Kies und Agaven statt grüner Wiese
Der US-Bundesstaat Kalifornien ist im vierten Jahr in einer Dürreperiode: Stauseen sind halb leer und der Grundwasserspiegel ist stark gesunken. Das Wassersparen ist inzwischen staatlich angeordnet worden.
Im Marina del Rey Gartenzentrum führt Cathy Hugh eine Kundin durch die Kräuterabteilung: Rosmarin-, Lavendel-, Basilikum- und Thymiantöpfe füllen ein breites Holzregal. Tomatenpflanzen auf der einen Seite, Kakteen und Sukkulenten auf der anderen. Die Kundin im weiten schwarzen Hängekleid, das graue Haar zu einem Dutt auf dem Kopf zusammengesteckt, reibt ihre Fingerspitzen an den Büschen. Sie ist vor 25 Jahren aus Finnland nach Los Angeles gekommen.
"Ich hab gleich gesehen, dass Rasen hier fehl am Platz ist. Wer einen englischen Rasen will soll nach England ziehen!"
Die Finnin hat nach und nach Rasen und Efeu durch wüstentaugliche Pflanzen ersetzt und will sich nun im Gartencenter mit einem Sortiment an anspruchslosen Kräutern eindecken – minimaler Wasserverbrauch ist das Kaufkriterium. Früher wurde sie von den Nachbarn schief angesehen. Jetzt, wo es nicht mehr regnet, holen sie sich Rat bei ihr.
"Sie sehen die Pflanzen in meinem Vorgarten und neben dem Gehweg. Plötzlich sagen sie: das sieht so schön aus, was ist das, wo kann ich das bekommen?"
Üppig grüner Rasen ist im US-Westküstenstaat inzwischen politisch mindestens genauso inkorrekt wie Zigaretten und Fast Food. Stattdessen wachsen zwischen Kies und Mulch Agaven, Aloen, Wüstengras, Tomaten, Kräuter - und reichlich Unkraut. Gärtnerei-Managerin Cathy Hugh erlebt viele enttäuschte Kunden. Sie müssen noch lernen, dass zur Umstellung mehr gehört, als Gras zu entfernen und Kakteen in die Erde zu setzen.
"Auch eine Pflanze, die Trockenheit aushält braucht von Zeit zu Zeit Wasser. Am Anfang sogar oft. Das verstehen viele nicht. Es kann ein Jahr dauern, bis sie ihre Wurzeln ausgestreckt haben. Das müssen wir unseren Kunden und Hausbesitzern beibringen."
Strafen für Wasserverschwendung
Das Gartenzentrum verkauft auch Springbrunnen, Rosen, Hortensien, Margeriten und andere durstige Pflanzen. Die sind noch immer gefragt. Doch das Sprinklersystem ist ausgeschaltet. Die Gärtner gießen am Morgen, von Hand und mit Sprühdüsen auf Sparschaltung. Je mehr Wasser der Laden verbraucht, desto höher der Preis pro Liter. Wird der staatlich verordnete Grenzwert erreicht, kommt eine Strafe obendrauf.
Etwa 50 Kilometer östlich, in Rosemead, einem Vorort von Los Angeles, zeigt Beverly Morten begeistert zu einem mannshohen, 50 Meter langen Haufen zerschnitzelter Baumrinde - mitten auf einem Friedhof. Die Fotografin - Mitte vierzig, zierlich, große Sonnenbrille - gibt zu: es sieht aus als wäre hier eine Bombe explodiert.
Noch! Wo jetzt gleißende Sonne die Grabsteine aufheizt, zwischen trockener Erde, ein paar Bäumen, Unkraut und Mulch stehen, soll ein Modell-Friedhof entstehen - Vorbild für andere, die auch laut Gesetz 25 Prozent Wasser sparen müssen und verantwortungsvoll handeln wollen.
"Ich sehe einen Gehweg aus gebrochenem Granit, der sich zwischen Gräbern zu unserem Kampferbaum windet. Ich sehe Kräuter, die schon Indianer angebaut haben und ein trockenes Flussbett. Keine Pflanze wird mehr als 40 Zentimeter Regen pro Jahr brauchen."
Kinder beraten die Eltern beim Wassersparen
Denn das ist all der Regen, der hier fällt. Es war mal viel mehr. Als Siedler diesen Friedhof vor über 150 Jahren gegründet haben, floss ein Bach aus den Bergen quer über das Gelände. Jahrzehntelang war der Friedhof die grüne Oase der Stadt. Jetzt wirbelt trockener, heißer Wind Staub auf. Trotzdem war die Umstellung keine leichte Entscheidung.
"Es gab schwierige Momente - manche blieben dabei: nur Gras! Ein paar haben den Vorstand verlassen. Aber wie Gouverneur Brown sagt: Gras? Vergiss es!"
Zurück im Gartenzentrum steht Marco Messoni mit seinen Kindern zwischen zwei Meter hohen Büschen.
Patrick und Luciana erklären, dass ein Baum im Garten vermutlich gestorben ist, weil er nicht genug Wasser bekommen hat. Auch diese Familie ist will sich umstellen und den verantwortungsvolleren Umgang mit Wasser üben. Nicht nur im Garten.
"Wir sollten vermutlich noch mehr tun und die Kinder erinnern uns dran. Sie lernen in der Schule, wie wir Wasser sparen können und sagen es uns. Es ist die nächste Generation."
Cathy Hugh ist schon auf dem Weg, um ihre Hilfe anzubieten. Das Geschäft blüht!
"Die Dürre hat uns neue Möglichkeiten eröffnet. Wenn die Leute ihren Rasen ersetzen oder verkleinern, wollen sie irgendwas anderes mit der Fläche tun. Viele holen wassereffiziente Pflanzen. Die haben sie vorher nicht gebraucht. Das ist gut für uns."