Lieder über verflossene Liebschaften
Karl Lagerfeld nannte sie "das Mädchen mit dem Außerirdischen-Look" – wegen ihrer roten Locken und der schneeweißen Haut. Karen Elson war früher Topmodel, sie hat aber auch eine künstlerische Ader und legt nun ihr zweites Album vor: "Double Roses".
"Das Problem ist, dass mich die Leute nicht kennen. Sie wissen nicht, dass ich eine sehr emotionale Frau bin, sondern sehen mich nur als diese Eis-Jungfer in irgendwelchen Magazinen. Sprich: Sie haben nie meine verletzliche Seite erlebt. Deshalb zeigt mich das Cover-Artwork jetzt ohne Make up, wie ich im Meer schwimme. Und das gesamte Album folgt dem Ansatz, mich selbst zu demaskieren. Ich will die Grenze zwischen mir und dem, was die Leute von mir halten, einreißen."
Karen Elson fühlt sich missverstanden und auf ihr Äußeres reduziert. Kein Wunder: Seit 20 Jahren ziert die Britin die Titelbilder der Modepresse und posiert für die bekanntesten Fotografen und Designer der Welt. Parallel dazu hat sie – fast unbemerkt - immer Musik gemacht. Sei es als Mitglied der Citizen´s Band, Background-Sängerin für Robert Plant oder mit ihrem Ex-Mann Jack White, der 2010 das Album "The Ghost That Walks" betreute - und sie als klassische Singer-Songwriterin inszenierte. Davon will Karen sieben Jahre, zwei Kinder und eine Scheidung später nichts mehr wissen. Für "Double Roses" flüchtete sie nach Los Angeles und in den Laurel Canyon-Sound von Joni Mitchell, Carole King und James Taylor.
"So sehr ich Nashville liebe: Wenn du hier aufnimmst, kannst du leicht mit dem sogenannten Nashville-Sound enden. Was ich mit dem Album unbedingt vermeiden wollte. Mir ging es eher um den ausladenden, traurigen Vibe dieser wunderbaren, in viel Hall getränkten Laurel Canyon-Produktionen. Einige Leute meinen zwar, das wäre ein 60er Jahre-Ding. Aber für mich hat es Magie."
70's Rock mit einem Hauch von Country und Folk
Handgemachter 70's Rock mit einem Hauch von Country und Folk – eingespielt mit Harfe, Flöte, Klavier, Cembalo, Moogs, Saxofon und einem Meer an Streichern. Mal tiefenentspannt und super-relaxed, mal melodramatisch oder geradezu euphorisch – "Double Roses", benannt nach einem Gedicht von Sam Shepard, zeigt die Künstlerin in allen Lebens- und Stimmungslagen. Wobei der Großteil der zehn Stücke, die mit Gästen wie Laura Marling, Father John Misty, den Black Keys oder Mitgliedern von Wilco entstanden, aber ganz klar von verflossenen Liebschaften handelt.
"Da sind eine Menge Trennungsstücke auf dem Album – einfach, weil ich in den letzten Jahren nicht nur ein Beziehungsaus erlebt habe. Es geht also nicht nur um den berühmten Mann, mit dem ich immer in Verbindung gebracht werde. Auch, wenn Stücke wie 'Wonderblind' definitiv das Ende meiner Ehe mit Jack beklagen. Aber: Seitdem hatte ich noch andere Männer. Und es ist immer dasselbe: Kaum durchläuft man die ersten echten Herausforderungen, ziehen düstere Wolken auf und man vertritt gegensätzliche Ansichten, wo man früher einer Meinung war."
Auch wenn ihre Ehe mit Jack White in einem Rosenkrieg um die gemeinsamen Kinder endete: Ihren Ehemann, das wird im Gespräch überdeutlich, liebt Karen noch immer. Nicht nur, weil er ihre Musik-Karriere angeschoben hat. Er hat ihr auch gezeigt, wie man sie nach dem berühmten Do-It-Yourself-Ansatz leitet. Weshalb Karen nun ihr eigener Manager ist und ihr eigenes Label leitet.
"Das verdanke ich meinem Ex-Mann. Denn dadurch, dass ich Jack und seine Arbeit kenne, weiß ich auch, dass er der Captain seines eigenen Schiffs ist. Eben ein umwerfender Geschäftsmann und Musiker. Was das betrifft, ist er wirklich faszinierend. Ich habe nie jemanden getroffen, der so viele Dinge gleichzeitig machen kann, und dabei so unangestrengt wirkt. Das würde ich nie hinkriegen. Er hat mir gezeigt, dass man allein dadurch authentisch ist, dass man sich Aufgaben stellt und die Führungsrolle übernimmt."
Elson träumt von weiteren Alben und Tourneen
Obwohl sie ihre Zukunft in der Musik sieht und von Tourneen und weiteren Alben träumt: Die Auftritte vor den Kameras, auf den Laufstegen und in Kunstfilmen will Karen so schnell nicht aufgeben. Sie sieht sich zwar als Veteranin der Branche, aber längst nicht als Auslaufmodel.
"Das Modeln ist meine goldene Gans. Es hilft mir, meine Musik zu finanzieren. Einfach, weil es mir ermöglicht, mal ein paar Monate frei zu nehmen und mich ganz auf die Songs zu konzentrieren. Von daher habe ich weiterhin vor, beides zu machen. Und wenn ein gutes Angebot kommt, sage ich nicht nein. Dieses Jahr habe ich bislang alles abgesagt, weil ich es nicht spannend fand. Und ich werde ja auch älter. Ich bin jetzt 38, also kein Youngster mehr. Ich fliege nicht mehr von Shooting zu Shooting. Aber: Wenn es ein besonderer Job ist, nehme ich ihn definitiv an."