Katholiken in Usbekistan
Obwohl über 80 Prozent der Bevölkerung sich als gläubige Muslime deklarieren, gilt Usbekistan als ein tolerantes Land auch für andere Religionsgemeinschaften. Eine der ältesten ist die katholische Gemeinde mit etwa 600 Mitgliedern.
Eine sechsspurige Verkehrsader in Taschkent - Sadyk Asimov Strasse. Inmitten der usbekisch - sowjetischen Plattenbaulandschaft erhebt sich die hohe graue Kathedrale im Neugotischen Stil. Über 100 Jahre alt ist das Gotteshaus. Vollendet wurde es vor 10 Jahren, dank der Spendengelder aus dem Vatikan, Deutschland und den USA.
Das Kircheninnere ist angenehm kühl. In den Seitenschiffen - moderne Plastiken. Das gleißende Sonnenlicht fällt durch die Fenster und lässt die bunte Glasmalerei hell leuchten.
Die neue Orgel überwältigt mit ihrem mächtigen Klang, der in dieser Region sehr ungewohnt ist. Die Orgelkonzerte in der Kathedrale sind beim Taschkenter Publikum sehr beliebt, erzählt Erzbischof Ezhi Mazulewitsch.
"In Taschkent ist unsere Kathedrale als Konzertort bekannt. Es ist uns bewusst, dass wir hier für immer eine Minderheit bleiben werden, und es ist wichtig, dass die Muslime vor uns keine Angst haben, uns nicht für eine Sekte halten - so organisieren wir Orgelkonzerte, Chorkonzerte mit geistiger Musik von Bach, Händel und Mozart, die in der Stadt sehr beliebt sind."
Erzbischof Ezhi Mazulewitsch stammt aus Polen und gehört dem Orden der Schwarzen Franziskaner an. Insgesamt sind es 9 Brüder, die fünf Gemeinden im überwiegend muslimischen Usbekistan betreuen. Eine feindliche Stimmung hat Mazulewitsch jedoch noch nie erlebt:
"Ich fahre oft mit dem Zug von Taschkent nach Samarkand, im Zugabteil treffe ich oft auf Muslime. Sie sind sehr interessiert daran, wie wir beten, woran wir glauben. Usbekistan war immer ein Schmelztiegel der Kulturen, auch heute noch leben hier etwa 80 Nationalitäten. Und - vor 100 Jahren lebten hier in Turkestan etwa 11.000 Katholiken!"
Das Generalgouvernement Turkestan entstand in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts. So wurde das usbekische Territorium zur südlichsten Randprovinz des russischen Imperiums. Mit der russischen Armee kamen auch die ersten Christen ins Land - zum größten Teil Russisch-Orthodoxe, aber auch Lutheraner und Katholiken.
Zu Beginn des XX. Jahrhunderts zählte man allein in Taschkent etwa 9.000 Polen. 1910 begannen sie ihre eigene Kathedrale zu bauen – die jedoch nicht vollendet wurde. Mit der Oktoberrevolution der Bolschewiken 1917 kam das Verbot jeglicher Religionsausübung. Aus Turkestan wurde die sowjetische Republik Usbekistan, aus der halbfertigen Kathedrale - eine Lagerhalle. Der katholische Glaube wurde jedoch in den Familien heimlich weiter praktiziert, erinnert sich das polnische Gemeindemitglied Ewgenij Gus.
" Meine Oma hat meiner Mutter den Glauben sozusagen selber beigebracht. Ich sah oft, wie sie zusammen beteten. Aber an uns, ihre Enkelkinder, hat sie es nicht weitergegeben. Schließlich kam ja die Großmutter durch diese ganze sowjetische Zeit und hatte Angst, dass wir, damals noch kleine Kinder, uns in der Schule verplappern könnten, dass wir an Gott glauben oder sonst was. Dennoch haben wir diese Glaubenstradition irgendwie unbewusst in uns beibehalten, und als 1991 hier die katholische Gemeinde gegründet wurde, gehörten meine Mutter und mein Bruder dort zu den ersten Mitgliedern. 1993 kam auch ich zur Kirche."
