Mathias Brüggmann: "1001 Macht. Fußball, Flüssiggas, Finanzimperium. Der märchenhafte Aufstieg des Emirats Katar vom Wüstenstaat zum Global Player"
Dietz-Verlag, Berlin 2022
232 Seiten, 22 Euro.
WM in Katar
Der Golfstaat Katar setzt auf die Fußball-Weltmeisterschaft, um sein Image weltweit zu verbessern. © picture alliance / empics / Nick Potts
Kritik an deutscher Doppelmoral
07:48 Minuten
Der Journalist und Buchautor Mathias Brüggmann kritisiert die moralische Entrüstung gegenüber Katar in Deutschland. Er sieht darin eine Kampagne, die Reformen im Golfstaat keineswegs befördere.
Dass viele Deutsche aus moralischen Gründen die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar nicht anschauen wollen, stößt beim Journalisten Mathias Brüggmann auf Unverständnis. "Ich finde das in der Tat mittlerweile fast schon hysterisch, was da stattfindet", sagt der Handelsblatt-Korrespondent, der das Land aus eigener Anschauung gut kennt und gerade das Buch "1001 Macht" über den Golfstaat veröffentlicht hat.
Die Kritik an Katar findet er zwar in vielen Punkten berechtigt. Aber das Überangebot an Sendungen im Fernsehen, die alle nur das gleiche sagten, hält er für schwierig.
Arbeitsbedingungen haben sich verbessert
Nach Katar zu schauen und Kritik anzubringen, hält der Buchautor für richtig. "Aber wie soll ein kleines Land wie Katar damit umgehen, dass es unter Dauerfeuer steht, obwohl es Arbeitsbedingungen deutlich verbessert hat?"
Er will nichts schönreden, aber man müsse auch zur Kenntnis nehmen, dass der Golfstaat mit Reformen begonnen habe. Man müsse die Dinge ins Verhältnis setzen: So dürfe man beispielsweise im Hochsommer in Katar von 10.30 Uhr an fünfeinhalb Stunden nicht arbeiten. "In anderen Ländern der Region" wäre dies "ein Traum".
Für ihn ist die Empörung über Katar ein Zeichen von Doppelmoral: Beim Tanken stelle sich mit Blick auf Saudi-Arabien oder die Vereinigten Emirate niemand vergleichbare moralische Fragen. "Diese Dinge finden nur beim Fußball statt."
Motivation zu Reformen könnte sinken
Besorgt zeigt sich Brüggmann auch darüber, dass die Motivation für weitere Reformen in Katar sinken könnte, wenn das bisher Geleistete nicht anerkannt werde. Die derzeitige Kampagne gegen Katar befördere nicht, dass sich Reformen auszahlten.
"Wenn man zu dem Ergebnis kommt, man könne es niemandem mehr recht machen, dann ist die Frage: Will man die Sachen, die man angefangen hat, fortsetzen?"
(gem)