Katar und die Handball-WM
Siegerehrung für Frankreich bei der Handball-WM 2015 in Katar. Der junge Emir Tamim bin Hamad Al Thani (Mitte vorne) nutzt den Sport, um Außenpolitik zu betreiben. © imago / Camera 4 / imago sportfotodienst
War da was?
04:20 Minuten
Zum neunten Mal nehmen die Katarer an einer Handball-Weltmeisterschaft teil. Doch anders als bei der Fußball-WM in dem Emirat im vergangenen Jahr ist die Kritik bei Weitem nicht so laut. Die Menschenrechtslage hat sich jedoch kaum verbessert.
Na, wo bleibt denn die Empörung? Katar spielt schon wieder im internationalen Sportorchester mit. Diesmal allerdings nicht die erste Geige als Gastgeber, sondern nur als Mitspieler. Handball und Katar, da war doch mal was. Genau: 2015 war das Emirat selbst Ausrichter der Männerhandball-WM und erreichte überraschend das Finale. Gewissermaßen der Türöffner für höhere sportliche Weihen, die in der Fußball-Weltmeisterschaft gipfelten.
Damals regten sich Kritiker vor allem darüber auf, dass die katarische Handball-Nationalmannschaft mehrheitlich aus eingebürgerten Spielern bestand. Nur vier von ihnen waren Einheimische. Prompt kam der Vorwurf, die Scheichs würden alles mit ihrem Geld kaufen, um global zu glänzen und weltpolitisch an Einfluss zu gewinnen.
Fliegt Handball politisch unter dem Radar?
Auch deutsche Journalisten erlagen den Verlockungen und ließen sich Flug- und Hotelkosten bezahlen. Manch ein Kollege bereute dies später. Was für dekadente Auswüchse! Haben wir ähnlich ja auch bei der Fußball-WM erlebt. Käuflichkeit im Sport – leider immer wieder ein Problem.
Andererseits: Der Spitzensport kann ohne Investments von vermögenden Eliten und Großkonzernen heutzutage nicht mehr existieren. Man kann diese festgefahrenen Abhängigkeiten kritisieren. Man sollte es sogar, wenn man etwas daran ändern möchte.
Aber mal eine Frage am Rande: Können Sie sich noch erinnern, dass hierzulande damals über die Menschenrechtslage in Katar diskutiert wurde? Ein wenig schon, aber längst nicht so heiß wie rund um die Fußball-WM. Ein Zeichen, dass der Sport vor acht Jahren noch nicht so politisiert war wie heute? Oder fliegt Handball politisch einfach unter dem Radar?
Zumindest mäkelt heute niemand, dass der amtierende, fünfmalige Asienmeister zum neunten Mal an einer Weltmeisterschaft - sie findet vom 11. bis 29. Januar in Polen und Schweden statt – teilnimmt. Im Gegenteil: Das arabische Land wird fast schon so hofiert wie die großen Handballnationen.
Bitte keine Symbolpolitik!
Liegt das womöglich doch an den grenzenlosen finanziellen Möglichkeiten des Emirs? Die größere Tradition in diesem Sport haben in der Region jedenfalls Ägypten und Tunesien. Die nordafrikanischen Länder waren bereits in den 60ern erstmals bei einer WM dabei. Aber, und das ist der Unterschied, sie haben eben nicht das große Geld.
Katar hat mithilfe des Sports ökonomisch und weltpolitisch enorm an Bedeutung dazugewonnen. Diese Pfründe werden sich der Emir und seine Familie nicht mehr nehmen lassen. Katar ist seit der WM im eigenen Land eine feste Größe im Welthandball. Was auch zeigt, dass der Sport nur einen sehr begrenzten Einfluss hat, die politische Situation in einem Staat zu verändern.
Nun können einige sagen: Ist ja nur Handball und nicht Fußball. Stimmt. Doch die Handballstory Katars macht deutlich, wie schnell Empörung sich auch wieder in Luft auflösen kann.
Eine Frage hätte ich noch: Wird die deutsche Mannschaft beziehungsweise werden einige Journalisten am kommenden Freitag beim Spiel gegen Katar in Kattowitz ein Zeichen setzen? Binde tragen, Mund zuhalten. Oder lässt man die Symbolpolitik diesmal einfach. Besser wäre es.