Mit Perestroika und Glasnost begann für die Kirche in der UdSSR ein neues Zeitalter. 1987 wurde in Usbekistan die erste katholische Gemeinde in der Stadt Ferghana gegründet. Danach entstanden Gemeinden in Taschkent, Samarkand, Buchara und Urgentsch. Die neuen Gemeindemitglieder wissen jedoch erstaunlich wenig über die Religion, erzählt Erzbischof Jezhi Mazulewitsch:
"Bei uns gibt es keine christliche Kultur wie im Abendland, wo jeder etwas über das Christentum weiß. Hier ist der Islam die wichtigste Religion. Dazu kommen 70 Jahre des totalen Atheismus in der Sowjetunion. Unsere Leute haben vielleicht gehört, dass es Weihnachten gibt, dass man Ostern feiert. Jedoch wie man es macht - das wissen sie nicht. Viele fragen zum Beispiel, warum ich als Priester schwarz trage und was dieses Plastikstück an meinem Hals bedeutet ..."
So muss jeder, der der katholischen Gemeinde beitreten möchte, einen anderthalbjährigen Religionsunterricht absolvieren. Jährlich werden in Usbekistan etwa 20 neue Mitglieder getauft. Doch weil viele Polen und Russlanddeutsche auswandern, wächst die Gemeinde kaum. Aber sie schrumpft auch nicht:
"Es gibt hier viele russischsprachige Menschen, bei denen der Großvater zum Beispiel Tatare ist, die Großmutter Ukrainerin, die Mutter hat sich Russin in den Pass einschreiben lassen, der Vater ist Usbeke. Ein echter Nationalitäten- Mix! Zu sowjetischen Zeiten gehörte solche Menschen keiner Religion an, jetzt suchen sie in ihrer Seele nach dem Glauben - und kommen dann zu uns."
Im Keller der Taschkenter Kathedrale wird Gitarre und Schlagzeug geübt- einer der Franziskaner-Brüder gibt hier Musikunterricht. Der 16-jährige Samwel Petrosjans kommt hierher, um Gitarre spielen zu lernen. Aber auch an dem katholischen Gottesdienst hat der junge Armenier schon teilgenommen:
Suren Sarkisjan: "”Mir gefällt es hier sehr gut, der Erzbischof ist freundlich zu uns, auch die anderen Priester. Es macht Spaß, mit ihnen zu sprechen. Auch die Jugendlichen, die hierher kommen, sind anders als sonst in der Stadt. Ich habe zwar Freunde auch außerhalb der Kirche, aber hier sind die Menschen einfach netter.""
Auf diese Jugendarbeit baut Erzbischof Mazulewitsch. Und auf Kontakt mit der usbekischen Gesellschaft. Es sei sehr wichtig, dass die Mehrheit der Usbeken die Präsenz der katholischen Kirche überhaupt erst einmal wahrnähme. Der Erzbischof sucht vor allem die Kontakte zu islamischen Geistlichen.
Die islamische Hochschule in Taschkent schickt zu ihm oft ihre Studenten, um an Ort und Stelle etwas über den Katholizismus zu erfahren. Auch Schüler kommen in die Taschkenter Kathedrale in Rahmen des Religionsunterrichts. Also gute nachbarschaftliche Verhältnisse? Ja, sagt der Erzbischof – solange keine Muslime zum katholischen Glauben übertreten:
"Es gibt hier ein Gesetz, das die Missionierung verbietet. Die Verfassung garantiert zwar Religionsfreiheit, von der islamischen Geistlichkeit wird jedoch freundlich aber bestimmt betont: Es sei unerwünscht, dass Usbeken Katholiken werden.
Sie sollen ihre islamische Kultur und ihre Tradition bewahren. Hier wird der Glaube anhand der Nation bestimmt. Ein Pole ist immer ein Katholik, eine Russe russisch-orthodox, ein Deutsche ist entweder evangelisch- lutherisch oder katholisch. Und ein Usbeke ist immer muslimisch."
600 katholische Gemeindemitglieder gibt es in ganz Usbekistan, etwa die Hälfte davon lebt in Taschkent. Viele Nationen - Mitglieder der Botschaften, ausländische Unternehmer, südkoreanische Mitarbeiter der Automobilfabrik Daewoo, die in Usbekistan produziert, Russen, Polen ...
Jeden Sonntag gibt es drei Gottesdienste - auf russisch, auf englisch und auf koreanisch, ein Mal im Monat auch auf polnisch. In Buchara wird bald die neue Kirche eingeweiht, in Urgentsch bereitet man ein Konzert vor, die Sonntagsschule braucht neue Bücher ... Erzbischof Eshi Mazulewitsch hat viel zu tun:
"Ich glaube, wir suchen hier noch nach unserem Platz. Hier ist nicht Europa und nicht einmal Afrika, wo es viele Gläubige und zu wenige Priester gibt. Wir beginnen hier oft mit einem Menschen, mit einer Familie. Und unsere Aufgabe ist, weiter zu machen. Jetzt säen wir nur. Ich glaube aber, es wird die Zeit kommen, in der wir die Früchte ernten werden."
