Kapuzenpulli und Judentum
Antonina Samecka hat vor zwei Jahren zusammen mit Klara Kowtun das Modelabel "Risk - made in Warsaw" gegründet. Ihr Markenzeichen: grauer Kapuzenpulli – und das in jeder nur möglichen Kombination. Das Besondere aber ist die jüdische Linie, die Antonina Samecka entworfen hat.
"Ich bin Polin jüdischer Abstammung – das heißt meine Mutter ist Jüdin, alles ist so wie es sein soll, meine Oma und Ur-Oma auch."
Die schlanke Frau mit den langen schwarzen Haaren steht mitten in ihrem kleinen Geschäft, im Zentrum Warschaus, und beantwortet selbstbewusst die Frage, die ihr immer zuerst gestellt wird.
"Wenn jemand in Polen Jude ist, wird man immer gefragt, ob es da nicht diesen entsetzlichen Antisemitismus gibt. Ich muss immer erklären: Nein, den gibt es nicht. Und seitdem ich diese jüdische Linie anbiete, bin ich die offizielle Warschauer Jüdin."
Das hat sich Antonina Samecka zu Beginn ihres Berufslebens nicht vorstellen können. Die 30-Jährige ist zwar in der jüdischen Tradition erzogen, wollte es aber nie öffentlich machen. Das Anliegen der gebürtigen und überzeugten Warschauerin war die Mode.
"Ich habe zwölf Jahre lang bei Frauenzeitschriften gearbeitet, die letzten fünf Jahre in der Stilberatung. Immer habe ich entweder die Mode oder die Beauty-Redaktion geleitet und wusste daher, wie man eine Marke kreiert. Ich habe unzählige Interviews mit Art-Direktoren geführt, Gucci, Diesel und andere, jeder erzählte mir seine Geschichte, erklärte, warum gerade seine Marke so erfolgreich war. Irgendwann dachte ich, das kannst du auch. Außerdem wusste ich schon immer, was ich von einer Kleidung will."
Leger, witzig, pfiffig – das macht den Look aus. Auf schlichten weißen Kleiderständern hängen Trenchcoats, Fräcke, Cocktailkleider, Sakkos und Pullis – alle mit Kapuzen. Nicht im Schlabberlook, sondern auf Figur geschnitten und sexy. Für Antonina gehört die "Kapuze" zur klassischen Ausstattung. Auch bei der jüdischen Linie, die – im Gegensatz zum übrigen Angebot – bedruckt oder bestickt ist: Mit dem Davidstern, dem siebenarmigen Leuchter Menora oder mit hebräischen Sprüchen. Symbole, die mit einem Stigma behaftet sind und hier zum Mode-Accessoire werden.
"Ich wollte unbedingt, dass man Symbole wie den Davidstern mit Stolz trägt, nach dem Motto: Ich will das tragen, es ist cool und sexy! Hier in Polen denkt man bei Juden immer, dass sie ermordet wurden. Ich will daran erinnern, was sie vorher alles geschaffen haben! Es gab auch eine Zeit, wo es toll war, Teil dieser Gemeinschaft zu sein!"
Vor zwei Jahren hat sie sich zur Selbständigkeit entschlossen. Da sie allein lebt, war das Risiko überschaubar, sagt sie. Ihre Freunde waren die ersten Kunden. Alle polnische Juden – wie die 18-jährige Daria.
"Bekannte von mir kennen den Bruder von Antonina. So ist das gekommen. Ich beobachte, dass man sich auch außerhalb der jüdischen Gemeinde in Polen dafür interessiert. Und sie ist die einzige, die das anbietet. Was ich toll finde, ist, dass das Judentum hier nicht volkstümlich wirkt – so wie: Mann mit Bart und Schläfenlocken. Das Design ist unaufdringlich und gleichzeitig attraktiv und modern."
Antonina Samecka kennt den Krieg und die Judenverfolgung aus Erzählungen. Aber sie will weg vom Opfermythos und wagt damit den Tabubruch. Mit 13 Jahren war sie zum ersten Mal in Israel – ein Erlebnis, das sie nachhaltig beeindruckte.
"Ich kam zurück mit einem Davidstern an der Halskette und war ganz stolz. Meine Großmutter war entsetzt, sagte, ich soll das sofort abnehmen, sonst passiert etwas. Sie hat eben den Krieg miterlebt und hat verinnerlicht, was es heißt, Jude zu sein. Die Frage: 'Was passiert, wenn 'es' zurückkommt?' gibt es heute noch bei vielen Juden."
Das jüdische Museum in Warschau. Antoninas Mutter Maryla engagiert sich beim Aufbau des Museums, das im Mai 2014 eröffnet werden soll. Die 51-Jährige trägt ein Kapuzen-Shirt aus der jüdischen Kollektion – und ist der größte Fan der Arbeit ihrer Tochter.
"Es gefällt mir sehr! Wissen Sie, wenn man zur jüdischen Gemeinschaft gehört, die in Europa fast vernichtet wurde, dann muss man zeigen, dass dieser Plan nicht aufgegangen ist – schon allein aus Anstand gegenüber den Ermordeten. Ich finde es schön, dass man das Leben zeigt und eben nicht den Tod! Ich war glücklich, als sie sich dazu entschloss."
Die Halskette mit dem Davidstern trägt Antonina heute noch. Ihr Modelabel "Risk – Made in Warsaw" ist durch die jüdische Linie international bekannt geworden. Sie jettet zwischen Warschau, L.A., Tel Aviv, Amsterdam und Berlin hin und her. Und freut sich, dass sie ihre beiden Lieben – den Kapuzenpulli und das Judentum – kombinieren und erfolgreich promoten kann.
