"Kanzleramt" wird eingemottet
Am Mittwochabend sendet das ZDF die letzten beiden Teile seiner Serie "Kanzleramt". Die anfängliche Begeisterung des Publikums bröckelte von Folge zu Folge. Ein Mangel an Schärfe und konturierten Figuren führte zum Misserfolg. Nun wird die Serie sang- und klanglos eingemottet.
Im fiktiven Kanzleramt der Regierung Weyer ging es, wie in der richtigen Politik, hoch her: In Folge vier etwa musste sich das Kanzleramtsteam mit dem Verrat eines Regierungsgeheimnisses herumschlagen: mit der möglichen vorzeitigen Ablösung des Arbeitsministers. Und in einer der ersten Folgen musste sich die Regierung trotz Abwesenheit des Bundeskanzlers mit der Freilassung deutscher Geiseln in Peru befassen.
Die Geschichten der Serie, aus der Feder des ehemaligen Redenschreibers von Willy Brandt, Martin E. Süskind, waren gar nicht mal unrealistisch. Etwa wenn es um ein Insider-Geschäft der Fraktionsvorsitzenden der Regierungspartei ging – dann war das ein durchaus denkbarer Dreh, der so oder ähnlich passieren könnte. Die meisten der Handlungsstränge waren glaubhaft und überzeugend – wenn leider auch so manches Klischee nicht ausgelassen wurde, etwa wenn eine Journalistin mit dem Redenschreiber der Bundesregierung ins Bett geht, und dabei in den Besitz eines vertraulichen Papiers kommt – da fragte man sich schon: Sieht so die üblicherweise die Recherche der Hauptstadtpresse aus?
Die Besetzungsliste des "Kanzleramts" war hingegen exzellent – daran konnte die Serie nicht scheitern. Zwar erschien Klaus J. Behrendt als agiler, joggender Endvierziger zuweilen etwas arg hemdsärmelig, vor allem in den Szenen in denen er seine halbwüchsige Tochter zur Räson bringen musste. Dennoch: Herbert Knaup als Regierungssprecher, Rita Russek als Büroleiterin und Robert Atzorn als Kanzleramtschef waren eine hervorragende Besetzung.
Doch woran lag es nun, dass das "Kanzleramt" floppte? "Wir machen keinen Schlüsselfilm", betonte Regisseur Hans-Christoph Blumenberg – und genau das war das Problem. Das ZDF-"Kanzleramt" befand sich seltsam zeit- und ortlos irgendwo zwischen den realen politischen Konflikten. Während in den Serien "West Wing" aus den USA und "Yes, Minister" aus England durchaus deutliche Parallelen etwa zu Bill Clinton zu erkennen waren, war man im stark durch politisches Proporzdenken geprägten ZDF akribisch auf Ausgewogenheit bedacht.
Zum Beispiel musste neben Willy Brandt unbedingt auch ein Konrad-Adenauer-Foto hängen. Nur ja keine allzu deutliche Parallele zu den realen Politik-Akteuren riskieren und nur nicht allzu scharf und bissig werden. Etwas anderes sei einfach gar nicht "denkbar" gewesen, bestätigt denn auch der ZDF-Kommunikationschef Alexander Stock. Dieses "Sich nicht festlegen wollen" war letztendlich der Grund für den Misserfolg der Serie.
Im Übrigen muss man dem ZDF-"Kanzleramt" ankreiden, dass die Autoren gerade bei den Dialogen geschludert haben: Die dargestellten Figuren blieben erstaunlich konturlos, weil die Autoren ihnen allzu einfache, manchmal regelrecht naive Sätze in den Mund gelegt haben. Auch wenn man beim Publikum sicher Rücksicht auf die nicht politik-affinen Zuschauer nehmen musste, erschienen einige Gespräche geradezu verniedlichend, nach dem Motto: "Du Kanzleramtschef, Hallo – hier der Bundeskanzler, wir haben eine Krise."
Dem "Kanzleramt" nützte es offenbar auch nichts, dass mit schnellen Schnitten, treibender Musik, Split-Screens und allen dramaturgischen Kniffen, die zu einer spannenden Soap-Opera gehören, versucht wurde, der Serie mehr Dynamik zu verleihen.
Das traurige Fazit lautet: Politik läuft derzeit offenbar nicht, jedenfalls nicht auf der fiktionalen Ebene, das musste Anfang des Jahres auch die ARD mit ihrem deutlich besseren Film "Spiele der Macht – 11 0 11 Berlin" erfahren. Obwohl das politische Berlin derzeit viel Stoff für Filme und Serien hergäbe, scheinen die Zuschauer mit den realen Verhältnissen vollauf bedient.
Schade eigentlich, denn das vorhersehbare Ende der Regierung Schröder hätte sicher als guter "Cliffhanger" für die nächste Staffel des ZDF-"Kanzleramts" gedient. Doch dazu wird es nun nicht mehr kommen. Heute Abend wird die Serie sang- und klanglos eingemottet – in der letzten Folge wird Bundeskanzler Weyer nach einer Afrika-Reise schwer krank und seine Wiederwahl als Parteivorsitzender ist gefährdet durch eine mit harten Bandagen kämpfende Konkurrentin. Wenigstens in diesem Punkt sind gewisse Parallelen zum bevorstehenden heißen politischen Herbst erkennbar.