Das Kircheninnere ist angenehm kühl. In den Seitenschiffen - moderne Plastiken. Das gleißende Sonnenlicht fällt durch die Fenster und lässt die bunte Glasmalerei hell leuchten.
Die neue Orgel überwältigt mit ihrem mächtigen Klang, der in dieser Region sehr ungewohnt ist. Die Orgelkonzerte in der Kathedrale sind beim Taschkenter Publikum sehr beliebt, erzählt Erzbischof Ezhi Mazulewitsch.
"In Taschkent ist unsere Kathedrale als Konzertort bekannt. Es ist uns bewusst, dass wir hier für immer eine Minderheit bleiben werden, und es ist wichtig, dass die Muslime vor uns keine Angst haben, uns nicht für eine Sekte halten - so organisieren wir Orgelkonzerte, Chorkonzerte mit geistiger Musik von Bach, Händel und Mozart, die in der Stadt sehr beliebt sind."
Erzbischof Ezhi Mazulewitsch stammt aus Polen und gehört dem Orden der Schwarzen Franziskaner an. Insgesamt sind es 9 Brüder, die fünf Gemeinden im überwiegend muslimischen Usbekistan betreuen. Eine feindliche Stimmung hat Mazulewitsch jedoch noch nie erlebt:
"Ich fahre oft mit dem Zug von Taschkent nach Samarkand, im Zugabteil treffe ich oft auf Muslime. Sie sind sehr interessiert daran, wie wir beten, woran wir glauben. Usbekistan war immer ein Schmelztiegel der Kulturen, auch heute noch leben hier etwa 80 Nationalitäten. Und - vor 100 Jahren lebten hier in Turkestan etwa 11.000 Katholiken!"
Das Generalgouvernement Turkestan entstand in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts. So wurde das usbekische Territorium zur südlichsten Randprovinz des russischen Imperiums. Mit der russischen Armee kamen auch die ersten Christen ins Land - zum größten Teil Russisch-Orthodoxe, aber auch Lutheraner und Katholiken.
Zu Beginn des XX. Jahrhunderts zählte man allein in Taschkent etwa 9.000 Polen. 1910 begannen sie ihre eigene Kathedrale zu bauen – die jedoch nicht vollendet wurde. Mit der Oktoberrevolution der Bolschewiken 1917 kam das Verbot jeglicher Religionsausübung. Aus Turkestan wurde die sowjetische Republik Usbekistan, aus der halbfertigen Kathedrale - eine Lagerhalle. Der katholische Glaube wurde jedoch in den Familien heimlich weiter praktiziert, erinnert sich das polnische Gemeindemitglied Ewgenij Gus.
" Meine Oma hat meiner Mutter den Glauben sozusagen selber beigebracht. Ich sah oft, wie sie zusammen beteten. Aber an uns, ihre Enkelkinder, hat sie es nicht weitergegeben. Schließlich kam ja die Großmutter durch diese ganze sowjetische Zeit und hatte Angst, dass wir, damals noch kleine Kinder, uns in der Schule verplappern könnten, dass wir an Gott glauben oder sonst was. Dennoch haben wir diese Glaubenstradition irgendwie unbewusst in uns beibehalten, und als 1991 hier die katholische Gemeinde gegründet wurde, gehörten meine Mutter und mein Bruder dort zu den ersten Mitgliedern. 1993 kam auch ich zur Kirche."
Mit Perestroika und Glasnost begann für die Kirche in der UdSSR ein neues Zeitalter. 1987 wurde in Usbekistan die erste katholische Gemeinde in der Stadt Ferghana gegründet. Danach entstanden Gemeinden in Taschkent, Samarkand, Buchara und Urgentsch. Die neuen Gemeindemitglieder wissen jedoch erstaunlich wenig über die Religion, erzählt Erzbischof Jezhi Mazulewitsch:
"Bei uns gibt es keine christliche Kultur wie im Abendland, wo jeder etwas über das Christentum weiß. Hier ist der Islam die wichtigste Religion. Dazu kommen 70 Jahre des totalen Atheismus in der Sowjetunion. Unsere Leute haben vielleicht gehört, dass es Weihnachten gibt, dass man Ostern feiert. Jedoch wie man es macht - das wissen sie nicht. Viele fragen zum Beispiel, warum ich als Priester schwarz trage und was dieses Plastikstück an meinem Hals bedeutet ..."
