Israel wird trotz Protesten zum Erdgas-Exporteur
Israel wird zum Rohstoffexporteur. 70 Prozent des Stroms werden dort schon durch eigenes Erdgas produziert, nun soll das Land sogar exportieren. Gegen den Bau der dafür benötigten Raffinerien und Pipelines regt aber sich Widerstand.
Zelte haben sie aufgebaut, die Erdgas-Gegner. 200 Meter entfernt vom Mittelmeerstrand, zwischen Tel Aviv und Haifa. Sie kampieren auf der Baustelle einer Erdgasleitung, zwischen meterdicken weißen Rohren. So verhindern sie, dass weiter an einer neuen Erdgasleitung gebaut wird. Ihr Erkennungszeichen ist der Totenkopf. Er prangt – warnend in Weiß – auf schwarzen Öltonnen, auf mannshohen Plakaten und Autofähnchen.
Die Raffinerie – ein Ungeheuer aus Stahl
Joni Sappir, ein Mann Mitte 40 mit Totenkopf auf dem T-Shirt, hat die Anti-Gas-Bewegung im Oktober 2017 gegründet: "Das hier ist ein Aufstand des ganzen israelischen Volkes, ganz Israel ist in Gefahr, das ganze Volk Israel, die Strände von ganz Israel sind in Gefahr, die Luft von ganz Israel ist in Gefahr." Jetzt folgen ihm hunderte, die meisten wohnen hier an der Küste. Sie wollen den Bau einer Erdgasraffinerie auf See, zehn Kilometer vom Strand entfernt, verhindern.
Das Ungeheuer aus Stahl am Horizont würde den Blick stören, findet Avia Meir. Und sie warnt vor unabsehbaren Folgen bei Erdbeben, Raketenangriffen aus dem Libanon und Pipelinebrüchen: "Sie bauen uns da eine Raffinerie, die dreißigmal so groß ist wie eine übliche Raffinerie. Sie wird nahe sein und wird uns das ganze Meer kaputt machen. Ich weiß nicht, ob ich dann noch schwimmen gehen kann, meine Kinder schwimmen gehen lassen kann."
Kohle schädlicher als Gas
Ist das wahr, was die Gegner sagen? Begleitet vom israelischen Informationssender "Reschet Bet" fahre ich nach Jerusalem, zu Energieminister Yuval Steinitz: "Das Gas ist hundertmal sauberer im Blick auf Luftreinhaltung und die menschliche Gesundheit als Kohle. Und das Gas, das aus dem Gasfeld 'Leviathan' gewonnen wird, soll eben die Kohle ersetzen, die wirklich Menschen tötet! Gut, ich kann verstehen, dass einige Leute so eine Gasaufbereitungsanlage in zehn Kilometer Entfernung nicht sehen wollen, aber wir tun etwas, das für alle Bürger Israels gut ist und nicht nur für die Bürger, die dort am Meer wohnen."
Die israelischen Elektrizitätswerke verbrennen heute inzwischen bis zu 70 Prozent Erdgas. Und blasen tatsächlich sichtbar weniger Schadstoffe in die Luft als vor ein paar Jahren.
Fahren wir weiter – nach Aschdod, eine israelische Großstadt an der Küste zwischen Tel Aviv und Gaza. Ido Elman, ein muskulöser Typ mit Glatze, begrüßt uns in der ersten Gasraffinerie Israels, seit 2007 betrieben von dem US-amerikanischen Konzern Noble Energy. Die Anlage ist ein Hochsicherheitsbereich. "Das ist der Funktionsbereich der Anlage. Wenn Sie hier nachher reinwollen und herumlaufen wollen, dann ist das möglich, aber man braucht natürlich die richtige Ausrüstung dafür", so Elman.
Fahren wir weiter – nach Aschdod, eine israelische Großstadt an der Küste zwischen Tel Aviv und Gaza. Ido Elman, ein muskulöser Typ mit Glatze, begrüßt uns in der ersten Gasraffinerie Israels, seit 2007 betrieben von dem US-amerikanischen Konzern Noble Energy. Die Anlage ist ein Hochsicherheitsbereich. "Das ist der Funktionsbereich der Anlage. Wenn Sie hier nachher reinwollen und herumlaufen wollen, dann ist das möglich, aber man braucht natürlich die richtige Ausrüstung dafür", so Elman.
Besucher müssen einen knallroten feuerfesten Ganzkörperanzug anziehen, Schutzbrille, Helm und Arbeitsschuhe. Funktelefone, Mikrofone und Kameras sind beim Rundgang verboten. Von einer Aussichtsplattform aus überblickt man ein Gewirr aus gelben Gerüsten, grauen Rohren, Betonwänden und Tanks, bewacht von Männern mit Maschinengewehren um den Hals und Sonnenbrillen im Gesicht. Hier wird das Erdgas getrocknet, gereinigt und ins israelische Gasnetz gepumpt. Ein flüssiger, giftiger Rest, genannt "Kondensat", wird in Tanks aufgefangen und an eine Ölraffinerie weitergegeben.
Moran El Am, Chef der Anlage, ist stolz, dass es seit 2007 keinen ernsten Zwischenfall gab: "Alles wird geprüft, der Druck, die Transmitter. Wenn es bei einem Gefäß einen Wert gibt, der von der Norm abweicht, wird sofort ein Alarm ausgelöst. Dann kann ich überprüfen, was passiert ist. Bis jetzt hatten wir keinen Vorfall, den wir nicht rechtzeitig behandelt hätten, und es gab keinerlei Verschmutzung der Umwelt."
Proteste in Tel Aviv
Bislang blieb die Erdgasanlage von Raketen aus dem Gaza-Streifen verschont. Gaza liegt nur 30 Kilometer südlich. "Das ist ein Problem. Aber auch dieser Ort ist abgesichert auf verschiedene Art und Weise, worauf ich hier nicht näher eingehen will", so El Am.
Eine Raffinerieanlage wie diese entsteht nun weiter nördlich auf See – unter Protesten. Von den Gefahren für die Umwelt, die die Gegner befürchten, ist hier nichts zu sehen. Dennoch kämpfen die Gegner weiter, inzwischen aber nicht mehr an der Küste, sondern im Zentrum von Tel Aviv. Auf ihren Transparenten sprechen sie den Energieminister an: "Steinitz, vergifte uns nicht!"