Kambodschas Terror-Regime und seine linken Bewunderer
Die Unterstützung für den kambodschanischen Schlächter Pol Pot war einer der fürchterlichsten Irrtümer der europäischen Linken. Dieses Buch erzählt, wie vier Antiimperialisten aus Schweden dem Kult um die Roten Khmer verfielen - und wie sie 40 Jahre später darüber denken.
Im August 1978 fahren vier Schweden, zwei Frauen und zwei Männer, glühende Antiimperialisten, nach Kambodscha. Das Land ist endlich "befreit" – vom französischen Kolonialismus und vom korrupten Lon-Nol-Regime. Es hatte im Zuge des Vietnamkriegs barbarische Bombardements erlitten, bevor es 1975 von der "volkseigenen" Guerilla der Roten Khmer erobert wurde. Deren Chef nennt sich Pol Pot oder – als sollte aus Orwells Fiktion "1984" unbedingt Realität werden – "Bruder Nr.1". Er hatte als junger Mann in Paris studiert und wie viele der kambodschanischen Community in internationalen "marxistischen" Zirkeln verkehrt.
In nur drei Jahren ist Kambodscha vom Bombenregen in die Traufe eines blutigen Terrorregimes geraten. Die Roten Khmer haben längst unzählige Menschen umgebracht, zu Sklavenarbeit gezwungen und das Land abgeriegelt, als sie die Schweden einladen. Die Vier, unter ihnen der weltweit bekannte Jan Myrdal, haben sich qualifiziert durch einen Pro-Kampuchea-Aktivismus, der alles, was die vielen Flüchtlinge berichten, als US-Propaganda abqualifiziert. Eine der Frauen ist – seit Pariser Zeiten – mit einem Kambodschaner verheiratet, der ist allerdings seit der "Revolution" verschollen. Sie fahren durchs Land, in Khmer-Begleitung, klar, aber man kennt sich teilweise, noch aus Paris oder über linke Netzwerke. Sie kommen zurück und – publizieren Jubelberichte. Sie haben offenbar nichts gesehen, was ihrem Bild widersprach.
In nur drei Jahren ist Kambodscha vom Bombenregen in die Traufe eines blutigen Terrorregimes geraten. Die Roten Khmer haben längst unzählige Menschen umgebracht, zu Sklavenarbeit gezwungen und das Land abgeriegelt, als sie die Schweden einladen. Die Vier, unter ihnen der weltweit bekannte Jan Myrdal, haben sich qualifiziert durch einen Pro-Kampuchea-Aktivismus, der alles, was die vielen Flüchtlinge berichten, als US-Propaganda abqualifiziert. Eine der Frauen ist – seit Pariser Zeiten – mit einem Kambodschaner verheiratet, der ist allerdings seit der "Revolution" verschollen. Sie fahren durchs Land, in Khmer-Begleitung, klar, aber man kennt sich teilweise, noch aus Paris oder über linke Netzwerke. Sie kommen zurück und – publizieren Jubelberichte. Sie haben offenbar nichts gesehen, was ihrem Bild widersprach.
Ein literarisches Meisterstück
Aber was haben sie gesehen? Was hätten sie sehen können? Warum sahen sie, was sie sahen? Und wie sehen sie das heute? Das ist das Leitmotiv, mit dem sich der schwedische Schriftsteller Peter Fröberg Idling fast vierzig Jahre später auf die Suche macht. Er ist 1972 geboren und hat jahrelang in Kambodscha gearbeitet, aber sein Buch hat nichts von wohlfeiler Abrechnung. Es ist ein literarisches Meisterstück, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.
"Pol Pots Lächeln" ist aufgelöst in 265 Szenen, mit denen Fröberg Idling die Fragen auf verschiedenen Ebenen umkreist. Er montiert Interviews mit Zeitzeugen, eigene Landeskenntnisse, Recherchen von Dritten, Khmer-Parolen – pures eisigstes Newspeak. Er schneidet eigene Lebens- gegen Weltgeschichtsdaten, die gelb-orangenen Farben eines schwedischen Spätsommertags gegen Mönchskutten in kambodschanischer Morgensonne. Er arbeitet wie ein brillanter Filmcutter: unaufdringlich, fast unsichtbar. Und genauso schreibt er auch: uneitel, einfach und hochverdichtet.
Kein moralischer Zeigefinger, nirgends. Und genau dadurch wird das ganze Thema umso erschütternder. Die Unterstützung für Pol Pot ist einer der fürchterlichsten "linken" Irrtümer. Drei der vier Schweden sind heute peinlich berührt, aber ratlos. Man müsse sich das so vorstellen, sagt eine der Frauen, "als sei man ein Befürworter der Atomindustrie und versuche, sich zur Kernschmelze in Tschernobyl zu verhalten." Nur Myrdal nicht. Aber der hat auch Verständnis für die Rushdie-Fatwa und das Tian-An-Men-Massaker. Fröberg Idlings Buch ist eine gute Immunisierung gegen das Herzlos-Lächerliche eines solchen Denkens.
Besprochen von Pieke Biermann
"Pol Pots Lächeln" ist aufgelöst in 265 Szenen, mit denen Fröberg Idling die Fragen auf verschiedenen Ebenen umkreist. Er montiert Interviews mit Zeitzeugen, eigene Landeskenntnisse, Recherchen von Dritten, Khmer-Parolen – pures eisigstes Newspeak. Er schneidet eigene Lebens- gegen Weltgeschichtsdaten, die gelb-orangenen Farben eines schwedischen Spätsommertags gegen Mönchskutten in kambodschanischer Morgensonne. Er arbeitet wie ein brillanter Filmcutter: unaufdringlich, fast unsichtbar. Und genauso schreibt er auch: uneitel, einfach und hochverdichtet.
Kein moralischer Zeigefinger, nirgends. Und genau dadurch wird das ganze Thema umso erschütternder. Die Unterstützung für Pol Pot ist einer der fürchterlichsten "linken" Irrtümer. Drei der vier Schweden sind heute peinlich berührt, aber ratlos. Man müsse sich das so vorstellen, sagt eine der Frauen, "als sei man ein Befürworter der Atomindustrie und versuche, sich zur Kernschmelze in Tschernobyl zu verhalten." Nur Myrdal nicht. Aber der hat auch Verständnis für die Rushdie-Fatwa und das Tian-An-Men-Massaker. Fröberg Idlings Buch ist eine gute Immunisierung gegen das Herzlos-Lächerliche eines solchen Denkens.
Besprochen von Pieke Biermann
Peter Fröberg Idling: Pol Pots Lächeln
Eine schwedische Reise durch das Kambodscha der Roten Khmer
Aus dem Schwedischen von Andrea Fredriksson-Zederbauer
Mit einem Vorwort von Steve Sem-Sandberg
Edition Büchergilde, Frankfurt/M-Wien-Zürich, 2013
352 Seiten, 22,95 Euro
Eine schwedische Reise durch das Kambodscha der Roten Khmer
Aus dem Schwedischen von Andrea Fredriksson-Zederbauer
Mit einem Vorwort von Steve Sem-Sandberg
Edition Büchergilde, Frankfurt/M-Wien-Zürich, 2013
352 Seiten, 22,95 Euro