos 17-jährigem Sohn Otto II. vermählt. Der war, die Konkurrenz um die Thronfolge schlief ja nie, schon vorsorglich mit der Kaiserwürde bedacht worden. Seine sehr junge Frau wurde sofort als Mitregentin eingesetzt.
Aktive Mitregentin
Die beiden Pflichtverheirateten scheinen sich verstanden zu haben. Otto schätzte ganz offenbar ihren politischen Rat; und er nannte sie in Urkunden seine "liebste" und "vielgeliebte Gattin". Theophanu wiederum teilte bereitwillig das harte Nomadenleben des Kaisers, der ohne feste Residenz über Stock und Stein von Ort zu Ort reiste und in den diversen Kaiserpfalzen die Regierungsgeschäfte erledigte:
- 19. März 973: Quedlinburg
- 6. Mai: Memleben
- 31. Mai: Dornburg
- 2. Juni: Magdeburg
Reste von Theophanus Faldistorium sind noch erhalten.
"Ein Faldistorium brauchte man, das ist ein faltbarer Thron, wenn man auf Reisen ist, konnte man nicht immer so ein schweres Ding mit rumschleppen, sie hatte offenbar einen elfenbeinernen Thron in ihrem Gepäck."
Auf diesen Reisen kreuz und quer durch Deutschland und Italien war Theophanu nicht nur aktive Mitregentin, sondern auch die meiste Zeit schwanger: Drei Mädchen brachte sie zur Welt, ehe sie den ersehnten männlichen Thronfolger gebar.
Am 7. Dezember 983 starb Otto II. in Italien. Sofort griff ein Verwandter, Heinrich der Zänker, nach der Macht. Dass es Theophanu gelang, die Krone für ihren Sohn und für sich selbst zu erhalten, verdankte sie ihrem Machtbewusstsein und politischen Geschick und ihrem Ansehen bei den Fürsten im Reich.
Theophanu regierte noch acht Jahre lang. Sie wurde in Köln begraben, in der Kirche des Heiligen Pantaleon. Er war ihr Lieblingsheiliger gewesen, einer aus ihrer Heimat.