"Zweites Referendum könnte die Lage befrieden"
Theresa Mays Brexit-Deal ist gescheitert - ein ungeregelter EU-Austritt wird immer wahrscheinlicher. Die Briten brauchen ein zweites Referendum, fordert die Justizministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley.
Mit 432 zu 202 Stimmen haben die britischen Abgeordneten gestern gegen den Brexit-Deal gestimmt und Premierministerin May damit − wie vielfach erwartet − heftig abgewatscht. Was nun? Katarina Barley, Justizministerin, Mitglied der deutsch-britischen Parlamentariergruppe und Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl spricht sich im Deutschlandfunk Kultur für ein zweites Referendum aus.
Zweites Votum wäre fair
Sie habe schon vor knapp zwei Jahren eine zweite Abstimmung gefordert, sagt Barley − "aus ganz grundsätzlichen Erwägungen, da war das ganze Chaos noch gar nicht da". Niemand habe gewusst, wie so ein Brexit aussehen könnte, da es ja kein Beispiel dafür gebe. "Ich fand es einfach von Anfang an fair, zu sagen, okay, dann verhandeln wir jetzt, und das Ergebnis, was wir dann haben, das legen wir dem britischen Volk auch noch mal vor − und dann kann es entscheiden, ob es diesen Brexit will oder eben auch nicht."
Es wurden falsche Erwartungen geweckt
Im Wahlkampf um den Brexit sei die Erwartung geweckt worden, dass man die Vorteile der Europäischen Union behalten könne, obwohl man austrete, erklärt Barley. "Und jetzt stellt sich eben heraus, dass es viel komplizierter ist als man geglaubt hat." Bei einigen stelle sich daher nun die Frage, ob man so einen Brexit wolle. Es sei zwar nicht gesagt, dass das Ergebnis einer zweiten Abstimmung ein anderes wäre. "Aber es würde die Situation insgesamt möglicherweise befrieden."
Vor Theresa May kann man den Hut ziehen
Die Rolle der britischen Premierministierin sei von Anfang ausgesprochen undankbar gewesen, sagt Barley. "Sie war ja keine Brexit-Befürworterin und hat dann Verantwortung übernommen in dieser sehr schwierigen Situation, wo alle, die das verursacht haben, sich in die Büsche geschlagen haben." Sie habe versucht, das Beste aus der Situation zu machen und ihre eigenen Landsleute zu überzeugen − vergeblich. "Dass sie jetzt trotzdem noch stehen bleibt, da kann man schon auch den Hut vor ziehen."
(kü)