Kapitalist mit Geldsack und Zigarre
In "Economix" macht Michael Goodwin mit den Mitteln des Comics nachvollziehbar, wie die Ökonomie wurde, was sie heute ist. Allerdings reduziert er Wirtschaftsgeschichte allzu sehr auf das Motto "Reiche Böse gegen arme Machtlose".
"Wir leben in einer Demokratie. Wenn wir wählen, geht es im Grunde fast immer um Wirtschaftsthemen. Es ist unsere Pflicht zu verstehen, was wir wählen." So steht es am Anfang von "Economix". So steht es in einer Sprechblase. Ein kleines Männlein mit schwarzem Stoppelhaar, im schwarzen T-Shirt, mit schwarzer Brille sagt das. Denn "Economix" ist eine gezeichnete Wirtschaftsgeschichte, ein Wirtschafts-Comic. Das kleine Männlein - Michael Goodwin, der Autor des Buches - will uns helfen, die Wirtschaft zu verstehen. Und was wäre da eingängiger und leichter verständlich als eine gezeichnete Geschichte. Bilder und Worte im Einklang, die die Theorien und Zusammenhänge unserer Wirtschaft seit der Industrialisierung erklären?
Die Geschichte, die Michael Goodwin und sein Illustrator Dan E. Burr erzählen, ist vor allem eine "Böse-Buben"-Geschichte: Big Business gegen den Rest der Welt, gegen den Rest der Bevölkerung. Und so richtig los geht sie auf Seite 199. Da tritt wieder das schwarze Männlein - Michael Goodwin – auf. "Dieses Buch ist von jetzt an sehr umstritten. Ok. So soll es sein", ruft das schwarze Männlein im Laufschritt, fliehend vor einem wütenden Mob, der unschwer dem "Big Business" zuzuordnen ist.
Die Geschichte, die Michael Goodwin und sein Illustrator Dan E. Burr erzählen, ist vor allem eine "Böse-Buben"-Geschichte: Big Business gegen den Rest der Welt, gegen den Rest der Bevölkerung. Und so richtig los geht sie auf Seite 199. Da tritt wieder das schwarze Männlein - Michael Goodwin – auf. "Dieses Buch ist von jetzt an sehr umstritten. Ok. So soll es sein", ruft das schwarze Männlein im Laufschritt, fliehend vor einem wütenden Mob, der unschwer dem "Big Business" zuzuordnen ist.
Wirtschaftspolitik Ronald Reagans wird entmystifiziert
Und schon geht es los: "Reagan hat die Steuern erhöht." "Reagan hat den Staat noch größer gemacht". Ganz dick und ganz groß stehen diese Sätze zwischen den Bildern, in die die frühen 80er-Jahre der US-Wirtschaft gezeichnet sind. Goodwin möchte die Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Reagan entmystifizieren. Dessen "Reagonomics" stehen gemeinhin für niedrige Steuern, eine schlanken Staat, eine Deregulierung der Wirtschaft nach Vorstellung der marktliberalen Schule – Vorbild für all jene Reformen weltweit, die seit der Finanzkrise 2008 in Verruf geraten sind. Goodwin aber sagt: Mythos. Unter Reagan habe der Staat massiv in Rüstung investiert und die Großindustrie subventioniert. Er nennt das sogar "deficit spending".
Und da muss der Autor als schwarzes Männlein schon mal vor einem wütenden Mob - Finanzakteure und Großindustrie - davonlaufen, denn "deficit spending" ist die Wunderwaffe der Keynesianer, der wirtschaftspolitischen Schule also, deren erklärte Feinde die Marktliberalen aus der Reagan-Ära waren. Michael Goodwin lässt kein gutes Haar an Reagan. Und mit Reagan beginnt für Goodwin auch die Zeit, die durch das Prinzip "Privatisierung der Profite und Sozialisierung der Verluste" zur heutigen Wirtschafts- und Finanzkrise geführt hat. In der etwa der Derivatemarkt zu einem "riesigen unbeaufsichtigten Wettbüro wurde." Die Doktrin von "Alles für den Markt" bringt Goodwin sehr spitz, aber gut, auf den Punkt.
Was Goodwin immer wieder in der Geschichte feststellt: "Gemischte Wirtschaften funktionieren", also wenn der Staat zu einem guten Teil lenkend eingreift. Insbesondere die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hat es ihm angetan. Das war die Zeit der Keynesianer. Immer wieder gibt es Zeichnungen vom "Maschinenraum" der Wirtschaft, in der Ökonomen an großen Maschinen mit langen Hebeln schalten und walten. Die Arbeitslosigkeit und die Geldmenge steuern, die Volkswirtschaft auf Kurs halten, die Mehrung des Wohlstands der Gesamtbevölkerung im Blick.
Und da muss der Autor als schwarzes Männlein schon mal vor einem wütenden Mob - Finanzakteure und Großindustrie - davonlaufen, denn "deficit spending" ist die Wunderwaffe der Keynesianer, der wirtschaftspolitischen Schule also, deren erklärte Feinde die Marktliberalen aus der Reagan-Ära waren. Michael Goodwin lässt kein gutes Haar an Reagan. Und mit Reagan beginnt für Goodwin auch die Zeit, die durch das Prinzip "Privatisierung der Profite und Sozialisierung der Verluste" zur heutigen Wirtschafts- und Finanzkrise geführt hat. In der etwa der Derivatemarkt zu einem "riesigen unbeaufsichtigten Wettbüro wurde." Die Doktrin von "Alles für den Markt" bringt Goodwin sehr spitz, aber gut, auf den Punkt.
