Gastgeber der Fußball-WM
Großer Reichtum, wenig Menschenrechte: Vom 20. November bis 18. Dezember richtet das Wüsten-Emirat Katar die Fußballweltmeisterschaft aus. © imago / imagebroker / Pius Koller
Katar fühlt sich ungerecht behandelt
07:42 Minuten
Ausbeutung von Arbeitern und andere Menschenrechtsverstöße: Katar steht schon lange in der Kritik. Europa erkenne Reformen nicht an, entgegnet der Gastgeber der Fußball-WM. Der Politologe Sebastian Sons über die Stimmung in dem Wüstenstaat.
Ende November beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Angesichts dessen herrsche in dem kleinen Emirat Vorfreude, aber auch Skepsis: So fasst der Politologe und Islamwissenschaftler Sebastian Sons seine Eindrücke von einer Reise in das Land zusammen.
In Gesprächen sei es immer um dieselben Themen gegangen, berichtet er: Im Land sei man unsicher, ob die Berherbung so vieler Fans und internationaler Gäste bewältigt werden kann. Andererseits empfinde man die Kritik, die insbesondere aus Europa kommt, als ungerecht und "eurozentristisch". Sons hat zu dem Thema ein Buch geschrieben: "Menschenrechte sind nicht käuflich. Warum die WM in Katar auch bei uns zu einer neuen Politik führen muss".
Katar gilt als "Sündenfall" des Weltfußballs: Beim Bau der WM-Stadien sollen viele Arbeiter ums Leben gekommen sein, offizielle Zahlen gibt es nicht. Das Emirat verweist dagegen auf Reformen zum Schutz von Arbeitsmigranten und klagt darüber, dass der Westen solche Fortschritte ignoriere.
Nicht nur Katar profitiert von der Ausbeutung
Die katarische Regierung müsse mehr Transparenz herstellen, fordert Sons: sowohl zu den Todeszahlen auf den Baustellen als auch zu den Todesursachen. Doch er plädiert auch für einen "breiteren Blick" auf die Arbeitsmigration.
Die Ausbeutung von Arbeitsmigranten beginne bereits in den Entsendestaaten wie Pakistan, Bangladesch und Äthiopien. Viele Akteure profitierten von struktureller Gewalt: So nähmen die Heimatregierungen durch die Rücküberweisungen der Migranten viel Geld ein. Zu den Profiteuren gehörten auch "kriminelle Rekrutierungsagenturen", ohne die die Menschen nicht in ein Land wie Katar einreisen könnten.
Die WM als Schutz vor äußeren Bedrohungen
Dass sich das kleine, wenn auch steinreiche Emirat Katar überhaupt um die Fußball-WM beworben hat, erklärt Sons mit dessen historischen Erfahrungen: Das winzige Land, das sich in einer "Sandwich-Position" zwischen den großen Regionalakteuren Saudi-Arabien und Iran befinde, sei in der Vergangenheit oft von außen bedroht worden.
"Wer eine WM hat, ist wichtig. Wer eine WM hat, den kann man nicht so ohne weiteres bedrohen", sagt Sons.
(bth)