Kampf gegen Drogenschmuggel an der deutsch-tschechischen Grenze

14.02.2013
Vor dem Gipfeltreffen mit seinem tschechischen Kollegen in Prag setzt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf gemeinsame Fahndungsgruppen und intensiveren Datenaustausch. Die tschechischen Behörden müssten härter gegen Herstellung und Schmuggel von Drogen vorgehen.
Ute Welty Gulasch, Prager Schinken, Zwetschgen, Knödel, dafür ist die tschechische Küche berühmt. Die tschechische Drogenküche ist vor allem berüchtigt, und zwar für Crystal, die Droge, die schneller high macht, schneller abhängig, schneller tot. Die geschmuggelten Mengen wachsen jedes Jahr rapide, Anlass genug heute für ein Krisentreffen der Betroffenen in Münster:

Bericht von Claudia Altmann (MP3-Audio) Bericht Claudia Altmann

Claudia Altmann über den Crystal-Schmuggel an der Grenze zwischen Sachsen und Tschechien, der von Jahr zu Jahr dramatisch ansteigt. Und deshalb trifft sich der sächsische Innenminister auch heute mit seinen Amtskollegen, also dem Bundesinnenminister, dem tschechischen Innenminister und dem bayerischen Innenminister. Guten Morgen, Markus Ulbig!

Markus Ulbig: Guten Morgen!

Welty: Wir haben es gerade gehört, laut Zollgewerkschaft soll der Bundesfinanzminister für mehr Personal sorgen, sprich, mehr Personal bezahlen. Schließen Sie sich dieser Forderung uneingeschränkt an?

Ulbig: Mehr Personal ist mit Sicherheit immer eine wichtige Angelegenheit, um die Aufgaben entsprechend bewältigen zu können. Aber auf der anderen Seite ist auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit aus meiner Sicht wichtig, und das wird auch ein Schwerpunkt der Beratung am heutigen Tage sein.

Welty: Noch mal die Frage: Wollen Sie mehr Geld vom Bund, ja oder nein?

Ulbig: Mehr Geld vom Bund und entsprechendes Personal ist immer ein richtiger Schritt.

Welty: Nun ist ausgerechnet Wolfgang Schäuble heute ja nicht dabei bei diesem Treffen, aber der bayerische Kollege Joachim Herrmann. Inwieweit können und wollen Sie sich mit ihm abstimmen?

Ulbig: Da wir beide die gleichen Probleme haben, sind wir natürlich abgestimmt und haben, gerade was das Thema grenzüberschreitende Zusammenarbeit anbetrifft, auch gleiche Vorstellungen, gleiche Zielstellungen.

Welty: Die da wären?

Ulbig: Dass wir gemeinsam mit den tschechischen Kollegen noch intensiver Daten austauschen, die am Ende dazu führen, dass auch auf tschechischer Seite sehr viel konsequenter noch gegen die Crystal-Küchen vorgegangen wird. Das ist die eine Forderung von uns. Denn es ist ganz klar, dass aus Tschechien heraus natürlich in unsere beiden Länder Crystal transportiert und geschmuggelt wird.

Und das Zweite, wo wir ein gleich gelagertes Interesse haben, ist die rechtliche Situation in Tschechien. Dort gibt es ja Grenzen für den sogenannten Eigenbedarf, wo es also nicht mehr unter Strafe steht, sondern nur noch eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Und diese Veränderung im Jahr 2010 hat nach unserer Wahrnehmung deutlich zu einem Anstieg geführt. Das bedeutet, dass also Menschen in diesen geringen Mengen für den sogenannten Eigenbedarf sich Crystal in Tschechien holen. Und die Fachleute reden da vom Ameisenhandel. Da gibt es ja jetzt Anzeichen auf tschechischer Seite, dass es offenkundig Bereitschaft gibt zu einem Umdenken, also, dass diese Grenzen wieder deutlich abgesenkt werden sollen. Das ist aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung.

Welty: Sie haben es gerade gesagt, von Prag erwarten Sie eine Kurskorrektur in der Drogenpolitik. Welche Schritte könnten Sie sich darüber hinaus vorstellen?

