"Wir treten in keine radikal neue Konsumwelt ein"
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Online einkaufen oder Filme streamen: Die Pandemie habe bereits vorherrschende Trends verstärkt, sagt der Historiker Frank Trentmann. Der Konsum werde sich auch künftig weiter aus den Innenstädten verlagern. Darin könnte auch eine Chance liegen.
Endlich wieder Geld ausgeben für Kino, Cafés, Reisen: Das wird gerade langsam wieder möglich. Doch ist zu erwarten, dass sich unser Konsumverhalten nach der Pandemie nachhaltig ändert? Der Historiker Frank Trentmann glaubt das eher nicht. Schon in vergangenen Krisen hätten die Menschen zwar den Gürtel enger schnallen müssen, aber ihr Konsumverhalten nicht "über den Haufen geworfen", sagt er:
"Das sehen wir auch in der jetzigen Krise, dass wir nicht davon ausgehen sollten, dass wir in eine radikal neue Konsumwelt treten. Sondern fast alles, was wir beobachten können, sind verstärkte Trends, die es schon vor der Pandemie gab."
Dazu zählt Trentmann, der am Birkbeck College der Universität London lehrt, zum Beispiel die Digitalisierung des Einkaufs oder die Verlegung von Unterhaltung ins eigene Heim. Ein Teil der arbeitenden Bevölkerung werde auch weiterhin zu Hause arbeiten. Deshalb werde Konsum weniger in Innenstädten stattfinden:
"Das ist nicht unbedingt etwas Negatives. Wir sollten uns viel kreativer mit der jetzigen Krise beschäftigen. Es gibt die Möglichkeit, den Konsum zu verlagern: in die Gemeinden, in die Kleinstädte. Das sind natürlich auch immer Chancen für diese eher Wüsten des Konsums."
Globalisierung im Rückwärtsgang
Sparsamer, regionaler und nachhaltiger zu konsumieren, sollte das Ziel sein, fügt Trentmann hinzu. Das müsse aber von der Regierung, von Städten und Gemeinden unterstützt werden: "Mobilitätsmuster verwandeln sich nicht einfach, weil das einzelne Verbraucher wollen, sondern das sind Alltagsgewohnheiten, die über viele Generationen entstanden sind."
Für die nächsten Jahre erwartet der Historiker gleichwohl weniger Konsum. "Die Globalisierung ist im Rückwärtsgang seit mehreren Jahren, und der Staat wächst." Steigende Steuern würden "unausweichlich" zu weniger Konsum führen.
(bth)