Kampf um die Köpfe und Herzen der Syrer
Baschar al-Assad sieht blass aus, eingefallen sein schmales Gesicht, die strengen Falten um den Mund tiefer als früher. Kein Wunder, kämpft der arme Mann doch gegen Heerscharen von Terroristen, die vom Ausland gesteuert werden und sein Land, das Reich der Familie Assad, destabilisieren wollen.
Bei seinem Auftritt am Dienstag blieb der syrische Präsident sich und seiner bisherigen Gewinnformel treu: Reformankündigungen plus brutale Gewalt gleich Machterhalt.
Mit dem Zeitplan für ein Verfassungsreferendum Anfang März und Parlamentswahlen im Sommer hält er seine Anhänger bei der Stange und gaukelt der verunsicherten Mehrheit der Syrer Reformwillen vor. Wer Angst hat vor dem, was kommt oder Sorge um das, was er besitzt, soll weiter stillhalten, in der Hoffnung, Assad werde das Chaos im Land in den Griff kriegen und dann schrittweise Demokratie einführen. Eine Illusion, an die sich noch immer viele Syrer klammern, obwohl längst klar ist, dass Assad nichts zulassen wird, was seine Macht gefährden könnte.
Gleichzeitig erklärt Syriens Präsident seinen Gegnern den Krieg: Er will "die Terroristen mit aller Härte" bekämpfen, beschimpft selbsternannte Revolutionäre als "Diebe" und "Gewalttäter", erklärt Oppositionelle zu Agenten des Westens und spricht über junge Aktivisten als "irregeleitete, gehirngewaschene" Jugendliche, die auf den rechten Pfad zurückgeführt werden müssen.
Glaubt Baschar al-Assad, was er da sagt? Sieht er wirklich nicht, was in seinem Land passiert? Die Grausamkeiten seiner Soldaten und Schläger gegenüber syrischen Zivilisten sind inzwischen so offensichtlich, dass Assad entweder ein berechnender Lügner und Schauspieler sein muss oder der Realität weitgehend entrückt ist. Internationale Nichtregierungsorganisationen haben dem Regime Verbrechen gegen die Menschlichkeit nachgewiesen, die Videos der Aktivisten haben sich mit Orts- und Zeitangaben zu wichtigen Beweismitteln entwickelt, desertierte Offiziere berichten detailliert über Schießbefehle und Massengräber. Und jetzt packen auch noch die ersten Beobachter der Arabischen Liga aus, sprechen von andauernder Gewalt und Täuschungsmanövern des Regimes. Noch bevor die Mission am 19. Januar ihren offiziellen Abschlussbericht vorlegt, steht fest: Die Arabische Liga ist in Syrien gescheitert.
Das setzt die internationale Gemeinschaft weiter unter Druck. Die Vereinten Nationen müssten sich einschalten, fordern syrische Oppositionelle. Doch deren mächtigstes Organ - der Weltsicherheitsrat - ist durch Assads Verbündete Russland und China blockiert. Und ohne UN-Mandat mag niemand etwas unternehmen. Die Demonstranten rufen in ihrer Verzweiflung immer lauter nach einer Flugverbotszone und humanitären Korridoren zum Schutz von Zivilisten, doch diese werden sich nur mit Waffengewalt durchsetzen lassen.
Die Lage ist zum Verzweifeln: Wer Zivilisten schützen will, muss militärisch eingreifen und wird damit am Ende mehr Tote provozieren als jetzt. Jede Militarisierung des Konflikts - sei es durch ein regional koordiniertes NATO-Manöver oder durch die Bewaffnung der Deserteure der "Freien Syrischen Armee" - schadet der syrischen Revolution. Denn eine Beteiligung des Auslands bestätigt Assads Verschwörungstheorie und internationalisiert eine Protestbewegung, die aus dem Volk kommt und ausschließlich nationale Ziele verfolgt. Am Ende könnten amerikanische Neokonservative und saudische Monarchen die syrischen Proteste für ihre eigenen geostrategischen Ziele missbrauchen. Das würde viele Syrer erst recht auf die Seite des Regimes treiben.
Nein, wer den Kampf um Freiheit und Demokratie in Syrien gewinnen will, muss die Köpfe und Herzen der Syrer gewinnen. Genau darum bemüht sich auch Präsident Assad. Er hat klargemacht, dass er nur geht, wenn sein Volk das will. Eine politische Lösung wird folglich erst dann möglich, wenn sich die Massen in Damaskus und Aleppo erheben und Assad zum Machtverzicht zwingen. Dann könnte Russland im Gespräch mit der Opposition einen Übergang moderieren, der den Rückzug des Assad-Regimes und die Vorbereitung demokratischer Wahlen beinhaltet. Naives Wunschdenken? Vielleicht, aber einen Versuch ist es wert.
Die kritische Masse der Syrer für die Revolution zu gewinnen, darum geht es. Denn noch spricht sich die Mehrheit der Syrer nicht offen gegen Assad aus. Dieses Ziel erreichen die Aktivisten aber nur, wenn sie ihren beiden wichtigsten Prinzipien treu bleiben: friedlich und unabhängig zu sein. Dieser Weg des gewaltlosen Widerstands, des zivilen Ungehorsams und der öffentlichkeitswirksamen Aktionen kostet Zeit und viel zu viele Menschenleben. Aber eine Militärintervention oder ein Bürgerkrieg wären mit Sicherheit noch blutiger.
