Wolfgang Tillmans überzeugt mit Mitgefühl
Die Jury des prestigeträchtigen Goslarer Kaiserrings zeichnet den Fotografen Wolfgang Tillmans aus. Der Vorsitzende der Jury ist der Kunstwissenschaftler Wulf Herzogenrath. Er erklärt im Gespräch, warum der Turner-Preisträger Tillmans auch der Richtige für den Kunstpreis der Stadt Goslar ist.
Der Goslarer Kaiserring 2018 geht an den Fotografen Wolfgang Tillmans. Wulf Herzogenrath, Kunstwissenschaftler und Direktor der Sektion "Bildende Kunst" in der Akademie der Künste Berlin, hat als Vorsitzender der Jury des Goslarer Kaiserrings die Entscheidung mitgetragen. Die Wahl des Preisträgers habe sich hingezogen. Aber: "Es gibt manchmal so Entscheidungen, wo lange gerungen wird und dann sich doch klar rausstellt: Es passt jetzt zu der Zeit." Tillman jedenfalls freue sich sehr, weiß Herzogenrath zu berichten.
"Er ist derjenige, der unsere Zeit so genau beobachtet in all ihren Schichtungen – nicht in einer Linie, nicht mit einem Stil, sondern in dieser ganzen Komplexität", erklärt Herzogenrath die Entscheidung für Tillmans. Der Künstler ginge immer mit einer Vorsicht an die Dinge. "Der Zeitgeist wird nicht zerrissen, es geht nicht um politischen Kampf, sondern um ein Mitfühlen".
Aufklärung trotz Komplexität
Zudem habe Tillmans keinen typischen Stil - was für ihn spreche. "Bei ihm ist das Interessante eine große Ausstellungswand, auf der die Dinge sich vereinen, als Gegensätze miteinander spielen, gegeneinander arbeiten und diese Komplexität uns Aufklärung gibt über unsere Zeit". Der Fotograf schaffe es, die Gegensätze Schönheit und Schrecken zu vereinen und sichtbar zu machen. Das Motto des Künstlers formuliert Herzogenrath wie folgt: "Bloß nicht festlegen auf irgendeine Spur oder auf irgendeinen Ismus!"
Wolfgang Tillmans ist Fotograf, er dreht Videos, produziert Musik und legt gelegentlich Platten in Clubs auf. Bevor in Großbritannien über den Brexit abgestimmt wurde, initiierte er eine große Plakataktion für den Verbleib in der Europäischen Union. Wolfgang Tillmans lebt seit den 90er-Jahren in London und Berlin. Im Jahr 2000 wurde ihm als erstem Fotografen und erstem deutschen Künstler der renommierte Turner-Preis verliehen.