Was Goodwin immer wieder in der Geschichte feststellt: "Gemischte Wirtschaften funktionieren", also wenn der Staat zu einem guten Teil lenkend eingreift. Insbesondere die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hat es ihm angetan. Das war die Zeit der Keynesianer. Immer wieder gibt es Zeichnungen vom "Maschinenraum" der Wirtschaft, in der Ökonomen an großen Maschinen mit langen Hebeln schalten und walten. Die Arbeitslosigkeit und die Geldmenge steuern, die Volkswirtschaft auf Kurs halten, die Mehrung des Wohlstands der Gesamtbevölkerung im Blick.
Lockerer Einstieg in die Wirtschaftsgeschichte
Auch wenn Michael Goodwin anfangs ankündigt, einen völlig neuen Blick auf die Wirtschaftsgeschichte zu werfen, originell ist dies nicht. Im Prinzip ist dies zum Beispiel auch die Haltung des US-Ökonomen und (spätestens seit der Finanzkrise) Bestsellerautors Paul Krugman, der sich deshalb auch "free-market keynesian" nennt. Dennoch lohnt sich das Buch als lockerer Einstieg. Angefangen bei Adam Smith, über Ricardo, Marx und Freedman versucht Goodwin immer die reale Wirtschaftspolitik mit den zeitgenössischen Theorien zu verschmelzen und erklärt so in wenigen Worten und mit wenigen Strichen Grundprinzipien und Annahmen der heutigen Wirtschaftstheorie. Stark ist zum Beispiel, wie er den komparativen Kostenvorteil, das Grundprinzip der Theorie des Freihandels erklärt und kritisch einordnet oder den sinkenden Grenznutzen an Hand von Hamlets "Ein Königreich für ein Pferd". Dabei ist "Economix" kein klassischer Comic. Meist führt eine Erzählstimme durch das Buch und trägt einen Großteil der Geschichte und wird durch die Zeichnungen nur komisch, ironisch kommentiert.
Das Buch hilft, ganz klar, wie versprochen, zu verstehen. Knackig, knapp und reduziert mit den Mitteln des Comics. Darin liegt aber auch ein Problem. Ist es immer gut, wenn das komplizierte, einfach ausgedrückt wird? Schwierig ist, dass der Kapitalist immer mit Geldsack, Zylinder und Zigarre dargestellt ist oder der Autokrat als Marionette eines monströsen Großkonzerns, der mit seinem Riesenstiefel auf der Bevölkerung umhertrampelt. Denn das weckt ungute Erinnerungen und bietet zu viele Anknüpfungspunkte an Ressentiments und Verschwörungstheorien. Durch Vokabeln wie "raffen" und "Unternehmensplünderer" wird das nicht besser.
Und Goodwin erzählt immer eine schlüssige, eine gute Geschichte. Manchmal zu gut. So schlüssig ist Geschichte nicht. Seine Geschichte ist vor allem: Die da oben, die einflüsternden Konzernlenker, wir da unten. Reiche Böse, gegen Arme und Machtlose. Oder noch knapper: Geld regiert die Welt. Trotzdem, trotz aller Mängel, schafft es das Buch mit den Mitteln des Comics auf eine leicht bekömmliche Art, zu zeigen, wie die Wirtschaft geworden ist, was sie heute ist. Und am Ende spricht das schwarze Männlein mit der großen Brille ein letztes Mal den Leser an: "Im Übrigen ist Informiertsein nur der erste Schritt, die Welt braucht Taten, mehr denn je."
Besprochen von Philipp Schnee
Das Buch hilft, ganz klar, wie versprochen, zu verstehen. Knackig, knapp und reduziert mit den Mitteln des Comics. Darin liegt aber auch ein Problem. Ist es immer gut, wenn das komplizierte, einfach ausgedrückt wird? Schwierig ist, dass der Kapitalist immer mit Geldsack, Zylinder und Zigarre dargestellt ist oder der Autokrat als Marionette eines monströsen Großkonzerns, der mit seinem Riesenstiefel auf der Bevölkerung umhertrampelt. Denn das weckt ungute Erinnerungen und bietet zu viele Anknüpfungspunkte an Ressentiments und Verschwörungstheorien. Durch Vokabeln wie "raffen" und "Unternehmensplünderer" wird das nicht besser.
Und Goodwin erzählt immer eine schlüssige, eine gute Geschichte. Manchmal zu gut. So schlüssig ist Geschichte nicht. Seine Geschichte ist vor allem: Die da oben, die einflüsternden Konzernlenker, wir da unten. Reiche Böse, gegen Arme und Machtlose. Oder noch knapper: Geld regiert die Welt. Trotzdem, trotz aller Mängel, schafft es das Buch mit den Mitteln des Comics auf eine leicht bekömmliche Art, zu zeigen, wie die Wirtschaft geworden ist, was sie heute ist. Und am Ende spricht das schwarze Männlein mit der großen Brille ein letztes Mal den Leser an: "Im Übrigen ist Informiertsein nur der erste Schritt, die Welt braucht Taten, mehr denn je."
Besprochen von Philipp Schnee
Michael Goodwin: Economix. Wie unsere Wirtschaft funktioniert (oder auch nicht)
Mit Illustrationen von Dan E. Burr
Aus dem Amerikanischen von Edmund Jacoby
Jacoby & Stuart, Berlin 2013
304 Seiten, 19,95 Euro
Mit Illustrationen von Dan E. Burr
Aus dem Amerikanischen von Edmund Jacoby
Jacoby & Stuart, Berlin 2013
304 Seiten, 19,95 Euro