Mit dem Zeitplan für ein Verfassungsreferendum Anfang März und Parlamentswahlen im Sommer hält er seine Anhänger bei der Stange und gaukelt der verunsicherten Mehrheit der Syrer Reformwillen vor. Wer Angst hat vor dem, was kommt oder Sorge um das, was er besitzt, soll weiter stillhalten, in der Hoffnung, Assad werde das Chaos im Land in den Griff kriegen und dann schrittweise Demokratie einführen. Eine Illusion, an die sich noch immer viele Syrer klammern, obwohl längst klar ist, dass Assad nichts zulassen wird, was seine Macht gefährden könnte.
Gleichzeitig erklärt Syriens Präsident seinen Gegnern den Krieg: Er will "die Terroristen mit aller Härte" bekämpfen, beschimpft selbsternannte Revolutionäre als "Diebe" und "Gewalttäter", erklärt Oppositionelle zu Agenten des Westens und spricht über junge Aktivisten als "irregeleitete, gehirngewaschene" Jugendliche, die auf den rechten Pfad zurückgeführt werden müssen.
Glaubt Baschar al-Assad, was er da sagt? Sieht er wirklich nicht, was in seinem Land passiert? Die Grausamkeiten seiner Soldaten und Schläger gegenüber syrischen Zivilisten sind inzwischen so offensichtlich, dass Assad entweder ein berechnender Lügner und Schauspieler sein muss oder der Realität weitgehend entrückt ist. Internationale Nichtregierungsorganisationen haben dem Regime Verbrechen gegen die Menschlichkeit nachgewiesen, die Videos der Aktivisten haben sich mit Orts- und Zeitangaben zu wichtigen Beweismitteln entwickelt, desertierte Offiziere berichten detailliert über Schießbefehle und Massengräber. Und jetzt packen auch noch die ersten Beobachter der Arabischen Liga aus, sprechen von andauernder Gewalt und Täuschungsmanövern des Regimes. Noch bevor die Mission am 19. Januar ihren offiziellen Abschlussbericht vorlegt, steht fest: Die Arabische Liga ist in Syrien gescheitert.
Das setzt die internationale Gemeinschaft weiter unter Druck. Die Vereinten Nationen müssten sich einschalten, fordern syrische Oppositionelle. Doch deren mächtigstes Organ - der Weltsicherheitsrat - ist durch Assads Verbündete Russland und China blockiert. Und ohne UN-Mandat mag niemand etwas unternehmen. Die Demonstranten rufen in ihrer Verzweiflung immer lauter nach einer Flugverbotszone und humanitären Korridoren zum Schutz von Zivilisten, doch diese werden sich nur mit Waffengewalt durchsetzen lassen.
Die Lage ist zum Verzweifeln: Wer Zivilisten schützen will, muss militärisch eingreifen und wird damit am Ende mehr Tote provozieren als jetzt. Jede Militarisierung des Konflikts - sei es durch ein regional koordiniertes NATO-Manöver oder durch die Bewaffnung der Deserteure der "Freien Syrischen Armee" - schadet der syrischen Revolution. Denn eine Beteiligung des Auslands bestätigt Assads Verschwörungstheorie und internationalisiert eine Protestbewegung, die aus dem Volk kommt und ausschließlich nationale Ziele verfolgt. Am Ende könnten amerikanische Neokonservative und saudische Monarchen die syrischen Proteste für ihre eigenen geostrategischen Ziele missbrauchen. Das würde viele Syrer erst recht auf die Seite des Regimes treiben.
Nein, wer den Kampf um Freiheit und Demokratie in Syrien gewinnen will, muss die Köpfe und Herzen der Syrer gewinnen. Genau darum bemüht sich auch Präsident Assad. Er hat klargemacht, dass er nur geht, wenn sein Volk das will. Eine politische Lösung wird folglich erst dann möglich, wenn sich die Massen in Damaskus und Aleppo erheben und Assad zum Machtverzicht zwingen. Dann könnte Russland im Gespräch mit der Opposition einen Übergang moderieren, der den Rückzug des Assad-Regimes und die Vorbereitung demokratischer Wahlen beinhaltet. Naives Wunschdenken? Vielleicht, aber einen Versuch ist es wert.
Die kritische Masse der Syrer für die Revolution zu gewinnen, darum geht es. Denn noch spricht sich die Mehrheit der Syrer nicht offen gegen Assad aus. Dieses Ziel erreichen die Aktivisten aber nur, wenn sie ihren beiden wichtigsten Prinzipien treu bleiben: friedlich und unabhängig zu sein. Dieser Weg des gewaltlosen Widerstands, des zivilen Ungehorsams und der öffentlichkeitswirksamen Aktionen kostet Zeit und viel zu viele Menschenleben. Aber eine Militärintervention oder ein Bürgerkrieg wären mit Sicherheit noch blutiger.