Kartoffel und Kloß
Das Thüringer Kloßmuseum gehört zu den kleinsten Museen in Deutschland - aber auch zu den kuriosesten. Es ist nicht einer Person, einem Thema oder einer Epoche gewidmet, sondern einem Nahrungsmittel und einem Gericht: der Kartoffel und vor allem dem Thüringer Kloß.
Linie 217 fährt einmal pro Tag von Weimar nach Heichelheim und zurück. Er wendet hier. Nur der Busfahrer sitzt drin, aus- oder eingestiegen ist niemand. Heichelheim hat 314 Einwohner, eine Kloßfabrik und direkt daneben das Thüringer Kloßmuseum. Jetzt, im Dezember, kommt kaum jemand hier vorbei.
Das Museum ist an diesem Tag so still wie ein Kartoffelacker im Winter. Das Gute daran: Sylk Schneider, der Museumsleiter, hat Zeit, um zu erzählen. Zum Beispiel, warum dieses Museum mehr nach grauer Industrieproduktion aussieht, als nach Esskultur.
"Hier wurde ja zum ersten Mal in Deutschland – vielleicht sogar weltweit – Kloßmasse für Thüringer Klöße – also roher Schab – hergestellt. Zu DDR-Zeiten waren die Verpackungen hier Bückware, hier liefs unter Luxusgüterproduktion – und da war die Überlegung, da machen wir ein Kloßmuseum."
Das war vor acht Jahren. Der spröde Charme eines mittelständischen Ost-Betriebes hat sich erhalten. Das frühere Büro mit grauem Teppich wurde Vortragsraum mit ein paar Stellwänden, das Foyer zu Omas Küche. Zwei ehemalige Arbeitshallen mit jeweils rund 70 Quadratmeter bieten Gerätschaften, Bilder und Texte rund um Kartoffelanbau und die frühere Kloßproduktion - darunter Karikaturen, Fotos von Kartoffelblüten und Firmenbelegschaften und Aufnahmen von Erntefesten. Alles ist in Neonlicht getaucht.
Ein Film im Vortragsraum erzählt von den großen Kartoffelerntemaschinen der Weimar-Werke, die einmal für die DDR-Industrie so wichtig waren wie Zeiss oder Robotron. Vorbei. Jetzt ist es ein Stück Regionalgeschichte, das hier bewahrt wird.
Es riecht nach Erde und nach Stroh. Das kommt von –zig groben Kartoffelsäcken, die in der Haupt-Ausstellungshalle die Wände abdecken. Darauf befestigt: Einfache Texttafeln, in Folie geschweißt. Geld hat man hier offenbar keins, aber gute Ideen. Sylk Schneider ist Herz und Kopf des Hauses: Er macht die Führungen, tritt auf Veranstaltungen als Kartoffelpfarrer auf, als Kloß-Blogger in einer Tageszeitung, er setzt Landespolitiker als Erntehelfer ein oder schreibt zur WM 2006 ein Fußballkloß-Kochbuch. Aber eins hat er noch nicht geschafft: Herauszufinden, wer den Kloß erfunden hat.
"Der Thüringer Kloß ist ja unser Nationalgericht, aber nichtsdestotrotz ist darüber nichts bekannt. Wer hat den Thüringer Kloß erfunden? Der Frage gehe ich bis heute nach, ich hab’s noch nicht herausgekriegt."
Immerhin: Das älteste Rezept wird bald 200 Jahre alt, von einem Pfarrer aus dem Thüringer Wald, in Kopie nachzulesen. Nachkochen kann man es nicht im Museum, aber einem benachbarten Restaurant, aufgrund der Hygienevorschriften. Dort kann man in Kochkursen ein Diplom erwerben.
Kloßologie: "Ein Ehrendiplom, den Dr. der Kloßologie…das macht dann Spaß."
Erste Vorarbeiten kann man aber auch im Museum erledigen:
"In den meisten Museen heißt es "Bitte nicht anfassen" – wir sind ein Museum zum Begreifen und das ist uns sehr wichtig, das man hier das kulturelle Erbe auch begreifen kann."
Beim Kartoffelschälen zum Beispiel…
"Das ist ein Modell von 1930, da wird die Kartoffel eingespannt…"
Oder an der alten Reibe, einem Familienstück von 1870, das Geschenk einer älteren Besucherin:
"Das ist jetzt die Holzreibe, da unten kommt das Leinensäckchen hin… Ich find die wunderschön…"
Oder – das Wichtigste: beim Pressen des Teigs…
"Da kommt dann die Masse herein, und dann muss man feste drücken, denn je trockener der Teig, desto lockerer der Kloß…"
Das Geheimnis des zartgelben Thüringer Kloßes, im Unterschied zu seinen Kloß- und Knödel-Brüdern in der Lausitz, in Schlesien, Franken oder Bayern:
"Der Knödel wird nur aus gekochten Kartoffeln gemacht, die schlesischen oder vogtländischen Klöße halb und halb, dann gibt’s noch die rohen Klöße und beim Thüringer Kloß sind zwei Drittel roher, ausgepresster Schab, ein Drittel gekochte Kartoffeln…"
Es ist aber nicht das Rezept, was den Thüringer Kloß dank der Initiative Schneiders sogar zum Weltkulturerbe machen könnte. Es sind die Geschichten und Traditionen rundherum. Das Gesamtkunstwerk von der Auswahl der richtigen, mehlig kochenden Kartoffel bis zum Kloß mit Soß’. Im Kloßmuseum von Sylk Schneider kann man es erleben.