So muss jeder, der der katholischen Gemeinde beitreten möchte, einen anderthalbjährigen Religionsunterricht absolvieren. Jährlich werden in Usbekistan etwa 20 neue Mitglieder getauft. Doch weil viele Polen und Russlanddeutsche auswandern, wächst die Gemeinde kaum. Aber sie schrumpft auch nicht:
"Es gibt hier viele russischsprachige Menschen, bei denen der Großvater zum Beispiel Tatare ist, die Großmutter Ukrainerin, die Mutter hat sich Russin in den Pass einschreiben lassen, der Vater ist Usbeke. Ein echter Nationalitäten- Mix! Zu sowjetischen Zeiten gehörte solche Menschen keiner Religion an, jetzt suchen sie in ihrer Seele nach dem Glauben - und kommen dann zu uns."
Im Keller der Taschkenter Kathedrale wird Gitarre und Schlagzeug geübt- einer der Franziskaner-Brüder gibt hier Musikunterricht. Der 16-jährige Samwel Petrosjans kommt hierher, um Gitarre spielen zu lernen. Aber auch an dem katholischen Gottesdienst hat der junge Armenier schon teilgenommen:
Suren Sarkisjan: "”Mir gefällt es hier sehr gut, der Erzbischof ist freundlich zu uns, auch die anderen Priester. Es macht Spaß, mit ihnen zu sprechen. Auch die Jugendlichen, die hierher kommen, sind anders als sonst in der Stadt. Ich habe zwar Freunde auch außerhalb der Kirche, aber hier sind die Menschen einfach netter.""
Auf diese Jugendarbeit baut Erzbischof Mazulewitsch. Und auf Kontakt mit der usbekischen Gesellschaft. Es sei sehr wichtig, dass die Mehrheit der Usbeken die Präsenz der katholischen Kirche überhaupt erst einmal wahrnähme. Der Erzbischof sucht vor allem die Kontakte zu islamischen Geistlichen.
Die islamische Hochschule in Taschkent schickt zu ihm oft ihre Studenten, um an Ort und Stelle etwas über den Katholizismus zu erfahren. Auch Schüler kommen in die Taschkenter Kathedrale in Rahmen des Religionsunterrichts. Also gute nachbarschaftliche Verhältnisse? Ja, sagt der Erzbischof – solange keine Muslime zum katholischen Glauben übertreten:
"Es gibt hier ein Gesetz, das die Missionierung verbietet. Die Verfassung garantiert zwar Religionsfreiheit, von der islamischen Geistlichkeit wird jedoch freundlich aber bestimmt betont: Es sei unerwünscht, dass Usbeken Katholiken werden.
Sie sollen ihre islamische Kultur und ihre Tradition bewahren. Hier wird der Glaube anhand der Nation bestimmt. Ein Pole ist immer ein Katholik, eine Russe russisch-orthodox, ein Deutsche ist entweder evangelisch- lutherisch oder katholisch. Und ein Usbeke ist immer muslimisch."
600 katholische Gemeindemitglieder gibt es in ganz Usbekistan, etwa die Hälfte davon lebt in Taschkent. Viele Nationen - Mitglieder der Botschaften, ausländische Unternehmer, südkoreanische Mitarbeiter der Automobilfabrik Daewoo, die in Usbekistan produziert, Russen, Polen ...
Jeden Sonntag gibt es drei Gottesdienste - auf russisch, auf englisch und auf koreanisch, ein Mal im Monat auch auf polnisch. In Buchara wird bald die neue Kirche eingeweiht, in Urgentsch bereitet man ein Konzert vor, die Sonntagsschule braucht neue Bücher ... Erzbischof Eshi Mazulewitsch hat viel zu tun:
"Ich glaube, wir suchen hier noch nach unserem Platz. Hier ist nicht Europa und nicht einmal Afrika, wo es viele Gläubige und zu wenige Priester gibt. Wir beginnen hier oft mit einem Menschen, mit einer Familie. Und unsere Aufgabe ist, weiter zu machen. Jetzt säen wir nur. Ich glaube aber, es wird die Zeit kommen, in der wir die Früchte ernten werden."