Die unbeirrbare Annette von Droste-Hülshoff
Die Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff habe sehr modern geschrieben, sagt Karen Duve. In ihrem Roman "Fräulein Nettes kurzer Sommer" zeichnet sie ausgehend von der "Jugendkatastrophe der Droste" das Leben der Dichterin im 19. Jahrhundert detailreich nach.
Am Geburtsort der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff – auf der Wasserburg Hülshoff im Münsterland – beginnen die Droste-Tage 2018 mit Lesungen, Konzerten, Film- und Theateraufführungen. Außerdem eröffnet auf Burg Hülshoff im Münsterland ein neues "Center for Literature".
Die 1797 geborene Annette von Droste-Hülshoff sei in Westfalen unter den Schriftstellern die "absolute Berühmtheit", sagt Karen Duve. Duve, selbst Schriftstellerin, hat sich intensiv mit der Schriftstellerpersönlichkeit des 19. Jahrhunderts befasst, deren Werk zum Kanon der deutschen Literatur zählt. Daraus ist Duves Roman "Fräulein Nettes kurzer Sommer" entstanden.
Duve gesteht, dass sie sich zunächst – abgesehen von Balladen oder des bekannten Romans "Die Judenbuche" – kaum für das Werk der Hülshoff interessiert habe. Sie habe sich der Schriftstellerin über deren Biografie genähert, insbesondere über die so genannte "Jugendkatastrophe der Droste, also ihr sehr unglückliches Liebesleben von 1820 (…) und das fand ich so gemein, so schrecklich, wie ihr da mitgespielt worden ist". Es sei eine Zeit großer Umbrüche gewesen.
Zitat aus "Fräulein Nettes kurzer Sommer": "Man schrieb das Jahr 1819, die Lebensverhältnisse änderten sich mit bis dahin unbekannter Geschwindigkeit. Dampfmaschinen pumpten, hämmerten und walzten in fast allen deutschen Kleinstaaten und die ersten Spinngeräte produzierten mit rasendem Geklapper mehr Garn in einer einzigen Stunde als zehn Spinnerinnen an einem einzigen Tag verdrehen konnten."
Es gebe viele Quellen, etwa über ihren Besuch bei den Brüdern Grimm in Kassel, dass die Ereignisse dieses jungen Lebens "fast eins zu eins" nachzuvollziehen seien. "Da war ich selbst überrascht, was man da alles zusammenrecherchieren konnte", sagt Duve.
"Die Judenbuche" – fast so eine Art Krimi
Ihr Hülshoff-Buch sei ein Liebesroman geworden, sagt Duve. Annette von Droste-Hülshoff sei als junge Frau sehr umworben worden. Schließlich habe sie zwischen zwei Männern gestanden – zwischen einem "sehr hübschen und einem sehr hässlichen". Und der Hässliche sei natürlich "der Nette" gewesen. Das Ganze sei fürchterlich dramatisch geworden.
Über das Werk der Autorin resümiert Duve: Hülshoff sei jemand, die "toll schreiben kann" und sei bei ihrer schriftstellerischen Arbeit "unbeirrbar" gewesen. Sie habe es schwer gehabt, von allen Seiten seien Ratschläge gekommen, sich mehr auf die Vergangenheit zu konzentrieren.
"Sie hat eben diese ganzen, teilweise schon berühmten Männer - die Grimms zum Beispiel oder auch Brentano liefen da rum - gesehen und dass die alle in eine völlig andere Richtung arbeiteten. Und sie hat gesagt: 'Nö, ich möchte mich nicht damit beschäftigen, alte Dinge wieder aufzuwärmen, sondern ich möchte selbst gestalten und eigene Sachen machen.'"
Mit der Novelle "Die Judenbuche" habe sie dann einen "ganz modernen Roman", so "eine Art Krimi" geschrieben, bei dem es auch darum gehe, warum überhaupt jemand zum Verbrecher wird.
"Schiller hatte da auch schon mit angefangen, aber sie hatte sonst so ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal mit der Geschichte."
(huc)