Kammermusik für Violoncello und Klavier

Sonne und Süden in der Musik

Der Cellist steht seitlich zur Kamera und hält sein Instrument im Arm.
Cellist Andrei Ioniţă entdeckte mit acht Jahren das Cello für sich. © Andrei Ioniţă / Nikolaj Lund
Moderation: Christine Anderson |
Mit Violoncello und Klavier im musikalischen Reisegepäck spielen zwei junge Berliner Künstler Werke von Spaniern und Franzosen, voller Sonne in der Musik. Zum Abschluss gibt es noch romantische Musik von Franz Schubert.
Zwei junge Musiker haben in der St. Matthäuskirche Berlin-Tiergarten einen Abend gestaltet, der kurzweiliger kaum sein könnte. Mit seinen südlich-sonnigen Farben weckt er direkt Reiselust. Der Cellist Andrei Ioniță und seine Klavierpartnerin Naoko Sonoda spielen Kammermusik von Francis Poulenc, Ernest Chausson, Enrique Granados, Gaspar Cassadó und Jérôme Ducros. Veranstaltet wurde das Benefizkonzert vom Freundeskreis KIBOU e.V., der sich für Tsunami-Waisenkinder in Japan einsetzt.

Der Meisterschüler

Sie beginnen mit einem kurzen Werk für Violoncello und Klavier von Gaspar Cassadó. Der weltberühmte spanische Cellist, geboren 1897 soll der Lieblingsschüler von Pablo Casals gewesen sein, Es heißt, Casals habe Cassadó entdeckt, als dieser 1907 - als neunjähriges Kind - seinen ersten öffentlichen Celloabend gab, Casals wollte diesen begabten Jungen unbedingt weiter ausbilden und holte ihn mit einem Stipendium von Barcelona zu sich nach Paris. Cassadó wurde tatsächlich ein Weltklasse-Cellist. Er war allerdings nicht nur Cellist, sondern auch ein ehrgeiziger Komponist, und als solcher Schüler von Maurice Ravel.

Vom Juristen zum Komponisten

Danach hören Sie von Ernest Chausson ein kurzes Cellostück, benannt "Piece", aus dem Sommer 1897. Chausson, ließ sich zunächst zum Juristen ausbilden, wurde jedoch dann kurz Kompositionsschüler von Jules Massenet. Seine "Piece" von 1897 zeigt Kantilenen mit langem Atem, die ganz simpel beginnen und dann regelrecht ekstatisch werden.

Sommer auf dem Land

Die beiden Musiker spielen im Anschluss die Cello-Sonate von Francis Poulenc. Erste Entwürfe entstanden in der Kriegszeit. Poulenc war noch mit 41 Jahren eingezogen worden und nach dem Waffenstillstand 1940 zog er sich für den Sommer zu einer Freundin aufs Land zurück, um zu komponieren.
Eine junge Frau mit scharzem Haar lächelt in die Kamera.
Die Pianistin Naoko Sonoda lebt und arbeitet zur Zeit in Berlin.© Naoko Sonoda / Philipp Plum
Die zunächst liegengebliebene Sonate wurde auf Bitte des Cellisten Paul Fournier dann erst 1948 vollendet und von diesem 1949 in Paris uraufgeführt, Fournier hatte auch bei der Einrichtung der Celloparts geholfen, denn Poulenc war mit dem Instrument nicht gut vertraut. Der Cellosonate von Francis Poulenc hört man nicht an, wie schwer sie technisch ist.

Spanische Melodien für musikalisches Feuer

Zwölf "Danzas españolas" hat der Pianist und Komponist Enrique Granados für Klavier komponiert und sie ab 1892 in mehreren Heften veröffentlicht. Er hat damit eine Reise durch die spanischen Provinzen unternommen und deren Musik-Traditionen einfließen lassen.
Dieser offensichtliche kompositorische Rückgriff auf die Folklore war jedoch damals kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert nicht als konservatives Statement zu verstehen, im Gegenteil, er war eine Geste des Fortschritts, denn Granados und seine Mitstreiter - wie sein Lehrer Felipe Pedrell - wollten die spanische Musik erneuern, indem sie ganz nah an die vielfältigen Traditionen des Landes heranrückten, und diese für den Konzertsaal bearbeiteten.

