Angst vor der humanitären Katastrophe
Die Schlacht um das letzte Rebellengebiet in Syrien steht bevor. Die Interessenlage ist unübersichtlich. Wie viele Menschen sterben werden, hängt davon ab, ob Russland, der Iran und die Türkei einen gemeinsamen Nenner finden.
Das Schicksal der letzten syrischen Rebellenhochburg Idlib wird sich vermutlich bald entscheiden. International wächst die Sorge vor einem Angriff der Regierungstruppen. Der UN-Sicherheitsrat rechnet im Fall einer umfangreichen Militäroperation mit einer humanitären Katastrophe. In der syrischen Provinz leben rund drei Millionen Zivilisten.
Neue Phase im Syrien-Krieg
Fällt Idlib, wäre das wohl das Ende des Syrienkriegs, wie er bisher geführt wurde. Das letzte größere Rebellengebiet wäre damit unter der Kontrolle des Assad-Regimes, sagt André Bank vom Hamburger GIGA-Institut im Deutschlandfunk Kultur.
Frieden wird es dem Syrien-Experten zufolge aber wohl auch danach nicht geben. Der Krieg werde nur in eine neue Phase eintreten, prognostiziert er: Die jetzt noch gegen die Aufständischen verbündeten Milizen werden dann vermutlich gegeneinander arbeiten. Die Folge könnten laut Bank Zustände wie in Afghanistan oder Somalia sein, wo lokale Warlords um Einfluss und Macht ringen.
Ob es in Idlib zum "Gemetzel" kommt, wie US-Präsident Trump warnt, hänge nun davon ab, ob sich Russland und der Iran als Unterstützer Assads und die Türkei als Helfer der Rebellen noch verständigen, meint GIGA-Experte Bank
Doch die Chancen, dass es der Türkei gelingt, die Offensive zu verhindern, seien sehr gering, sagt Bank. Für die türkische Seite gehe es jetzt vor allem darum, eine Konfrontation mit den russischen Truppen zu verhindern.
Ein Krieg zwischen Russland und der Türkei ist möglich
Russland habe in der Provinz Idlib 1300 Soldaten und viele Panzer stationiert, erläutert Bank. Wenn die syrische oder russische Luftwaffe Ziele in der Nähe der türkischen Truppen angreife, könne es zu einer direkten militärischen Auseinandersetzung kommen: "Das will man verhindern."
Die Türkei werde zugleich die Bekämpfung der syrischen Kurden weiterverfolgen. Am Freitag treffen sich Russland, der Iran und die Türkei, um über die Situation in Idlib zu beraten. Dabei werde die Provinz "sicherlich gegen die kurdischen Gebiete in Syrien verdealt werden", sagt Bank.
(ahe)