Das Gespräch zum Thema mit Joachim Huber, Leiter des Ressorts Medien beim Berliner "Tagesspiegel", können Sie in der rechten Spalte als Audio hören.
Link:
ZDF - "Kanzleramt"
Die Geschichten der Serie, aus der Feder des ehemaligen Redenschreibers von Willy Brandt, Martin E. Süskind, waren gar nicht mal unrealistisch. Etwa wenn es um ein Insider-Geschäft der Fraktionsvorsitzenden der Regierungspartei ging – dann war das ein durchaus denkbarer Dreh, der so oder ähnlich passieren könnte. Die meisten der Handlungsstränge waren glaubhaft und überzeugend – wenn leider auch so manches Klischee nicht ausgelassen wurde, etwa wenn eine Journalistin mit dem Redenschreiber der Bundesregierung ins Bett geht, und dabei in den Besitz eines vertraulichen Papiers kommt – da fragte man sich schon: Sieht so die üblicherweise die Recherche der Hauptstadtpresse aus?
Die Besetzungsliste des "Kanzleramts" war hingegen exzellent – daran konnte die Serie nicht scheitern. Zwar erschien Klaus J. Behrendt als agiler, joggender Endvierziger zuweilen etwas arg hemdsärmelig, vor allem in den Szenen in denen er seine halbwüchsige Tochter zur Räson bringen musste. Dennoch: Herbert Knaup als Regierungssprecher, Rita Russek als Büroleiterin und Robert Atzorn als Kanzleramtschef waren eine hervorragende Besetzung.
Doch woran lag es nun, dass das "Kanzleramt" floppte? "Wir machen keinen Schlüsselfilm", betonte Regisseur Hans-Christoph Blumenberg – und genau das war das Problem. Das ZDF-"Kanzleramt" befand sich seltsam zeit- und ortlos irgendwo zwischen den realen politischen Konflikten. Während in den Serien "West Wing" aus den USA und "Yes, Minister" aus England durchaus deutliche Parallelen etwa zu Bill Clinton zu erkennen waren, war man im stark durch politisches Proporzdenken geprägten ZDF akribisch auf Ausgewogenheit bedacht.
Zum Beispiel musste neben Willy Brandt unbedingt auch ein Konrad-Adenauer-Foto hängen. Nur ja keine allzu deutliche Parallele zu den realen Politik-Akteuren riskieren und nur nicht allzu scharf und bissig werden. Etwas anderes sei einfach gar nicht "denkbar" gewesen, bestätigt denn auch der ZDF-Kommunikationschef Alexander Stock. Dieses "Sich nicht festlegen wollen" war letztendlich der Grund für den Misserfolg der Serie.
Im Übrigen muss man dem ZDF-"Kanzleramt" ankreiden, dass die Autoren gerade bei den Dialogen geschludert haben: Die dargestellten Figuren blieben erstaunlich konturlos, weil die Autoren ihnen allzu einfache, manchmal regelrecht naive Sätze in den Mund gelegt haben. Auch wenn man beim Publikum sicher Rücksicht auf die nicht politik-affinen Zuschauer nehmen musste, erschienen einige Gespräche geradezu verniedlichend, nach dem Motto: "Du Kanzleramtschef, Hallo – hier der Bundeskanzler, wir haben eine Krise."
Dem "Kanzleramt" nützte es offenbar auch nichts, dass mit schnellen Schnitten, treibender Musik, Split-Screens und allen dramaturgischen Kniffen, die zu einer spannenden Soap-Opera gehören, versucht wurde, der Serie mehr Dynamik zu verleihen.
Das traurige Fazit lautet: Politik läuft derzeit offenbar nicht, jedenfalls nicht auf der fiktionalen Ebene, das musste Anfang des Jahres auch die ARD mit ihrem deutlich besseren Film "Spiele der Macht – 11 0 11 Berlin" erfahren. Obwohl das politische Berlin derzeit viel Stoff für Filme und Serien hergäbe, scheinen die Zuschauer mit den realen Verhältnissen vollauf bedient.
Schade eigentlich, denn das vorhersehbare Ende der Regierung Schröder hätte sicher als guter "Cliffhanger" für die nächste Staffel des ZDF-"Kanzleramts" gedient. Doch dazu wird es nun nicht mehr kommen. Heute Abend wird die Serie sang- und klanglos eingemottet – in der letzten Folge wird Bundeskanzler Weyer nach einer Afrika-Reise schwer krank und seine Wiederwahl als Parteivorsitzender ist gefährdet durch eine mit harten Bandagen kämpfende Konkurrentin. Wenigstens in diesem Punkt sind gewisse Parallelen zum bevorstehenden heißen politischen Herbst erkennbar.
Das Gespräch zum Thema mit Joachim Huber, Leiter des Ressorts Medien beim Berliner "Tagesspiegel", können Sie in der rechten Spalte als Audio hören.
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ZDF - "Kanzleramt"