Katja Eichinger über "Liebe und andere Neurosen"

Ein magisches und kompliziertes Gefühl

11:41 Minuten
Porträtfoto der Journalistin und Autorin Katja Eichinger. Sie trägt eine weiße Bluse und steht vor einem hellblauen Vorhang.
Während des Coronalockdowns nahm Katja Eichinger sich die Zeit, intensiv über die Liebe nachzudenken. © Christian Werner
Moderation: Andrea Gerk |
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Die Lockdowns seien für sie wie ein Vergrößerungsglas auf menschliche Beziehungen gewesen, sagt die Autorin Katja Eichinger. Auch um selbst besser mit diesem Ausnahmezustand zurecht zu kommen, schrieb sie einen Essayband über die Liebe.
Es gibt eine rosa Kiste, deren Inhalt Katja Eichinger sehr viel über das Leben ihrer Familie erzählt. Sie gehörte einst ihrer Großmutter, Eichingers Eltern gaben die Kiste später an die Tochter weiter. 
Verschiedene persönliche Gegenstände, Briefe und sonstige Dokumente fand die Journalistin und Autorin darin beim Stöbern. Sie legen Zeugnis ab von einigen teils sehr harten Familiengeschichten und brachten Eichinger dazu, über Gefühle, über die Liebe neu nachzudenken.

Die Pandemie als Vergrößerungsglas

All das passierte während des ersten Coronalockdowns – „in einer Zeit, in der soziale Kontakte staatlich reguliert waren“. Für Eichinger war diese Zeit auch „wie ein Vergrößerungsglas auf menschliche Beziehungen“.
Eine gute Freundin habe ihr am Telefon von Mordfantasien gegenüber ihrem Mann erzählt. Eine absurde und zugleich komische Situation – sie hätten beide darüber lachen müssen.  Die Lockdowns, sagt Eichinger, seien für viele Paare nicht einfach gewesen.

Wie der Blick auf einen fremden Planeten

Das seien einige der Ausgangspunkte für ihren Essayband „Liebe und andere Neurosen" gewesen. „Es war ein bisschen so, als ob ich auf einer einsamen Sternwarte sitze und einen fremden Planeten beobachte. Aber es war auch sehr schön, darüber nachzudenken und auch mit meinen Freunden viel darüber zu reden“, sagt Eichinger rückblickend.

Katja Eichinger: "Liebe und andere Neurosen"
Blumenbar, 2022
336 Seiten, 22 Euro

Und so kreisen die zehn Essays im Buch um das fortwährende Wechselspiel zwischen Verlangen und Verunsicherung und Fragen wie: Wen begehren wir? Und was erzählt unser Begehren über uns? Wie hängen Lust, Leidenschaft und Liebe zusammen?

Die unglücklich liebende Urgroßmutter

Eichinger erzählt darin Familiengeschichten wie die ihrer Urgroßmutter, die ihr Leben lang unter dem Apfelbaum stand und von dem armen Handwerker träumte, den sie nicht heiraten durfte. Und sie erzählt von eigenen, manchmal magischen Begegnungen, in denen sich ihr das Wesen der Liebe offenbarte. 
Ihr Vorgängerbuch trägt den Titel „Mode und andere Neurosen“. Haben psychische Störungen es ihr angetan? „Eine Neurose ist für mich vor allem die anhaltende Unfähigkeit, eine Entscheidung zu treffen", erläutert Eichinger. Und das gelte oft auch in der Liebe und in Beziehungen.

Hochkomplexe Grauzone

Auch wenn sich viele Menschen immer wieder selbst vormachten, dass die Liebe einfach sei – sie sei es keineswegs. „Die Liebe ist eine ewige Grauzone. Und wir werden ständig mit scheinbar unvereinbaren Gegensätzen konfrontiert, sei es nun Intimität und Distanz oder Spiegelung und Gegensatz.“ Es sei ein „hochkomplexes und kompliziertes Gefühl“.
(mkn)

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