Kari Herbert: "Rebel Artists"

Künstlerinnen, lebt euren Traum!

05:53 Minuten
Coverabbildung von Kari Herberts "Rebel Artists"
Ein Buch, das Künstlerinnen Mut machen soll: Kari Herberts "Rebel Artists" © Cover: C.H .Beck
Von Kim Kindermann |
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Frida Kahlo, Yayoi Kusama oder Hannah Höch - keine der in "Rebel Artists" vorgestellten Künstlerinnen hatte es leicht. Und doch machten sie ihren Weg. Kari Herbert setzt ihnen ein wunderbares Denkmal - und ermutigt jungen Frauen dazu, es ihnen gleich zu tun.
Es gibt Bücher, die mag man sofort: "Rebel Artists" ist so ein Buch. Schon die ästhetische Gestaltung, kräftiges orangefarbenes Cover mit einem Bild der fabelhaften Frida Kahlo darauf, in deren dunklen Haaren bunte Blumenblüten leuchten, macht Lust auf mehr. Und das zu Recht: Denn jede Geschichte der hier vorgestellten 15 Künstlerinnen ist beeindruckend. Und das nicht nur, weil die Frauen es zu Ruhm brachten zu Zeiten, als Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung nur als Hausfrau und Mutter gut waren und damit für Gleichberechtigung und Teilhabe stehen.
Keiner dieser 15 Künstlerinnen wurde es leicht gemacht. Frida Kahlo, die vielleicht hierzulande bekannteste Malerin in diesem Buch, war gesundheitlich stark eingeschränkt: Kinderlähmung und ein schwerer Unfall verursachten ihr zeitlebens starke Schmerzen. Die Inuit Kenojuak Ashevak verlor sechs ihrer 11 Kinder. Tove Jansson musste die Liebe zu ihrer Freundin geheim halten. Corita Kent durfte nicht länger Nonne sein, weil es den Kirchenoberen nicht gefiel, dass ihre Kunst politisch war. Und die Japanerin Yayoi Kusama litt unter Halluzinationen und Ängsten.

Gegen alle Widerstände

Und doch machten sie alle ihren Weg: schufen großartige Kunst und wurden in einer von Männern dominierten Welt bekannt - oder, wie es im Untertitel heißt, sie haben es der Welt gezeigt. Die Aborigine Emily Kame Kngwarreye fing erst mit 80 Jahren an, ihre wunderbar-magischen Bilder zu malen: Punkte vereinigten sich darauf zu Linien mit horizontalen und vertikalen Streifen in verschiedenen Farben. Auf "Große Yamswurzeln" kreuzen sich dicke braune, gelbe und weiße Streifen zu einem unentwirrbaren Labyrinth. Bis zu ihrem Tod schuf sie über 3000 solcher Bilder und ernährte damit nicht nur ihren Stamm, sondern sorgte auch dafür, dass die Kunst der Aborigines überhaupt wahrgenommen wurde.
Auch Kenojuak Ashevaks Kunst steht für die Rechte der Inuit. Ihr geheimnisvoller Blick auf die Natur ist Magie pur: "Wachende Eule" etwa zeigt eine Eule, die anstelle von Flügeln acht lange Vogelköpfe hat. Oder das Bild "Sechsteilige Harmonie", auf dem wolfsartige Wesen von drei Vögeln begleitet werden. Vögel, deren Flügel aus vielen dicken Strichen bestehen.

Assoziativ, berührend und mitreißend

Das große Verdienst von Kari Herbert ist nicht nur, dass sie diese tollen Frauen aus aller Welt hier versammelt hat, sondern auch, wie sie es tut: assoziativ, berührend und mitreißend. Jedes ihrer 15 Porträts wirkt wie ein Blick ins Innere der Frauen. Fast so, als würde man ein paar Seiten in deren Tagebuch lesen. Oft fangen die kurzen Texte mit traumartigen Frequenzen an; die so wirken, als würde Kari Herbert direkt neben diesen Frauen stehen, erleben, was sie erleben: als sie das erste Mal zeichnen, einen Stein bearbeiten oder eine Collage kleben.
Das entwickelt einen ungeheuren suggestiven Sog, der einen sofort ins Leben der Künstlerinnen zieht. Mehr noch: Schon nach wenigen Zeilen glaubt man, sie zu kennen. Dabei ist keiner der Texte länger als drei Doppelseiten lang und dazu gehören dann immer auch ein großseitiges von Kari Herbert gemaltes Porträt – jedes wunderschön und eigen - sowie Abbildungen der wichtigsten Kunstwerke der Frauen selbst.
Es ist schier unglaublich, wie viel in diesem kleinen Buch steckt und das ist an sich schon eine große Kunst. Und so verzeiht man, dass "Rebel Artists" eine kleine dreiste Anleihe an "Rebel Girls" von Elena Favilli und Francesca Cavallo ist. Denn wie auch schon diese beiden macht Kari Herbert jungen Mädchen und Frauen Mut, ihre Träume zu leben und sich durch nichts abschrecken zu lassen.

Kari Herbert: "Rebel Artists. 15 Malerinnen, die es der Welt gezeigt haben"
aus dem Englischen von Frank Sievers
C.H. Beck, München 2019, 144 Seiten, 18 Euro

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