Katholische Kirche

Der Kampf um ein Ende des Zölibats

Von Anke Petermann |
Als lebensfern bewerten die meisten deutschen Katholiken laut einer Vatikan-Umfrage die Sexualmoral der eigenen Kirche. Eine angstfreie Diskussion um eine mögliche Lockerung des Zölibats ist aber weiterhin schwierig. Die Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen schaut deshalb mit gedämpften Erwartungen auf die heute beginnende Bischofskonferenz in Münster.
Edith Wolf strahlt. "Son of a preacherman" - den Song hat sie sich gewünscht. Die Band, die zum 30-jährigen Jubiläum der "Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen" spielt - das sind ihre beiden erwachsenen Töchter, ihr Sohn und ihr Schwiegersohn. Edith Wolf ist stolz auf ihre lebendige musikalische Familie. Heimliche Geliebte eines Priesters zu bleiben, wäre für sie nicht infrage gekommen. Also musste ihr Mann den Beruf aufgeben, obwohl die Priesterweihe ein lebenslanges Sakrament ist.
"Also, mein Mann hat sich damals laisieren lassen müssen, also einen Antrag nach Rom stellen, und in unserer Zeit war innerhalb von vier Wochen die Laisierung da."
Heute dauert es zuweilen Jahre, bis suspendierte, heiratswillige Priester von der Pflicht zur Ehelosigkeit entbunden werden. Viele warten nicht darauf und wenden sich ganz von der Kirche ab. Bei Edith Wolf lief das nach der sogenannten Laisierung anders.
"Dann stand für uns die Möglichkeit offen, dass wir auch kirchlich heiraten konnten, was wir gern wollten. Manchmal haftete uns das Bild an, dass wir Abtrünnige sind – bis zu einem gewissen Grad vielleicht, aber es ist nicht so, dass wir unser Christsein aufgeben, auch nicht aufgeben wollen."
Mehr als 30 Jahre bis zur Pensionierung hat ihr Mann als Religionslehrer gearbeitet. Damit verlor die Gemeinde ihren beliebten Priester.
"Ja, die Frau ist sowieso dann die Schuldige."
Als "Verführerin" sozusagen. Und als Schuldige wurden sie und ihre Familie damals gemobbt, erinnert sich Edith Wolf. Heute kämpft sie als Mitglied der Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen weiter darum, dass ihre Kirche vom "900 Jahre langen Irrweg des Zölibats" abgeht. So jedenfalls formuliert es Claus Schiffgen als Vorsitzender der Vereinigung.
Zölibat als Verpflichtung abschaffen
"Wir wollen das Zölibat als Gesetz, als verpflichtende Voraussetzung dafür, sich zum Priester weihen lassen zu können - das wollen wir abschaffen, wir wollen aber nicht die Ehelosigkeit als Lebensform abschaffen. Die Ehelosigkeit als Lebensform ist etwas Wertvolles, so weit sie freiwillig gewählt wird."
Das wird sie aber von den meisten Priestern nicht. Claus Schiffgen hat dazu vor Jahren eine größere Gruppe befragt.
"Und damals haben über 80 Prozent gesagt, wir haben den Zölibat in Kauf genommen. Wir wollten Priester werden, aber nicht unbedingt zölibatär leben. Wir haben uns gedacht, gut - wenn das zum Priestertum dazu gehört, machen wir das. Irgendwie schaffen wir das schon. Und bei manchen stellt sich dann eben raus, dass sie's nicht schaffen."
Der scheidende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz lehnt es ab, das Zölibat zu lockern. Stattdessen müsse die Kirche den Gläubigen den theologischen Wert der Ehelosigkeit besser erklären, meint Erzbischof Zollitsch. Unter seinen Nachfolgekandidaten fordert zumindest der jüngste eine angstfreie Debatte darüber. Er wisse, dass manchen Priestern mit der verordneten Ehelosigkeit nicht gut gehe, hielt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck unlängst in einem Interview fest.
Rochus Wolf, Religionslehrer, Musiker und Sohn eines Priesters, zweifelt, ob der Reformwille des neuen Papstes sich auf das Zölibat erstreckt. Aber:
"Ich weiß, dass mein Vater mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gehofft hat, dass Bewegung in die Kirche kommt, und er wartet bis heute darauf, dass sich eine Änderung ergibt. Ich hoffe, sein Wunsch wird noch erfüllt."
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