Ulbig: Eine weitere wichtige Sache sind gemeinsame Fahndungsgruppen. Ich habe mich im letzten Jahr mit dem tschechischen Kollegen in Vorbereitung des Termins getroffen, es war ein sehr angenehmes Arbeitsgespräch und dort haben wir das Einsetzen einer gemeinsamen Fahndungsgruppe besprochen, die also genau dieses Ziel verfolgt, im Bereich des Drogenhandels und im Bereich der Eigentumskriminalität ganz klare Strukturen zu schaffen. Dass also deutsche und tschechische Polizisten gemeinsam in der Fahndungsgruppe arbeiten, dass diese Strukturen noch verbessert werden und damit neben verbessertem Informationsaustausch auch das tatsächliche Handeln noch intensiver wird.

Welty: Aber trotz dieses angenehmen Arbeitsgespräches und der gemeinsamen Fahndungsgruppe sind die Zahlen ja gestiegen. Allein im letzten Jahr ist 250 Mal Crystal sichergestellt worden!

Ulbig: Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass Rauschgiftkriminalität eine Verfolgungskriminalität ist. Wir haben in unseren Ländern ganz klar gesagt, das muss eine Schwerpunktaufgabe im Rahmen der Strafverfolgung sein. Und deshalb werden natürlich, wenn Polizei, wenn Zoll intensiver hinschauen, werden natürlich auch die Zahlen nach oben gehen, weil entsprechend das sogenannte Dunkelfeld aufgehellt wird. Und ich denke, das sind wir gerade den Menschen in unserem Land schuldig, dort intensiv und konsequent vorzugehen.

Welty: Wenn Sie das Dunkelfeld aufhellen, mit welchem Faktor multiplizieren Sie diese 250 sichergestellten Fälle dann innerlich?

Ulbig: Gerade im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass wir deutlich weiter vorangekommen sind. Ich würde jetzt einen Faktor nicht benennen, aber wir sind noch nicht an der Stelle, dass wir sozusagen die gesamte Kriminalität in diesem Bereich erkennen können. Deswegen …

Welty: Aber Sie müssen sich doch einen Gedanken darüber machen, damit Sie wissen, was und wen Sie einsetzen?

Ulbig: Deshalb sind wir ja mit diesen gemeinsamen Fahndungsgruppen dabei, dieses Dunkelfeld entsprechend aufzuhellen, um an die tatsächliche Kriminalitätszahl heranzukommen.

Welty: Damit dieser Tag für den sächsischen Innenminister ein guter Tag wird, was muss heute herauskommen, damit Sie zufrieden nach Hause fahren?

Ulbig: Ich möchte, dass wir gerade im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit noch intensiver zusammen arbeiten, dass der Informationsaustausch schneller geht, dass die gemeinsame Fahndungsgruppe, die in Aussicht gestellt worden ist, in den nächsten Wochen ihre Arbeit aufnehmen kann, und dass auch im Bereich des Polizeivertrages, der jetzt gerade ausgehandelt wird, man schnell Fortschritte erzielt, um sicherzustellen, dass die grenzüberschreitende Arbeit noch besser und effektiver gestaltet werden kann.

Welty: Geht's konkreter?

Ulbig: Der Polizeivertrag, der soll ja modernisiert werden, um zum Beispiel hoheitliche Befugnisse zwischen den Polizeibeamten des jeweilig anderen Landes einzuräumen. Das bedeutet also, dass zum Beispiel auch sächsische Polizisten auf tschechischer Seite und tschechische Polizisten auf deutscher Seite einen gewissen Bereich hoheitlicher Handlungen durchführen können, um entsprechend Straftäter noch schneller und effektiver zu ergreifen.

Welty: Minister Markus Ulbig im Interview der "Ortszeit" unterwegs gegen den Drogenschmuggel zwischen Tschechien und Sachsen. Ich danke Ihnen!

Ulbig: Bitte sehr!

Welty: Und das Interview haben wir aufgezeichnet.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema