Die Geburt der Weiberfastnacht aus einem Streik
Ihren Ursprung hat die Weiberfastnacht im Bonner Stadtteil Beuel: 1824 gründeten zahlreiche Wäscherinnen hier das erste Damenkomitee – aus Ärger über ihre Ehemänner. Heute beginnt mit der Weiberfastnacht die heiße Phase des rheinischen Karneval.
In vielen Teilen Deutschlands beginnt mit der Weiberfastnacht die ganz heiße Phase des Karnevals. Jeder kennt sie, aber längst nicht jeder weiß, dass sie nicht etwa in einer der Karnevalshochburgen wie Düsseldorf, Köln oder Mainz entstanden ist. Nein, die Wiege der Weiberfastnacht ist der Bonner Stadtteil Beuel. Hier gab es vor rund 200 Jahren jede Menge Wäschereien. Während die Frauen als Wäscherinnen schufteten, brachten die Männer regelmäßig die saubere Wäsche nach Köln. Auch 1823, wo nach vielen Jahren des Verbotes der öffentliche Karneval wieder auflebte.
"Und dann kamen die Männer irgendwann aus Köln zurück und hatten leider kein Geld dabei, weil sie das in Köln gelassen haben und haben das zum Karneval-Feiern genutzt."
… erzählt Ina Harder, die heutige Beueler Obermöhn, vergleichbar mit einer Präsidentin des Festausschusses. Die Frauen damals also waren sauer. Und viele von ihnen seien wohl nicht der Typ gewesen, der sich so etwas einfach gefallen lässt, sagt Erna Neubauer. 25 Jahre lang war sie Obermöhn in Beuel, inzwischen ist sie Ehren-Obermöhn.
"Die Beueler Frauen wurden immer beschrieben als ziemlich robust – waren sie ja auch als Waschfrauen. Wer geht schon im Rhein waschen, wenn er nicht robust ist [lacht]. Robust und hatten sehr viel Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein."
Streik der Waschfrauen
Also streikten die Frauen an jenem Donnerstag und trafen sich zum Kaffeeklatsch, um sich gemeinsam über die Männer zu ärgern. Ein Jahr später gründete sich das Alte Beueler Damenkomitee 1824 – denn die Frauen wollten nicht mehr nur die Männer feiern gehen lassen: Emanzipation pur und der Grundstein für die Weiberfastnacht.
"Man muss sich mal überlegen: 1824 sich gegen Männer aufzulehnen und zu sagen, nee, mache ich nicht. Und über die Jahre hat sich das entwickelt, dass sich Damenkomitees gegründet haben. Das war der französische Einschlag. Man wollte ein bisschen chic und nett sein und nannte sich dann Komitee."
Und bis heute geben 19 Damenkomitees aus Bonn-Beuel den Ton an. Auch wenn die Männer beim traditionellen Rathaussturm immer wieder hoffen, endlich mal die Nase vorn zu haben. Dafür holen sich die Bürgermeister inzwischen sogar prominente Unterstützung, in diesem Jahr den Comedian Tom Gerhardt, im vergangenen Jahr war es Eckart von Hirschhausen als Schiedsrichter.
"[Jubel] Jaaaa … was sagt der Schiedsrichter?
Klarer Sieg für die Männer … Die Frauen sind wortlos, das muss man nutzen…
Wir haben Geschichte geschrieben. Das erste Mal seit 1824 haben die Männer gewonnen – ich hab es gewusst …"
Gallionsfigur seit 60 Jahren
Am Ende aber hat auch die prominente Schützenhilfe nichts daran geändert, dass irgendwann doch immer eine Frau den Rathausschlüssel in der Hand hat – und zwar die Wäscherprinzessin. Inzwischen seit 60 Jahren die Gallionsfigur der Beueler Weiberfastnacht. In diesem Jahr Franzi I., die bei ihren rund 150 Auftritten immer wieder gefragt wird:
"Ist die Weiberfastnacht wirklich aus Beuel und nicht aus Köln? Da arbeiten wir sehr dran, dass das schon in die Köpfe geht, dass es eben aus Beuel kommt."
Spüren könne man es in jedem Fall noch sehr deutlich, dass die Wiege der Weiberfastnacht in Beuel ist, meint die amtierende Obermöhn.
"Durch die Damenkomitees wird sie lebendig gehalten. Durch den Kaffeeklatsch, die Sitzungen mit eigenem Programm, der Zug wird von den Damen gestaltet – alles das ist ja eine Tradition, wo normalerweise ein Festausschuss das machen würde, nee, das machen hier die Frauen und die halten daran fest. Das ist unsere Wiege. Das waren ja damals auch die keifenden Weiber, die das Rathaus gestürmt haben. Wir sind vielleicht von der Bekleidung ein bisschen flotter geworden, aber keifen tun wir trotzdem noch."