"Ich verkaufe viel, ja. Wir verkaufen viel ins Ausland. Der Laden selbst bringt guten Umsatz. Also: Es ist reichlich! Ich habe im Moment zwölf Leute hier, aber wir brauchen mehr!"
Webseite von Antonina Samecka
Die schlanke Frau mit den langen schwarzen Haaren steht mitten in ihrem kleinen Geschäft, im Zentrum Warschaus, und beantwortet selbstbewusst die Frage, die ihr immer zuerst gestellt wird.
"Wenn jemand in Polen Jude ist, wird man immer gefragt, ob es da nicht diesen entsetzlichen Antisemitismus gibt. Ich muss immer erklären: Nein, den gibt es nicht. Und seitdem ich diese jüdische Linie anbiete, bin ich die offizielle Warschauer Jüdin."
Das hat sich Antonina Samecka zu Beginn ihres Berufslebens nicht vorstellen können. Die 30-Jährige ist zwar in der jüdischen Tradition erzogen, wollte es aber nie öffentlich machen. Das Anliegen der gebürtigen und überzeugten Warschauerin war die Mode.
"Ich habe zwölf Jahre lang bei Frauenzeitschriften gearbeitet, die letzten fünf Jahre in der Stilberatung. Immer habe ich entweder die Mode oder die Beauty-Redaktion geleitet und wusste daher, wie man eine Marke kreiert. Ich habe unzählige Interviews mit Art-Direktoren geführt, Gucci, Diesel und andere, jeder erzählte mir seine Geschichte, erklärte, warum gerade seine Marke so erfolgreich war. Irgendwann dachte ich, das kannst du auch. Außerdem wusste ich schon immer, was ich von einer Kleidung will."
Leger, witzig, pfiffig – das macht den Look aus. Auf schlichten weißen Kleiderständern hängen Trenchcoats, Fräcke, Cocktailkleider, Sakkos und Pullis – alle mit Kapuzen. Nicht im Schlabberlook, sondern auf Figur geschnitten und sexy. Für Antonina gehört die "Kapuze" zur klassischen Ausstattung. Auch bei der jüdischen Linie, die – im Gegensatz zum übrigen Angebot – bedruckt oder bestickt ist: Mit dem Davidstern, dem siebenarmigen Leuchter Menora oder mit hebräischen Sprüchen. Symbole, die mit einem Stigma behaftet sind und hier zum Mode-Accessoire werden.
"Ich wollte unbedingt, dass man Symbole wie den Davidstern mit Stolz trägt, nach dem Motto: Ich will das tragen, es ist cool und sexy! Hier in Polen denkt man bei Juden immer, dass sie ermordet wurden. Ich will daran erinnern, was sie vorher alles geschaffen haben! Es gab auch eine Zeit, wo es toll war, Teil dieser Gemeinschaft zu sein!"
Vor zwei Jahren hat sie sich zur Selbständigkeit entschlossen. Da sie allein lebt, war das Risiko überschaubar, sagt sie. Ihre Freunde waren die ersten Kunden. Alle polnische Juden – wie die 18-jährige Daria.
"Bekannte von mir kennen den Bruder von Antonina. So ist das gekommen. Ich beobachte, dass man sich auch außerhalb der jüdischen Gemeinde in Polen dafür interessiert. Und sie ist die einzige, die das anbietet. Was ich toll finde, ist, dass das Judentum hier nicht volkstümlich wirkt – so wie: Mann mit Bart und Schläfenlocken. Das Design ist unaufdringlich und gleichzeitig attraktiv und modern."
Antonina Samecka kennt den Krieg und die Judenverfolgung aus Erzählungen. Aber sie will weg vom Opfermythos und wagt damit den Tabubruch. Mit 13 Jahren war sie zum ersten Mal in Israel – ein Erlebnis, das sie nachhaltig beeindruckte.
"Ich kam zurück mit einem Davidstern an der Halskette und war ganz stolz. Meine Großmutter war entsetzt, sagte, ich soll das sofort abnehmen, sonst passiert etwas. Sie hat eben den Krieg miterlebt und hat verinnerlicht, was es heißt, Jude zu sein. Die Frage: 'Was passiert, wenn 'es' zurückkommt?' gibt es heute noch bei vielen Juden."
Das jüdische Museum in Warschau. Antoninas Mutter Maryla engagiert sich beim Aufbau des Museums, das im Mai 2014 eröffnet werden soll. Die 51-Jährige trägt ein Kapuzen-Shirt aus der jüdischen Kollektion – und ist der größte Fan der Arbeit ihrer Tochter.
"Es gefällt mir sehr! Wissen Sie, wenn man zur jüdischen Gemeinschaft gehört, die in Europa fast vernichtet wurde, dann muss man zeigen, dass dieser Plan nicht aufgegangen ist – schon allein aus Anstand gegenüber den Ermordeten. Ich finde es schön, dass man das Leben zeigt und eben nicht den Tod! Ich war glücklich, als sie sich dazu entschloss."
Die Halskette mit dem Davidstern trägt Antonina heute noch. Ihr Modelabel "Risk – Made in Warsaw" ist durch die jüdische Linie international bekannt geworden. Sie jettet zwischen Warschau, L.A., Tel Aviv, Amsterdam und Berlin hin und her. Und freut sich, dass sie ihre beiden Lieben – den Kapuzenpulli und das Judentum – kombinieren und erfolgreich promoten kann.
"Ich verkaufe viel, ja. Wir verkaufen viel ins Ausland. Der Laden selbst bringt guten Umsatz. Also: Es ist reichlich! Ich habe im Moment zwölf Leute hier, aber wir brauchen mehr!"
Webseite von Antonina Samecka