Das Museum ist an diesem Tag so still wie ein Kartoffelacker im Winter. Das Gute daran: Sylk Schneider, der Museumsleiter, hat Zeit, um zu erzählen. Zum Beispiel, warum dieses Museum mehr nach grauer Industrieproduktion aussieht, als nach Esskultur.
"Hier wurde ja zum ersten Mal in Deutschland – vielleicht sogar weltweit – Kloßmasse für Thüringer Klöße – also roher Schab – hergestellt. Zu DDR-Zeiten waren die Verpackungen hier Bückware, hier liefs unter Luxusgüterproduktion – und da war die Überlegung, da machen wir ein Kloßmuseum."
Das war vor acht Jahren. Der spröde Charme eines mittelständischen Ost-Betriebes hat sich erhalten. Das frühere Büro mit grauem Teppich wurde Vortragsraum mit ein paar Stellwänden, das Foyer zu Omas Küche. Zwei ehemalige Arbeitshallen mit jeweils rund 70 Quadratmeter bieten Gerätschaften, Bilder und Texte rund um Kartoffelanbau und die frühere Kloßproduktion - darunter Karikaturen, Fotos von Kartoffelblüten und Firmenbelegschaften und Aufnahmen von Erntefesten. Alles ist in Neonlicht getaucht.
Ein Film im Vortragsraum erzählt von den großen Kartoffelerntemaschinen der Weimar-Werke, die einmal für die DDR-Industrie so wichtig waren wie Zeiss oder Robotron. Vorbei. Jetzt ist es ein Stück Regionalgeschichte, das hier bewahrt wird.
Es riecht nach Erde und nach Stroh. Das kommt von –zig groben Kartoffelsäcken, die in der Haupt-Ausstellungshalle die Wände abdecken. Darauf befestigt: Einfache Texttafeln, in Folie geschweißt. Geld hat man hier offenbar keins, aber gute Ideen. Sylk Schneider ist Herz und Kopf des Hauses: Er macht die Führungen, tritt auf Veranstaltungen als Kartoffelpfarrer auf, als Kloß-Blogger in einer Tageszeitung, er setzt Landespolitiker als Erntehelfer ein oder schreibt zur WM 2006 ein Fußballkloß-Kochbuch. Aber eins hat er noch nicht geschafft: Herauszufinden, wer den Kloß erfunden hat.
"Der Thüringer Kloß ist ja unser Nationalgericht, aber nichtsdestotrotz ist darüber nichts bekannt. Wer hat den Thüringer Kloß erfunden? Der Frage gehe ich bis heute nach, ich hab’s noch nicht herausgekriegt."
Immerhin: Das älteste Rezept wird bald 200 Jahre alt, von einem Pfarrer aus dem Thüringer Wald, in Kopie nachzulesen. Nachkochen kann man es nicht im Museum, aber einem benachbarten Restaurant, aufgrund der Hygienevorschriften. Dort kann man in Kochkursen ein Diplom erwerben.
Kloßologie: "Ein Ehrendiplom, den Dr. der Kloßologie…das macht dann Spaß."
Erste Vorarbeiten kann man aber auch im Museum erledigen:
"In den meisten Museen heißt es "Bitte nicht anfassen" – wir sind ein Museum zum Begreifen und das ist uns sehr wichtig, das man hier das kulturelle Erbe auch begreifen kann."
Beim Kartoffelschälen zum Beispiel…
"Das ist ein Modell von 1930, da wird die Kartoffel eingespannt…"
Oder an der alten Reibe, einem Familienstück von 1870, das Geschenk einer älteren Besucherin:
"Das ist jetzt die Holzreibe, da unten kommt das Leinensäckchen hin… Ich find die wunderschön…"
Oder – das Wichtigste: beim Pressen des Teigs…
"Da kommt dann die Masse herein, und dann muss man feste drücken, denn je trockener der Teig, desto lockerer der Kloß…"
Das Geheimnis des zartgelben Thüringer Kloßes, im Unterschied zu seinen Kloß- und Knödel-Brüdern in der Lausitz, in Schlesien, Franken oder Bayern:
"Der Knödel wird nur aus gekochten Kartoffeln gemacht, die schlesischen oder vogtländischen Klöße halb und halb, dann gibt’s noch die rohen Klöße und beim Thüringer Kloß sind zwei Drittel roher, ausgepresster Schab, ein Drittel gekochte Kartoffeln…"
Es ist aber nicht das Rezept, was den Thüringer Kloß dank der Initiative Schneiders sogar zum Weltkulturerbe machen könnte. Es sind die Geschichten und Traditionen rundherum. Das Gesamtkunstwerk von der Auswahl der richtigen, mehlig kochenden Kartoffel bis zum Kloß mit Soß’. Im Kloßmuseum von Sylk Schneider kann man es erleben.