Kampf gegen den Klimawandel

"Die Privatisierung der Klimafrage ist falsch"

09:07 Minuten
Kinder protestieren und halten Plakate mit Aufschriften wie "Ihr habt unsere Zukunt in euren Händen" in die Höhe.
Ruf nach einer politischen Lösung: Schülerinnen und Schüler demonstrieren in Berlin für eine bessere Umwelt- und Klimapolitik. © imago/Christian Mang
Ralf Fücks im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Der Klimawandel ist in vollem Gang - müssen wir nun alle die Verantwortung übernehmen, das Auto stehen lassen, nicht mehr fliegen? Falsche Frage, meint der Autor und Politiker Ralf Fücks. Moralischer Druck sei das Letzte, was hilft.
Der Klimawandel schreitet voran - und immer mehr Menschen fragen sich, ob sie mit ihrem Lebensstil eine Antwort darauf geben müssen. Das Reisen mit Flugzeugen, Kreuzfahrtschiffen und Autos steht massiv in der Kritik, auch der Fleischverbrauch wird in diesem Zusammenhang diskutiert.
Ralf Fücks, geschäftsführender Gesellschafter des Zentrums Liberale Moderne, lange Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung und davor Senator für Umwelt und Stadtentwicklung in Bremen, hält diese Debatte nicht für zielführend. Im Gegenteil: Er spricht sich ausdrücklich dagegen aus, bei der Klimafrage die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen in den Vordergrund zu stellen.

Es geht um Politik - und nicht um eine individuelle Last

Natürlich gebe es auch persönliche Verantwortung, aber "die Privatisierung der Klimafrage ist falsch", sagte Fücks im Deutschlandfunk Kultur. Die Last der Rettung des Planeten den Individuen aufzubürden verschleiere, dass es um große politische Weichenstellungen gehe, betonte er.
Fücks warnte ausdrücklich davor, zu viel moralischen Druck auf die Menschen aufzubauen. Je mehr der Druck erhöht werde - "Du darfst dies nicht, du darfst das nicht" - desto stärker werde die gesellschaftliche Polarisierung zwischen Mahnern und denen, die trotzig am Status quo festhielten. Das führe politisch in die Sackgasse, sagte er.
Ralf Fücks, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung, derzeit in der Ukraine.
Ralf Fücks vom Zentrum für die liberale Moderne: Politische Entscheidungen statt moralischem Druck© imago/Metodi Popow
Die CO2-Emissionen müssten um insgesamt 90 Prozent reduziert werden, mahnte Fücks. Wenn man sich diese Größenordnung klar mache, dann gehe das nicht über "Verbote hier und Verbote da und ein bisschen weniger Auto und ein bisschen weniger fliegen". Nötig sei eine "grüne industrielle Revolution", eine "große Innovationsoffensive". Der Wohlstand müsse vom Naturverbrauch entkoppelt werden.

Die Arbeit der Umwelthilfe ist verdienstvoll

Zu Überlegungen aus der Union, der Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit zu entziehen, sagte Fücks, das sei eines Rechtsstaates nicht würdig und erinnere ihn an Länder wie Ungarn, Russland und der Türkei, wo beständig versucht werde, unliebsame NGOs mundtot zu machen. "Das darf man nicht akzeptieren", forderte Fücks. Die Umwelthilfe habe durch ihre Diesel-Klagen jahrelange Versäumnisse der Politik sichtbar gemacht. Das sei verdienstvoll - denn sie habe damit politischen Handlungsdruck erzeugt.
(ahe)
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