Freude am Sex in späteren Jahren
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Ältere Menschen und Sex - das ist vielfach noch immer ein Tabuthema. Eine britische Kampagne will mit Anzeigen, Memes und Filmen eine Debatte in Gang bringen. Nicht gewagt genug, sagt der Londoner Kulturjournalist Robert Rotifer.
Sex im Alter – das klingt in vielen Ohren seltsam. Dabei haben sich die Grenzen längst stark verschoben: Wer ist eigentlich alt? Und warum sollte man das Körperliche der Jugend überlassen? In Großbritannien gibt es jetzt eine öffentliche Kampagne unter dem Titel "Let's Talk The Joy of Later Life Sex", also "Sprechen wir über die Freude am Sex im späteren Leben".
Die Kampagne besteht aus Anzeigen, Plakaten, Memes und Filmen, die sich online teilen lassen. "Von der Gestaltung her ist alles sehr geschmackvoll, aber auch ungeschönt", sagt London-Korrespondent Robert Rotifer. Der namhafte Fotograf Rankin hat Fotos und Filme aufgenommen – im für ihn typischen Schwarz-Weiß vor weißem Hintergrund. Man sehe nackte Haut, unter anderem auch den Oberkörper einer Frau nach einer doppelten Mastektomie, also dem Abnehmen der Brüste – aber keine Geschlechtsteile.
Auf Augenhöhe mit den Personen vor der Kamera
Vor der Kamera waren keine professionellen Modelle, sondern "echte" Menschen, die sich auch berühren. Bei den Aufnahmen sei ein Intimacy-Coach dabei gewesen, so Rotifer. Rankin selbst sei ja Mitte 50, habe daher auf Augenhöhe mit den Personen vor der Kamera kommunizieren können. Zu sehen sind fünf Paare – "drei davon weiß, zwei of colour, vier davon heterosexuell, eines schwul" – und eine alleinstehende Frau. "Alle sprechen in Kurzfilmen über ihr Sexualleben – allerdings nicht sehr explizit."
Die Plakat- und Anzeigenkampagne kombiniert Rankins Fotos mit Slogans. So steht beispielsweise der Satz "Man ist nie zu alt für Spielzeug" neben dem Bild der alleinstehenden Frau. Oder "Es dauert oft länger, wenn man älter wird – wunderbar" neben dem Bild eines sich umarmenden Paars, wobei der Mann sein Gesicht in der Halsgegend der Frau vergräbt und sie eine orgiastische Miene macht.
Hilfe für Paare, darüber zu sprechen
Gestaltet wurde die Kampagne von Ogilvy, einer großen Werbeagentur, und der Wohltätigkeitsorganisation Relate. Die Kampagne solle eine Debatte in Gang bringen, heißt es. Ammanda Major, eine Sextherapeutin, die für Relate arbeitet, sagte zu der Kampagne: Viele ältere Paare drifteten in einen Zustand, in dem es ihnen schwer fällt, intim zu werden – und sie bräuchten Hilfe dabei, darüber zu sprechen.
Das Echo auf die Kampagne halte sich jedoch bislang in Grenzen, erklärt Rotifer. Er glaubt, das Ganze hätte gewagter sein sollen und weniger zahm.
(abr)