Martina Weyrauch, 1958 in Ostberlin geboren, studierte nach einer Ausbildung zur Kleidungsfacharbeiterin Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und promovierte 1986 zum Internationalen Strafrecht und Völkerrecht. Während der friedlichen Revolution war sie Mitglied in der Untersuchungskommission gegen Amtsmissbrauch, Korruption und persönliche Bereicherung.
Nach verschiedenen Positionen in der brandenburgischen Landesverwaltung, unter anderem als Persönliche Referentin des Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD), leitet sie seit 2000 die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung.
Impf-Kampagne sollte Hausärzte einbeziehen
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Die geringe Impfbereitschaft gegen Covid-19 in Deutschland, sei ein "Luxusproblem", sagt die Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung in Potsdam, Martina Weyrauch. Sie rät bei einer Aufklärungskampagne zur offenen Kontroverse.
Viele Menschen hoffen auf die baldige Impfung gegen Covid-19, andere sind eher skeptisch. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte diese Woche, dass die Coronapandemie weltweit nur überwunden werden könne, wenn alle Menschen die Möglichkeit zur Impfung erhielten.
Corona verschärfe die ungerechte Weltwirtschaftsordnung, sagt unser Studiogast, die Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für Politische Bildung, Martina Weyrauch. "Wir sagen ja immer, wir sitzen alle in einem Boot." Meistens werde das allerdings ignoriert. Das werde bei Corona ebenso deutlich wie beim Klimaschutz. Die Probleme seien nicht zu lösen, wenn sich nicht die ganze Welt dazu positioniere.
"Luxusproblem" in Deutschland
Die geringe Impfbereitschaft in Deutschland sei deshalb aus ihrer Sicht eher ein "Luxusproblem", sagt Weyrauch. Die Probleme anderer Länder seien vergleichsweise extrem. "Die Leute verhungern, sie lassen die Kinder in Afrika auf den Märkten stehen, weil sie nicht einmal wissen, wie sie ihre Kinder ernähren sollen."
Bei einer Impfkampagne sei es wichtig, nicht nur lustige Clips zu machen, sondern es müsse um schonungslose Offenheit und Kontroverse gehen. "Das Problem ist, die Leute sind misstrauisch", sagt Weyrauch. "In Ostdeutschland sind sie noch misstrauischer. Dort habe man eben auch eine Systemwende hinter sich. Es müsse deshalb immer wieder neu um Glaubwürdigkeit geworben werden. Dabei sollten auch Zweifel argumentativ vorkommen.
Sie fände es gut, die Hausärzte bei einer Informationskampagne stark einzubeziehen, so Weyrauch. "Zu denen hat man natürlich auch Vertrauen." Sie könnten auch jeden Patienten individuell beraten. "Auch, was die Stärkung des Immunsystems insgesamt betrifft." Das komme ihr bisher in der öffentlichen Debatte viel zu kurz, sagt Weyrauch."Was tue ich, um meinen Körper gesund zu halten, was tue ich, um mich abzuhärten?" Ihr sei die Diskussion zu stark auf die Coronaimpfung fokussiert. Es sei außerdem wichtig, den Menschen zuzuhören und Zweifel ernst zu nehmen.
(gem)