Fliegende Technik

Und das dritte kurze Stück des zweiten Teils stammt von dem französischen Komponisten Jérôme Ducros. Der 1974 geborene Musiker ist Pianist, als solcher Kammermusiker und auch ein gefragter Filmkomponist. Er hat im Jahr 2000 ein Stück für Cello und Klavier komponiert namens "Encore", also Zugabe, eine Art moderner "Hummelflug", ein echtes Virtuosenstück, in dem es auf vor allem auf Tempo und Witz ankommt.

Vergessenes Instrument - geliebte Sonate

Das Instrument, für das Franz Schubert seine Arpeggione-Sonate schuf, ist heute nicht mehr in Gebrauch und war auch nie populär. Der Arpeggione wurde 1823 in Wien erfunden und war nur dort und nur für kurze Zeit in Mode. Der Korpus erinnert in Größe und Form an eine Gitarre. Das Instrument, das man auch "Bogengitarre" nannte, hat wie diese sechs Saiten. Auf der Decke steht jedoch ein hoher und gewölbter Steg wie bei einem Cello, so dass die Saiten mit einem Bogen gestrichen werden können.
Der Cellist blickt direkt in die Kamera über sein vor ihm liegendes Violoncello.
Andrei Ioniţă stammt aus Bukarest.© Andrei Ioniţă / Nikolaj Lund
Franz Schubert hat in seinem Kammermusikjahr 1824 nun auch für dieses - eher zart klingende - Instrument ein Werk geschrieben, und zwar auf Bitte des Musikers Vinzenz Schuster, der im Wien der 1820er Jahre als Arpeggione-Virtuose auftrat. Das Werk wurde so beliebt, dass Geiger, Bratscher und Cellisten die Sonate für ihr Instrument eingerichtet haben. Bis heute ist es ein äußerst beliebtes Konzertstück.
Andrei Ioniță wurde 1994 in Bukarest geboren, er begann schon im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierunterricht. Das Cello kam dann drei Jahre später hinzu. Für sein Studium kam er nach Berlin an die Universität der Künste und wurde hier in die Klasse von Jens-Peter Maintz aufgenommen. Seine Preise beim ARD-Wettbewerb 2014, beim Emmanuel-Feuermann-Wettbewerb und der Gewinn des Grand Prix beim Tschaikowsky-Wettbewerb 2015 machten ihn international bekannt. Seitdem ist er auf den großen Bühnen weltweit solistisch und auch als Kammermusiker unterwegs. In der vergangenen Saison war er "Artist in Residence" bei den Hamburger Sinfonikern.

Einen Teil dieses Weges ist Andrei Ioniță gemeinsam mit der Pianistin Naoko Sonoda gegangen. Sie wurde in Japan ausgebildet und ist seit einigen Jahren an der Universität der Künste Berlin als Korrepetitorin tätig. Sie wurde mehrfach bei Wettbewerben als "beste Klavierpartnerin" ausgezeichnet und ist eine gefragte Kammermusikerin. Seit dem ARD-Wettbewerb 2014 bilden die beiden ein festes Duo.

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Aufzeichnung des Konzertes vom 5. Juli 2020 in der St. Matthäuskirche Berlin-Tiergarten
Gaspar Cassadó
"Requiebros" für Violoncello und Klavier
Ernest Chausson
Pièce op. 39 für Violoncello und Klavier
Francis Poulenc
Sonate für Violoncello und Klavier FP 143
Konzertpause. Darin: Gespräch mit den Musikern.
Enrique Granados
"Danzas Españolas":
Nr. 5. Andaluza
Francis Poulenc
"Chansons Gaillardes" FP 42 für Violoncello und Klavier:
Nr. 8. Sérénade
Jérôme Ducros
"Encore" für Violoncello und Klavier
Franz Schubert
Sonate a-Moll "Arpeggione" D 821 für Violoncello und Klavier

Andrei Ioniţă, Violoncello
Naoko Sonoda, Klavier

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